Duisburg. Wegen Überfällen wollte die Staatsanwaltschaft einen Duisburger (19) hinter Gitter sehen. Das Gericht jedoch hält Gefängnis für kontraproduktiv.

Für einen 19-jährigen Mann aus Neuenkamp ging es bei einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht am König-Heinrich-Platz um sehr viel. Das Amtsgericht hatte ihn für drei Tankstellenüberfälle zu zwei Jahren mit Bewährung verurteilt; die Staatsanwaltschaft jedoch hielt das für zu wenig. Das letzte Wort hatte nun die Berufungskammer.

In schneller Folge hatte der Angeklagte 2022 die Überfälle begangen. Mit einem Schraubschlüssel bewaffnet, hatte er im März an einer Tankstelle an der Biesenstraße in Meiderich gemeinsam mit Mittätern 200 Euro erbeutet. Über 1000 Euro nahm er bei einem Überfall auf eine Tankstelle Am Schlütershof im Mai mit, als er eine Angestellte mit einer Pistole bedrohte. Eine Machete war die Tatwaffe bei einem dritten Überfall, wieder auf die Tankstelle Am Schlütershof, bei der 500 Euro aus der Kasse verschwanden.

Duisburg: Jugendschöffengericht gab Straftäter (19) eine Chance

Trotz der Schwere der Taten hatte das Jugendschöffengericht dem 19-Jährigen im Oktober 2022 eine Bewährungschance gegeben. Bislang war er nur geringfügig vorbestraft gewesen und sein rückhaltloses Geständnis hatte die schnelle Aburteilung der Taten ermöglicht, die sonst nur schwierig bis gar nicht aufzuklären gewesen wären.

Die Staatsanwaltschaft hielt das Urteil für eindeutig unterdimensioniert. Doch der Angeklagte bewies bei der Berufungsverhandlung, dass seine Beteuerungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren nicht übertrieben gewesen waren: Die Haft habe ihm die Augen geöffnet, hatte der 19-Jährige damals gesagt. Er wisse nun, dass er sein Leben ändern müsse.

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Der einstige Schulverweigerer hat so ziemlich alle Hilfsangebote in Anspruch genommen, die es für einen solchen Fall gibt. Fünf Wochen nach der Entlassung fand er einen Job, dem er bis heute zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers nachgeht. „Mit Drogen und den alten Kumpels habe ich nichts mehr zu tun“, so der 19-Jährige stolz. „Ich gehe arbeiten und bin für meine Familie da.“ Seine Freundin erwartet ein Baby.

„Eine derart positive Wandlung erleben wir bei Straftätern nur ganz selten“, gab der Vorsitzende nach kurzer Beratung der Kammer zu. „Wenn man es ernst nimmt, dass im Jugendrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht, wäre eine Gefängnisstrafe in diesem Fall sicher der falsche Weg.“ Die Staatsanwältin schloss sich dieser Sichtweise an und nahm die Berufung zurück. Sichtlich erleichtert verließ der künftige Familienvater das Gerichtsgebäude.