Duisburg. Die Zeit ist knapp: Ab 2029 haben alle Grundschulkinder Anspruch auf Ganztagsbetreuung. In Duisburg soll eine neue Erzieher-Ausbildung helfen.

Der Bedarf könnte größer nicht sein: Ab August 2026 gilt für alle Kinder in Klasse 1 ein Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung, bis 2029 soll jedes Grundschulkind den Anspruch hat.

Für Duisburg bedeutet das fast eine Verdopplung auf 16.000 Plätze in sechs Jahren, sagt Bildungsdezernentin Astrid Neese, die dabei mit 80 Prozent aller Grundschulkinder kalkuliert, weil das Angebot zwar bestehen, aber nicht von allen Familien angenommen werden muss. Der Ausbau wird alle Gemeinden herausfordern, noch sei vom Land aber kein verlässlicher Finanzrahmen für die Infrastrukturmaßnahmen angesagt worden, bedauert Neese.

Neue praxisintegrierte Ausbildung: Erzieherinnen für den Offenen Ganztag

Da deutlich mehr Personal gebraucht wird, beginnt ab dem kommenden Schuljahr 2023/24 der neue dreijährige Bildungsgang „Staatlich geprüfte Erzieherin oder Erzieher“ als praxisintegrierte Ausbildung am Sophie-Scholl-Berufskolleg in Hamborn, parallel zur praxisintegrierten Ausbildung (PIA) für staatlich geprüfte Kinderpfleger.

In den Kindergärten sind PIA-Kräfte schon seit vier Jahren etabliert. Die „praxisintegrierte Erzieherausbildung“ wird jetzt auch auf den Offenen Ganztag (OGS) ausgeweitet. Der Vorteil ist, dass die Studierenden von Anfang an bei einem Träger beschäftigt sind und ein Ausbildungsgehalt bekommen. Sie haben vormittags Unterricht und sind ab mittags in den Schulen, um in der OGS den praktischen Teil zu lernen.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Sophie-Scholl-Berufskolleg: Für mehr Klassen fehlen Lehrkräfte

Für den ersten Jahrgang gibt es bereits 17 Anmeldungen, 16 weitere sind in Arbeit, darunter auch „über 40-Jährige, die beruflich einen Neustart wollen“, sagt Fachbereichskoordinatorin Katja Breiten. Perspektivisch könnten weitere Klassen eingerichtet werden, dafür brauche es neben mehr Lehrkräften aber auch einen Ausbau der Schule, sagt Schulleiter Detlef Zeich.

Mit neuen PIA’s allein kann der OGS-Ausbau nicht gestemmt werden. Sie können aber in den Gruppen die Verantwortung übernehmen. Und wie jetzt auch schon können Sportstudierende oder Rentner als Honorarkräfte ergänzende Angebote machen, sagt Breiten: „Kinder sind Schutzbefohlene, da kann man sich schlecht ausgebildete Mitarbeiter nicht leisten.“ Um dem Rechtsanspruch zu genügen, müsse das Land aber auch Ausbau-Offensiven starten und andere Qualifizierungen zulassen, damit etwa auch Kinderpflegerinnen Standorte leiten können. So oder so: „2029 wird sportlich“, sagt Zeich.

Bildungsgang-Leiter Sebastian Lichtner betont, dass die Ausbildung nicht nur für den Einsatz an Grundschulen vorbereitet. Es werde an alle beruflichen Handlungssituationen gedacht. Die Absolventinnen und Absolventen könnten später auch in der Heimerziehung, in Tagesgruppen oder Praxiseinrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit tätig sein.

In sechs Jahren werden alle Grundschulkinder einen Anspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag haben. Unser Archivbild zeigt Kinder der Grundschule an der Bergstraße in Duisburg auf dem Weg in die OGS.
In sechs Jahren werden alle Grundschulkinder einen Anspruch auf einen Platz im Offenen Ganztag haben. Unser Archivbild zeigt Kinder der Grundschule an der Bergstraße in Duisburg auf dem Weg in die OGS. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Stadtverwaltung hat einen Qualitätszirkel installiert, der die Erweiterung des Offenen Ganztags begleiten soll. Der Fokus liegt auf der inhaltlichen Ausgestaltung, wobei schon jetzt klar ist, dass es nicht um ein Betreuungsangebot geht, sondern um ein ganztägiges Bildungsangebot. Parallel soll auch die Primarstufe insgesamt weiterentwickelt werden. Die Aufteilung in morgendliches Lernen und nachmittägliches Spiel werde sich auflösen, glaubt Schulleiter Zeich.

Denn ein Problem dieser Ganztags-PIA’s ist, dass sie nach ihrer Ausbildung Stand jetzt nur halbtags im Nachmittagsbereich eingesetzt werden könnten. Da das für viele weder finanziell auskömmlich noch zeitlich attraktiv ist, gibt es verschiedene Denkmodelle, wie man die Fachkräfte auch im Vormittagsbereich an den Schulen einsetzen kann. Angesichts des Lehrermangels ist der Unterstützungsbedarf groß und wird zum Teil durch Multiprofessionelle Teams und Alltagshelfer abgefedert. In Familien-Grundschulzentren ist zudem schon jetzt ein ganztägiger Einsatz möglich.

Schulleiter Zeich sieht künftig viele Möglichkeiten, „die Trägerlandschaft ist kreativ“. Und Bildungsdezernentin Astrid Neese ruft Arbeitssuchende auf, sich das Angebot anzuschauen, „es ist ähnlich wie die Pflege ein absolutes Zukunftsfeld“.

>>OFFENER GANZTAG