Duisburg. Nach dem Ersten Weltkrieg mangelt es an allem. 1923 schließen sich Duisburger Künstler aus der Not zusammen. Die bewegte Geschichte des DKB.

Viele Bücher hat Günter Krusch gewälzt. Bis ins Archiv des Lehmbruck-Museums hat es ihn verschlagen, um weitere Details aufzuspüren. Die hundertjährige Geschichte des Duisburger Künstlerbundes (DKB) in einen zweistündigen Vortrag zu verpacken, dem hatte sich der Referent bei der Volkshochschule (VHS) verschrieben – und dazu musste er so manche angestaubte Akte studieren.

Der 75-Jährige ist selbst Kunstsammler, besitzt einige Exponate der Gattung „Junges Rheinland“ und Werke ebenjenes Duisburger Künstlerbundes. Außerdem hat er einige Ausstellungen von Duisburger Künstlern (Volkram Anton Scharf, Heinrich Seepolt) im Friemersheimer St. Laurentius-Museum als Kurator mitveranstaltet.

DKB: Gründungsmitglieder ziehen Duisburg Düsseldorf vor

Umso spannender erweist sich die Geschichte des DKB, in die der Kunstkenner seine Zuhörerschaft beim Vortrag in der VHS mitnimmt. „Wenn man bedenkt, dass das ‘Bauhaus’ oder die ‘Brücke’, zwei Kunstrichtungen, die etwa in der gleichen Zeit entstanden sind, schon längst nicht mehr existieren, dann ist der Duisburger Künstlerbund schon etwas Besonderes“, so schildert es Günter Krusch.

Sabine Haustein vom Museum St. Laurentius mit einem Selbstporträt von DKB-Gründungsmitglied Volkram Anton Scharf aus dem Jahr 1928.
Sabine Haustein vom Museum St. Laurentius mit einem Selbstporträt von DKB-Gründungsmitglied Volkram Anton Scharf aus dem Jahr 1928. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

„Es waren damals zehn Gründungsmitglieder, die den Künstlerbund 1923 aus der Taufe hoben“, weiß er. Diese kannten sich vom Hörensagen, waren aber über das ganze Stadtgebiet verteilt. „Es gab keine Whatsapp-Gruppe, so besuchten die Künstler sich gegenseitig in ihren Ateliers, bis sie sich dazu entschlossen, sich 1923 in der Organisation zusammenzuschließen“, sagt der Experte. Bemerkenswert sei, dass sie nicht nach Düsseldorf gegangen sind, um sich der Kunstbewegung „Junges Rheinland“ anzuschließen, sondern ihr eigenes Ding in Duisburg machten.

Allerdings mangelte es an allem: Durch die Reparationszahlungen des ersten Weltkrieges und der damit verbundenen Inflation konnten sich selbst reiche Menschen Kunstwerke nicht mehr leisten. Die Künstler hatten kaum Geld, konnten ihre Malutensilien schwerlich bezahlen, so taten sich einige der Gründer zu einer Ateliergemeinschaft in der Claubergstraße zusammen. Mit dabei waren Volkram Anton Scharf, Heinrich Seepolt, Peter Stermann, Werner Kreuzhage und Heinz Kiewitz, die sich gegenseitig unterstützten in der schwierigen Zeit.

Nazi-Zeit sorgt auch beim Duisburger Künstlerbund für Zäsur

Ein wichtiger Faktor, dass der neue Künstlerbund durch die harte Zeit kam, war auch der Kunstmäzen und Leiter des Museumsvereins Dr. August Hoff. Der organisierte 1925 die erste Ausstellung des DKB in den Räumlichkeiten des Vereins an der Tonhallenstraße. „Natürlich war es das Ziel, die jungen Künstler einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren“, so Günter Krusch.

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Mit der Machtergreifung des Nazi-Regimes wurde es still um den Duisburger Künstlerbund, viele Mitglieder gingen in die innere und äußere Emigration. Den Rheinhauser Künstler Volkram Anton Scharf verschlug es sogar über seine Seefahrten erst in den Mittelmeerraum, später nach China, wo er in einem buddhistischen Kloster als Mönch unter dem Namen „Katsu“ seine Technik des Zeichnens verfeinerte. Andere verbliebene Künstler wurden wegen oppositioneller Haltung mit einem Berufsverbot belegt, so dass der DKB bis zum Ende des Nazi-Regimes quasi nicht mehr existent war.

Nach dem Krieg bildeten sich drei Strömungen, „Arche“, „Turm“ und „Der Strom“ in Duisburg, in denen die Künstler des DKB verstreut aktiv waren. Jedoch dachte man an eine Reunion. „Es war am 3. Mai 1949, als der wieder neu gegründete Künstlerbund im Duisburger Kunstmuseum eine vielbeachtete Ausstellung organisierte“, so Krusch.

„Sezession“: DKB-Mitglieder spalten sich in den 70er-Jahren ab

Auch warum es zur „Sezession“, einer Abspaltung in der Künstlerschaft kam, erklärt der Experte: 1957 seien an einer Ausstellung des DKB einige Künstler aus der Partnerstadt Portsmouth beteiligt gewesen. Acht Duisburger Künstler waren damit nicht einverstanden und verließen die Gruppe; sie bildeten die Sezession.

In den 1970er-Jahren kam mit der Pro-Art Messe Aufbruchstimmung in der Duisburger Künstlerschaft auf, die vom DKB und der Sezession organisiert wurde. „50 Ateliers öffneten ihre Türen rund um die Kunstmesse, die in der Mercator-Halle stattfand. Man sagt, 150.000 Besucher kamen deswegen nach Duisburg“, erzählt Krusch. Der Kant-Park habe ein Flair vom Londoner Hyde-Park gehabt.

Die Galerie in der Bezirksbibliothek Rheinhausen ist für den DKB ein wichtiger Ausstellungsort.
Die Galerie in der Bezirksbibliothek Rheinhausen ist für den DKB ein wichtiger Ausstellungsort. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

Das Jahr 1974 war für die Duisburger Kunstszene besonders wichtig. Im Oktober wurde die Interessengemeinschaft (IG) Duisburger Künstler gegründet. So bekamen DKB, Sezession und freie Künstler ein Sprachrohr im Rat der Stadt.

Das geschah unter dem Kulturdezernenten Dr. Konrad Schilling, der sich für die Ateliervergabe einsetzte und eine regelmäßige Ausstellungsabfolge im neu entstandenen Lehmbruck-Museum organisierte. Wichtig ist zudem die Galerie in der Bezirksbibliothek Rheinhausen, in der der DKB heute noch ausstellt.

>>DUISBURGER KÜNSTLERBUND HAT HEUTE 21 MITGLIEDER

Zu den Gründungsmitgliedern des DKB zählten Volkram Anton Scharf, Heinrich Seepolt, Peter Stermann, Hans Grohmann, Werner Kreuzhage, Marianne Nieten-Overbeck, Hermann Bender, Julius Schmitz-Bous, Willi Kelter und Artur Zahn.

Momentan hat der DKB 21 Mitglieder. Mehr Informationen gibt es online unter www.duisburger-kuenstlerbund.de.