Duisburg. Dass ein Duisburger (51) einen falschen Impfausweis besaß, war eindeutig. Bei der Berufung ging es darum, welcher Paragraf anzuwenden sei.
Corona, genauer gesagt der blühende Markt für Fälscher und Händler falscher Impfzertifikate, hat für ein paar neue beziehungsweise früher nur höchst selten angewandte Strafvorschriften gesorgt. Mit einem Fall, bei dem die meisten Juristen erst einmal in die Gesetzbücher schauen mussten, hatte es jetzt eine Berufungskammer des Duisburger Landgerichts am König-Heinrich-Platz zu tun.
In erster Instanz war ein 51 Jahre alter Familienvater aus Fahrn vom Amtsgericht Hamborn wegen Vorbereitens der Herstellung unrichtiger amtlicher Dokumente zu einer Geldstrafe von 2800 Euro (70 Tagessätze zu je 40 Euro) verurteilt worden. Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen seine Ehefrau, die ebenfalls etwas mit gefälschten Impfausweisen zu tun hatte, war die Polizei auch auf einen unrichtigen Impfausweis des 51-Jährigen gestoßen. Das Dokument enthielt zwei Impfungen, die es so nie gegeben hatte.
Verteidiger waren über Vorgehen des Duisburger Amtsrichters empört
Was die Verteidiger des Angeklagten besonders fuchste und sie zum Einlegen der Berufung veranlasste, war die nonchalante Art des Strafrichters gewesen, der sich nicht weiter mit juristischen Fragen auseinandergesetzt hatte. Denn nur für den Fall, dass der Angeklagte den falschen Impfausweis blanko erhielt, wäre die Anwendung des Paragrafen 275 Strafgesetzbuch korrekt gewesen.
Wenn er es mit seinen – wie üblich handschriftlich auf dem Deckblatt eingefügten Daten erhielt – hätte das Urteil auf Herstellen beziehungsweise Anstiftung oder Beihilfe zum Herstellen einer falschen Urkunde (Paragraf 267) lauten müssen.
In Fällen wie diesen, in denen logisch zwingend eine von zwei Strafnormen verletzt worden sein muss, sieht das Gesetz durchaus eine sogenannte Wahlfeststellung vor. Doch damit hielt sich der Strafrichter nicht auf. Er griff sich einfach die oben genannte Vorschrift heraus.
Angeklagter half sich selbst und der Berufungskammer aus der Bredouille
Auch der Vorsitzende der Berufungskammer hielt die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils für unzureichend. Er zweifelte allerdings daran, dass das reine Beharren auf einem „sauberen Urteil“ dem Angeklagten nutzen könne. Und so hatte er einen guten Tipp für den 51-Jährigen und noch mehr für dessen Rechtsbeistand: „Sagen sie uns wie sie an den Impfausweis gekommen sind. Dann haben wir nicht nur einen eindeutigen Straftatbestand, sondern auch ein zu ihren Gunsten wertendes Geständnis.“
Nach langer Beratung mit seinem Anwalt gab der Angeklagte schließlich folgende Details preis: Er hatte 200 Euro für das falsche Dokument bezahlt. „Er hat es mit seinem Namen auf dem Deckblatt erhalten. Jemand aus dem engeren Familienkreis hat es ihm mitgebracht“, verriet der Anwalt. „Mehr will er dazu nicht sagen.“
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Das reichte der Berufungskammer. Sie verurteilte den bislang unbestraften 51-Jährigen wegen Anstiftung zur Herstellung einer unechten Urkunde. Und senkte die Strafe auf 2000 Euro (50 Tagessätze zu je 40 Euro).