Duisburg. Autokorsos und Sprechchöre, Feuerwerk und Freudenzug: Bis zu 5000 Erdogan-Anhänger haben nach der Türkei-Wahl in Duisburg-Hamborn gefeiert.
- 4000 bis 5000 türkeistämmige Duisburger feiern Erdogan-Sieg in Hamborn
- Stundenlange Autokorsos, Hupkonzerte und Gesänge auf Duisburger Straße
- Polizei sperrt L1 bis Mitternacht – Freudenzug von Hamborn nach Marxloh und zurück
- Keine Ausschreitungen, aber Anzeigen wegen Böllern und Bengalos
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- Türkische Siegesfeier in Duisburg: Die Bilanz der Polizei
Im Duisburger Norden hat Recep Tayyip Erdogan besonders viele treue und fanatische Anhänger. Hier hat eine große Menschenmenge den Wahlerfolg ihres Präsidenten bei der Stichwahl in der Türkei euphorisch auf den Straßen gefeiert: mit einem Hupkonzert bis in die Nacht und kilometerlangen Autokorsos, mit türkischen Nationalflaggen und Sprechchören. Die Polizei schätzt, dass sich der friedlich verlaufenen Wahlparty in Hamborn 4000 bis 5000 Menschen anschlossen.
Ihr vorläufiges Fazit: Eingreifen mussten Polizistinnen und Polizisten vor allem wegen der Verkehrsbehinderungen durch Autokorsos und weil immer wieder bengalische Fackeln und Rauchtöpfe gezündet wurden.
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Der Vorplatz des Hamborner Amtsgerichtes und die Duisburger Straße (L1) zwischen Hamborn und Marxloh waren wie am 14. Mai das Zentrum der rot-weißen Siegesfeier. Zu dieser strömten „nochmals deutlich mehr Menschen als nach dem ersten Wahlgang“, sagte Polizeisprecher Stefan Hausch.
Duisburg-Hamborn nach Türkei-Wahl: Bis zu 5000 Erdogan-Fans auf Straßen – Polizei sperrt L1
Den Autokorsos im Norden schlossen sich Jubelnde aus ganz Duisburg und anderen Ruhrgebietsstädten an – als hätte die Türkei gerade die Fußball-WM gewonnen. Der Massenandrang führte zum Stillstand auf den Fahrbahnen und Straßenbahnschienen der L1.
Darum sperrten Polizei und Autobahnpolizei die Duisburger Straße zwischen Schreckerstraße und Kampstraße auf einem knappen Kilometer ab etwa 20 Uhr – auch weil es direkt am Fahrbahnrand eng wurde. „Wir wollen auf Nummer sichergehen“, erklärte Polizeisprecher Hausch.
Erdogan-Sprechchöre und Wolfsgrüße
Das Dauerhupen auf der Duisburger Straße beginnt bereits um 17.40 Uhr. Kurz zuvor hatte die staatliche Nachrichtenagentur „Anadolu Ajansı“ gemeldet, Staatspräsident Erdogan liege deutlich vor seinem Herausforderer Kemal Kilicdaroglu.
Aus allen Ecken strömen von da an Menschen aller Altersklassen auf den Platz vor dem Gerichtsgebäude. Dort stimmen von einem Podest herab besonders eifrige Einheizer, darunter wohl auch AKP-Funktionäre, über ein Mikrofon immer wieder Gesänge und Sprechchöre an. Die beliebtesten: das melodiöse „Re-cep Tay-yip Er-do-gan“ und „Türkiye – Türkiye – Türkiye“ im Stakkato. Vereinzelt sind „Allah büyüktür“-Rufe zu hören (Allah ist groß).
Einen anderen Gesang übersetzt ein türkeistämmiger Feiernder für den Journalisten so: „Es geht darum, dass ihr euch nicht in unsere Angelegenheiten einmischen sollt.“
Einige der jüngeren Lautsprecher, die über der Menge Erdogan und auch sich selbst feiern, zeigen immer wieder den „Wolfsgruß“. Dieser ist auch die Grußform der „Grauen Wölfe“, der türkischen Rechtsextremisten. Man sieht ihn häufig an diesem Jubelabend.
„Ein wunderschöner Tag für die Türkei“
Vor dem Amtsgericht bildet sich schnell ein rot-weißes Fahnenmeer, immer wieder ist auch Erdogan in Übergröße auf Stoff zu sehen. Der Dauerton dazu: das Hupen Hunderter Autos, aus und an denen die türkischen Farben wehen und hängen. Aus den meisten Fahrzeugen schallt türkische Popmusik. Einige junge Frauen lehnen sich zu weit aus den Fenstern. Streifen- und Mannschaftswagen-Besatzungen appellieren über ihre Sprechanlagen.
Die Menschen umarmen sich und lachen, sie skandieren und staunen wohl selbst darüber, was hier in Hamborn los ist; sie halten das Spektakel stolz mit dem Smartphone fest.
„Es ist ein wunderschöner Tag für die Türkei – für alle Türken und Kurden, unsere Brüder“, sagt ein 44-Jähriger, der im Stadtteil lebt. Seinen Namen will er der deutschen Presse nicht verraten, wie die meisten hier und heute.
Friedliche Feier mit verbotener Pyrotechnik
Um etwa halb acht werden vor dem Amtsgericht erste bengalische Feuer gezündet. Polizisten greifen ein und entfernen die Pyrotechnik aus der Menschenmenge. Aus der heraus zünden kurz darauf Knallköpfe Höhenfeuerwerk.
Bis zum Abend aber sind der Polizei keine Verletzten bekannt. „Die Leute feiern friedlich, es gibt keine Ausschreitungen“, sagt Sprecher Hausch. Nur wegen der verbotenen Böller, Bengalos und Rauchtöpfe seien drei Ordnungswidrigkeiten- sowie zwölf Strafanzeigen gestellt worden.
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Um etwa 20.40 Uhr gibt es vor dem Amtsgericht kein Halten mehr. Da können auch die zwei, drei überraschten Polizisten nichts mehr aufhalten, die sich auf der gesperrten Fahrbahn postiert haben: Die Menge strömt auf die Duisburger Straße und zieht Richtung Marxloh los, über ihren Köpfen eine riesige Nationalflagge.
Im Gewühl verlieren zwei Kinder, neun und zehn Jahre alt, ihre Eltern. Nach etwa einer Stunde können Polizisten sie ihrer Mutter übergeben.
Der spontane Freudenzug kehrt später wieder um und ist um 22 Uhr zurück am Hamborner Gericht. „Die Leute wollen nicht nach Hause“, weiß auch Polizeisprecher Hausch. „Das wird eine lange Nacht.“
>> FEIERNDE AUCH IN RHEINHAUSEN UND INNENSTADT
- Die Polizei gab die L1 in Hamborn gegen Mitternacht wieder für Straßen- und Schienenverkehr frei.
- Auch in Rheinhausen, am Marktplatz, feierten Erdogan-Anhänger.
- In der Duisburger Innenstadt kam es ebenfalls zu Hupkonzerten und Autokorsos.
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