Duisburg. Die Kölner Rheinenergie hat Anteile an den Stadtwerken Duisburg übernommen. Die Versorger wollen voneinander lernen und miteinander investieren.
Die Stadtwerke Duisburg AG (SWDU) hat seit April einen neuen Gesellschafter: die Rheinenergie AG. Der Kölner Energieversorger hat den 20-Prozent-Anteil übernommen, der zuvor der Eon-Tochter Westenergie gehört hatte. Der Gesellschafterwechsel steht im größeren Zusammenhang der sogenannten Rheinlandkooperation (siehe Infobox unten). Die Städte Duisburg und Köln sowie ihre Tochtergesellschaften planen nach dem Aktientausch nicht nur eine verstärkte Kooperation in vier Geschäftsfeldern, sondern auch gemeinsame Investitionen in erneuerbare Energiequellen.
Der Abschluss der Anteilsübertragung war den Entscheidern aus Politik, Verwaltung und Unternehmen am Montag eine kleine Feierstunde wert. Zur Staffelübergabe hatte der Kölner Stadtkonzern nach Ruhrort auf das ehemalige Schubschiff Franz Haniel 14 eingeladen, das seiner Holding über die Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK) gehört. An Bord gingen auch Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Domstadt, ihr Amtskollege Sören Link und Katherina Reiche, Vorstandschefin der Westenergie.
Rheinlandkooperation: Rheinenergie übernimmt Anteile an Stadtwerken Duisburg
Sören Link sprach von einem „wichtigen Tag mit starkem Symbolcharakter“. Der Gesellschafterwechsel verdeutliche: „Nicht nur Westenergie und Rheinenergie wollen ihre Kräfte und Kompetenzen bündeln, sondern auch Duisburg ist mit dabei – als Teil des Rheinlandes. Davon profitieren die Menschen in beiden Städten und in der Region.“
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Henriette Reker betonte, in Energie- und Klimakrise sei „interkommunales Denken und Handeln gefragt, um erfolgreich zu sein“. Bürger und Betriebe erwarteten „Lösungen, wie sie ihre Energieversorgung künftig sicher, bezahlbar und klimaneutral sicherstellen können“. Die Rheinlandkooperation werde die Wirtschaftsstandorte Köln und Duisburg stärken. „Und mit OB Link habe ich weitere Kooperationen besprochen“, kündigte Reker an, ohne Näheres zu verraten.
Katherina Reiches Fazit zu den großen Herausforderungen der in Berlin und Brüssel verabschiedeten Klimaziele: „Am Ende muss die Energiewende vor Ort stattfinden, in den Kommunen.“
Ziel: 50 Megawatt durch erneuerbare Energien
Bei der Umsetzung machen die Duisburger nicht erst seit der Anteilsübertragung gemeinsame Sache mit ihrem neuen Minderheitsgesellschafter aus Köln. SWDU und Rheinenergie arbeiten seit Jahren entlang der Rheinschiene im Netzbereich zusammen und haben sich 2019 mit einer Groß-Investition die Mehrheitsbeteiligung an Windparks, Staustein (Rheinland-Pfalz), Koßdorf III (Brandenburg) und Fleetmark II (Sachsen-Anhalt) gesichert.
Dabei soll es nicht bleiben, bekräftigen die Vorstandsvorsitzenden Marcus Wittig (SWDU) und Andreas Feicht (Rheinenergie). Der Gesellschafterwechsel schaffe „eine weitere Basis, um die regionale Kooperation zu erweitern“, so Wittig. Eines der Ziele seien „50 Megawatt im Bereich der Erneuerbaren. Das kann Windenergie sein, aber auch Photovoltaik.“
Auch beim Ladesäulenausbau voneinander lernen
In „zwei bis drei Jahren“ sollen laut Feicht Genehmigungen für die Projekte vorliegen, höchstwahrscheinlich auf Flächen außerhalb von Köln und Duisburg, aber in Deutschland. 50 Megawatt – dafür bräuchte es etwa eine 50 Hektar große Photovoltaikanlage oder sieben, acht neue Riesen-Windräder. Ein solcher 240-Meter-Koloss schafft sieben Megawatt, liefert Strom für etwa 4800 Haushalte.
Die weiteren Kooperationsfelder „aus dem Geschäft heraus“ (Wittig) betreffen direkt Duisburger beziehungsweise Kölner Boden. Voneinander lernen will man insbesondere bei: Quartierslösungen für die Wärmeversorgung in dicht bebauten Stadtteilen, beim Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität (Duisburg will bis 2025 wie berichtet 500 zusätzliche Ladepunkte installieren) und im Bereich „Smart Metering“. Die Frage hierbei: Wie können Energieverbrauch und -zufuhr für private Haushalte und Unternehmen computergestützt ermittelt und gesteuert werden?
Duisburger Hoffnungsträger Tiefengeothermie
Strategie der Rheinenergie AG, die auch an den Stadtwerken in Bonn, Leverkusen und Düsseldorf beteiligt ist, sei der gezielte Erfahrungsaustausch mit anderen Versorgern in großstädtischen Ballungsräumen. „Wir wollen voneinander lernen, nichts vorgeben“, versichert Andreas Feicht.
Statt erzwungener Gleichmacherei werde es so in Köln und Duisburg aufgrund lokaler Unterschiede auch verschiedene Lösungen geben. Köln etwa setze auf Großwärmepumpen, Duisburg möglicherweise auf Tiefengeothermie. Marcus Wittig rechnet damit, dass etwa Ende 2023 Ergebnisse der Probebohrungen (wir berichteten) vorliegen: „Wir müssen auf der Grundlage sauberer Daten schauen, was in Duisburg möglich ist.“
Die Kooperationspartner nehmen also auch das langfristige Ziel der Energiewende in den Blick, etwa den Ausbau der Fernwärmenetze und die Umstellung der Kraftwerke von Gas auf Wasserstoff in den 2030er-Jahren. „Da können wir Wasserstoff gemeinsam einkaufen“, blickt Feicht schon voraus.
>> Kartellamt erlaubt „Rheinlandkooperation“ von Westenergie und Rheinenergie
- Der Gesellschafterwechsel bei den Stadtwerken ist Teil der zum 1. April gestarteten Rheinlandkooperation: Die Eon-Tochter Westenergie hat ihre SWDU-Anteile (20 Prozent) an Rheinenergie übertragen und im Gegenzug ihre Beteiligung an der Rheinenergie AG von 20 auf 24,2 Prozent erhöht.
- Darüber hinaus wollen beide Unternehmen mit ihren kommunalen Partnern und Mitgesellschaftern Stadtwerke-Beteiligungen im Rheinland in ihre gemeinsame Tochter einbringen – in die Rhenag Rheinische Energie AG. Auch bei der Rhenag ist es mit der Transaktion zu einer Verschiebung der Anteile gekommen: Rheinenergie ist mit 54,4 Prozent (bislang 33,33 Prozent) beteiligt, Westenergie mit 45,6 Prozent (bislang 66,67 Prozent).
- Im Herbst 2022 hatte das Bundeskartellamt die lange geplante Rheinlandkooperation grundsätzlich erlaubt, im Februar final grünes Licht gegeben. Eine Auflage war, dass Rheinenergie etwa 6000 Lieferverträge für Heizstrom in ihren Grundversorgungsgebieten an einen anderen Versorger verkauft.
- Die Westenergie AG ist aus der Zerschlagung von Innogy hervorgegangen. Westenergie übernahm das Geschäft mit den Verteilnetzen. Die größte Eon-Tochter gilt als größter regionaler Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter in Deutschland. Die Rheinenergie AG muss laut Satzung mehrheitlich in kommunalem Besitz bleiben. Die Rhenag ist ein regionaler Energieversorger und bundesweit agierender Stadtwerke-Kooperationspartner, ebenfalls mit Sitz in Köln.