Duisburg. Eltern in Duisburg sorgen sich, weil ihre bald eingeschulten Kinder keinen Platz im Offenen Ganztag haben. An einer Grundschule warten 33 Kinder.

Allein an der Astrid-Lindgren-Grundschule in Duisburg standen in der vergangenen Woche noch 33 Kinder auf der Warteliste für den Offenen Ganztag. Und damit 33 Familien, deren Berufstätigkeit und damit wirtschaftliche Existenz gefährdet ist, wenn ihr Kind nicht betreut werden kann.

Der Engpass ist lange prognostiziert: Im kommenden Schuljahr werden 5360 Kinder eingeschult, 200 mehr als im Vorjahr. Enger wird es überall. Stadtsprecherin Gabi Priem betont, man arbeite „mit Hochdruck“ daran, möglichst vielen Kindern eine Betreuung zu ermöglichen. Aktuell laufe die Verteilung noch, in der kommenden Woche werde es stadtweit mehr Klarheit geben.

Grundschule in Duisburg leidet unter akuter Raumnot

Auch in Duissern. Schulleiterin Astrid Niermann sagt, dass sich die Lage sehr zugespitzt habe, „wir arbeiten schon lange unter akuter Raumnot“. Bauarbeiten auf dem Schulgelände signalisieren zumindest hier ein Ende der Notlage: Im kommenden Jahr könne der Erweiterungsbau eröffnet werden. Mit ihm werde die Schule vierzügig, außerdem gebe es dann endlich Platz für eine Aula und die Nachmittags-Betreuung, statt des Lehrerzimmers werde ein Teamzimmer für alle Mitarbeitenden der Schule eingerichtet. Schon jetzt gehe Personal aus der Frühbetreuung mit in den Unterricht, perspektivisch ergebe sich mit dem offenen Ganztag immer mehr gemeinsames Handeln, beschreibt Niermann.

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Bei der Berechnung der freiwerdenden Plätze in der Betreuung könne sie zunächst nur von den die Schule verlassenden Viertklässlern ausgehen. Vergeben werde nach Priorität, nach „möglichst objektiven Kriterien, die Eltern sollen alles angeben“, betont Niermann, Berufstätigkeit und Familiensituation etwa. Was wohl nicht alle tun. Erst nach den Reaktionen auf die Absagen stellte sich heraus, dass es auch Alleinerziehende getroffen hatte. Für solche Härtefälle versucht die Schulleiterin nun, Platz zu schaffen. „Ich kann die Sorge der Eltern verstehen“, sagt Niermann. Sie selbst wäre auch nervös, es hänge viel dran an der Kinderbetreuung.

Eltern klagen, dass man „sehenden Auges in die Katastrophe gerannt ist“

Das bestätigen Eltern, die lieber anonym bleiben möchten. Eine Mutter sagt: „Wenn Frauen ihren Job aufgeben müssen, um der Schulpflicht des Kindes nachzukommen, dann läuft etwas gewaltig schief.“ Sie findet, dass man hier „sehenden Auges in die Katastrophe, die dies für uns darstellt, gerannt ist“. Ihr sei schleierhaft, wie die Stadt den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ab 2026 umsetzen will. Wie berichtet, gilt ab 2026 für Erstklässer dieser Anspruch, 2029 dann für alle Grundschüler. Das ist räumlich und personell eine Herausforderung.

„Gleichberechtigung, Emanzipation, den Kindern vorleben, dass man arbeiten und sich um die Familie kümmern kann, all das funktioniert in Duisburg nur punktuell“, bedauert eine Mutter. Sie und andere berufstätige Eltern „fürchten um ihre Jobs“. Für die Stadt selbst sei das auch schädlich, weil ihr Steuereinnahmen entgehen, glaubt sie.

Die Kinder der Grundschule an der Bergstraße in Duisburg müssen aufgrund der räumlichen Enge in Schichten Mittagessen. Platzprobleme aufgrund der starken Nachfrage gibt es an vielen Grundschulen. (Archivbild)
Die Kinder der Grundschule an der Bergstraße in Duisburg müssen aufgrund der räumlichen Enge in Schichten Mittagessen. Platzprobleme aufgrund der starken Nachfrage gibt es an vielen Grundschulen. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Schulleiterin Niermann kennt diese Sorgen. „Wir telefonieren den Familien hinterher, fragen, bei wem eine Betreuung bis 13.15 Uhr reichen würde“, beschreibt die Schulleiterin den Aufwand, dadurch könnte Platz für andere entstehen. Zwei Kinder konnte sie so unterbringen. Fünf müssten es mindestens noch sein. Platz hat sie aktuell für 63 Prozent der Kinder, für 72 Prozent wird jedoch eine Betreuung gewünscht. Stand jetzt werden über 20 Kinder leer ausgehen.

Träger sucht nach verlässlichen Lösungen für Eltern und Kinder

Désirée Eichhorn vom Träger des Offenen Ganztags an der Astrid-Lindgren-Grundschule betont, dass „alle Beteiligten nach Kräften bemüht sind, verlässliche Lösungen für Eltern und Kinder zu finden innerhalb der bestehenden räumlichen Gestaltungsmöglichkeiten“. Die Verwaltungsleiterin des Vereins Rapunzel Kinderhaus e.V. bezeichnet die räumlichen Möglichkeiten allerdings auch als „absolut erschöpft“.

Das bestätigt auch Niermann. Die Schule platzt aus allen Nähten. „Sie ist eigentlich zweizügig, läuft aber dreizügig durch ergänzende Container und „Doppelnutzung in allen Räumen“, demnächst mit Neubau dann vierzügig. Was dann bleiben wird, sind angesichts der hohen Schülerzahlen die maximal ausgereizten Klassengrößen, sagt die Schulleiterin: 28 Kinder im gemeinsamen Lernen.

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>>RECHTSANSPRUCH AUF GANZTAGSBETREUUNG

  • Ab 2026 gilt für Erstklässler ein Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung.
  • 2029 gilt das dann für alle Grundschüler. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass 80 Prozent der Eltern das Angebot nutzen werden.
  • Für Duisburg bedeutet das eine Verdopplung der derzeitigen Plätze auf über 16.000.