Duisburg. Die jungen Schauspieler feiern den Geburtstag mit einer Premiere: So kommt „Die Tagesschau von vor achtzehn Jahren“ beim Duisburger Publikum an.
Mit 18 Jahren wird ein junger Mensch volljährig mit allen Rechten und Pflichten eines Erwachsenen. Kein Wunder also, dass der Spieltrieb, das Junge Schauspiel am Theater Duisburg, seinen 18. Geburtstag mit einer eigenen Produktion feierte. „Die Tagesschau von vor achtzehn Jahren“ heißt das Stück, das Simon Paul Schneider für das junge Ensemble geschrieben und mit ihm inszeniert hat. Auf der Bühne des Theaters Duisburg gab’s nun die Uraufführung zu sehen.
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Seit 2005 gibt der Spieltrieb jungen Menschen zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkeit, unter professionellen Anleitung und Bedingungen Theater zu spielen und die Arbeit vor und hinter der Bühne kennen zu lernen. Mit 750 Vorstellungen und rund 70 Produktionen hat das von Schauspielintendant Michael Steindl entwickelte Projekt einen großen Beitrag zum Theaterleben in Duisburg geleistet. „Der Spieltrieb ist einzigartig in der deutschen Theaterlandschaft“, erklärte Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn in ihrer Ansprache zum Geburtstag des Ensembles. Rund 250 junge Menschen hätten in den Produktionen des Spieltriebs mitgewirkt, rund 40 von ihnen hätten sogar das Theater zu ihrem Beruf gemacht.
Duisburger Nachwuchs-Schauspieler setzen historische Fakten der letzten 18 Jahre in Szene
Die Produktion zum Geburtstag richtet den Blick auf die ersten 18 Jahre im Leben von Joy. Am Anfang steht natürlich die Geburt. Doch nicht eine Joy bricht aus der Wand, die zunächst den Blick des Publikum beschränkt, hervor, sondern beinahe ein Dutzend junger Menschen werden in der Eingangsszene auf die Bühne geschwemmt. Sie alle tragen Trainingsanzüge in verschiedenen Farben. Eine Darstellerin steckt in einem strahlend weißen Dress. Sie verkörpert die Joy als Gesamtfigur, die anderen die zahlreichen Stimmungen und Charakterzüge, die alle in der Person Joy stecken.
In diesem vielschichtigen Chor der Stimmen und Stimmungen gibt es unter anderem die rotzig-aggressive, die träumerische, tollpatschige oder besserwisserische Joy. Gemeinsam und in ständiger Auseinandersetzung erlebt das Ensemble der Joys das eigene Wachsen, ihre erweiterte Wahrnehmung der eigenen Person und ihrer Umwelt. Kurzzeitig treten Mitglieder aus dem Ensemble heraus und werden zu Vater, Mutter oder Großeltern. Die Entwicklung von Joy spiegelt Autor und Regisseur Simon Paul Schneider an kurzen, nachrichtlichen Texten, die im Jahresrhythmus historische Fakten der letzten 18 Jahre in Erinnerung rufen.
Da wurde etwa an die Geburtsstunde von Facebook im Jahr 2005 erinnert oder an die verschiedenen amerikanischen Präsidenten. Das hat mehr als nur eine anekdotische oder zeitlich einordnende Funktion. Auf erschreckende Weise bringt es auch Kontinuitäten wie Klimawandel, die Zahl der ertrunkenen Flüchtenden im Mittelmeer oder die Vorgeschichte des Kriegs gegen die Ukraine ins Bewusstsein. Von Anfang an ist auch der Tod mit dabei, nimmt zunächst nur die Spielzeuge des Kindes, dann den geliebten Hund und schließlich auch den Vater.
Publikum spendet stürmisch Beifall
Komisch, verwirrend, manchmal auch schmerzhaft ist dieses vielstimmige Stück. Es rückt den Text und weniger das gemeinsame Spiel in den Vordergrund. Dadurch fordert es viel an Präsenz und Nuancenreichtum von den nicht voll ausgebildeten Stimmen der jungen Akteurinnen und Akteure. Diesen großen Herausforderungen zeigen sie sich meistens gewachsen, auch in den präzise ausgeführten Passagen chorischen Sprechens. Es mag zwar einige Längen geben. Aber das junge Ensemble schafft es, dass in der gut zwei Stunden dauernden Inszenierung die Neugier und die Konzentration des Publikums nie abreißen. Dafür gab es zu Recht stürmischen Premierenbeifall der über 200 Besucherinnen und Besucher. Und dann sah man noch etwas: die Freude und die Erleichterung in den jungen Gesichtern.
Die nächsten Aufführungen sind am 28. April sowie am 2. und 11. Mai jeweils um 19:30 Uhr im Foyer III des Theaters. Tickets und weitere Informationen unter www.theater-duisburg.de
>> Regisseur Paul Schneider wuchs in Hamborn auf
Der Autor und Regisseur Simon Paul Schneider wurde 1980 geboren und wuchs in Duisburg-Hamborn auf. Sein Weg zum Theater war nicht gradlinig. Er arbeitete als Krankenpfleger und Maler und Lackierer. Seine Kreativität entwickelte er als Sprayer und Autor von Kurzfilmen. Eine Hospitanz im Theater Essen führte ihn ans Mozarteum in Salzburg, wo er zunächst Bühnen- und Kostümbild und später Regie studierte. Seit 2010 inszeniert er regelmäßig unter anderem am Staatstheater Braunschweig und veröffentlichte mehr als ein halbes Dutzend Theaterstücke.