Duisburg. Warum hat Erdoğan hierzulande und im Ruhrgebiet so viele Fans? Eine Umfrage bei der Siegesfeier nach der Türkei-Wahl in Duisburg-Hamborn.
Warum verehren in Duisburg so viele Türkinnen und Türken Recep Tayyip Erdoğan? Trotz Wirtschaftskrise, Erdbeben-Wut und Demokratie-Abbau? Antworten darauf sind im Trubel der Hamborner Siegesfeier nach der Stichwahl nicht leicht zu bekommen. Die meisten winken ab, die Skepsis ist groß. „Die westliche Presse schreibt nicht die Wahrheit“, sagt ein Mann Mitte 40. Ein anderer antwortet trotzig: „Ich habe Erdoğan gewählt, weil die ganze Welt gegen ihn ist, sogar Deutschland.“
Narten Keles ist „glücklich“ und gesprächsbereit. Die 49-Jährige aus Hamborn schwärmt: „Für uns ist Erdoğan der mächtigste Präsident der Welt. Andere Länder haben Angst vor ihm, weil er so stark ist.“ Die Türkei werde unter ihm und der islamisch-konservativen AKP „immer mächtiger“, glaubt sie.
Duisburger Türkinnen und Türken loben Erdoğans Einsatz für Islam und fürs Kopftuch
Auf den wirtschaftlichen Fortschritt in der Türkei unter Erdoğan seit 2003 verweisen zwei gebürtige Hambornerinnen, 41 und 47 Jahre alt. Und die Jüngere glaubt: „Viele wählen Erdoğan vor allem, weil er gegen Terroristen vorgeht – gegen die PKK.“ Die Ältere lobt seinen Einsatz für den Islam.
Eine andere Frau betont ebenfalls religiöse Aspekte: „Erdoğan macht keinen Unterschied zwischen Frauen mit oder ohne Kopftuch“, lobt sie. Und kritisiert: „Die anderen wollen uns das Kopftuch doch wieder verbieten.“ Der Präsident mache „alles richtig. Er ist der Beste, den wir je hatten.“
Ein 18 Jahre alter Erstwähler am Rande der Jubelfeier beschreibt sich als „nicht ganz so fanatisch“. Aber als gläubiger Muslim finde er es gut, wie Erdoğan den Bau von Moscheen gefördert hat, auch hier in Deutschland. Es sei unfair, ihm nach dem jahrelangen Aufschwung nun die Wirtschaftskrise vorzuwerfen. Er – „meine Mutter ist Türkin, mein Vater Kurde“ – habe kurdische Freunde, die Erdoğan nicht gewählt haben. „Aber unter Freunden diskutiert man nur bis zu einem gewissen Punkt, sonst ist man nicht mehr befreundet.“
Für Kadir Karabulut aus Walsum ist Erdogan „ein Präsident für uns alle – auch für Kurden und Aleviten“. Der 40-Jährige schwärmt außerdem, Erdogan baue nach dem Erdbeben „alles wieder schnell auf. Aber darüber berichten die Medien hier ja nicht.“
Die regierungsnahe türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete am Sonntagabend, bei der Stichwahl hätten 67 Prozent der in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken Erdoğan gewählt.
Bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 14. Mai waren es 65,49 Prozent, im Generalkonsulatsbezirk Düsseldorf 71,6 Prozent. Hier durften auch die 40.875 Duisburger Stimmberechtigten mit türkischem Pass wählen.
Deutschlandweit war Erdoğan nur in den Stimmbezirken Kassel (71,3 Prozent) und Essen (77,6 Prozent) noch erfolgreicher.
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