Duisburg. Nach den Silvester-Krawallen hat die Polizei drei Jugendliche ermittelt: Sie sollen in Hochheide und Hochfeld auf Einsatzkräfte gefeuert haben.

Mit den Krawallen um den Jahreswechsel 2022/2023 erreichten Silvester-Ausschreitungen auch in Duisburg eine neue Dimension der Gewalt und Respektlosigkeit. Was die Polizisten in der Neujahrsnacht in Hochheide und Hochfeld erlebten, hatte es in dieser Form zuvor nicht gegeben: Aus größeren Menschenmengen heraus wurden Feuerwerkskörper auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte abgefeuert, aber auch auf Passanten, Autos und Straßenbahnen. Die Polizei berichtete sogar von Angriffen mit Steinen und Flaschen; erst die Hundertschaft konnte die Situationen unter Kontrolle bringen. Knapp zwei Monate später präsentiert das Präsidium Ermittlungsergebnisse: Die Kriminalpolizei konnte drei Tatverdächtige identifizieren.

Die Kripo hatte in den letzten Wochen Videoaufnahmen ausgewertet und Zeugen befragt. Wichtige Bewegtbilder hatten in Hochheide Beweissicherungskräfte der Hundertschaft aufgenommen. Anhand dieses Beweismaterials konnten Ermittler zwei der drei wohl überführten Teenager identifizieren.

Duisburg-Hochheide: Rädelsführer aus der Silvesternacht ist ein Intensivtäter

So soll auch ein 18 Jahre alter Intensivtäter aus Homberg auf dem Bürgermeister-Bongartz-Platz in Hochheide Silvesterraketen auf Polizisten und auf einen Streifenwagen geschossen haben. „Dabei agierte er aus einer Personengruppe heraus als einer der Rädelsführer“, berichtet Polizeisprecher Jonas Tepe.

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Ermittler, die auf junge Intensivtäter spezialisiert sind, erkannten den 18-Jährigen auf Aufnahmen wieder. Ein Richter erließ einen Haftbefehl – nicht nur wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Neujahrsnacht: Der heute 18-Jährige ist der Beschuldigte in etlichen Strafverfahren. Ihm werden räuberische Erpressung, Körperverletzung, versuchte gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und tätliche Angriffe auf solche, das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Er ist mehrfach vorbestraft und saß bereits wegen mehrerer Raubdelikte in Haft.

Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis spricht von einem „wichtigen Signal“.
Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis spricht von einem „wichtigen Signal“. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Eine inzwischen 16 Jahre alte Jugendliche war bereits in der Neujahrsnacht identifiziert worden: Sie hatte ebenfalls auf dem Bürgermeister-Bongartz-Platz in Hochheide gefeiert – und auch ihr wird vorgeworfen, Feuerwerkskörper auf Polizisten und deren Fahrzeug geworfen zu haben. Die Einsatzkräfte erkannten sie auf Videoaufnahmen der Beweissicherungskräfte wieder „und übergaben sie noch in der Nacht ihrem Vater“, berichtet Jonas Tepe. Ermittler der Kripo stellten ihr Handy später bei einer Durchsuchung sicher. Die Auswertung dauere noch immer an. Aktuell werde gegen das Mädchen wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

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15-Jähriger soll in Hochfeld randaliert und attackiert haben

Ein dritter identifizierter Jugendlicher soll an den gefährlichen Ausschreitungen in Hochfeld auf der Wanheimer Straße beteiligt gewesen sein. Dort hatten laut Polizei mehrere Personen aus einer Gruppe heraus Rettungsfahrzeuge attackiert und Retter mit Raketen beschossen. Als Feuerwehrmänner eintrafen, um brennende E-Scooter zu löschen, hatten Randalierer zudem versucht, die Gerätefächer des Feuerwehrwagens zu öffnen. Ein 15-Jähriger soll mitgemacht haben, bevor die Hundertschaft den Platz an der Haltestelle Pauluskirche räumte. Auch gegen diesen Jungen laufe das Ermittlungsverfahren noch, so Tepe.

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Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis nennt die Identifizierung des jungen Trios „ein deutliches Signal sowohl in das soziale Umfeld dieser Straftäter, als auch für die Feuerwehr, den Rettungsdienst, das Ordnungsamt und die Duisburger Bürgerinnen und Bürger“. Jeder, „der Einsatzkräfte attackiert und ihre Verletzung billigend in Kauf nimmt“, müsse damit rechnen, ermittelt zu werden.

Dass die Kriminalbeamten nach so langer Zeit und Auswertung in den kommenden Wochen noch weitere Beteiligte überführen können, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Das liegt auch daran, dass viele eingereichte Videoaufnahmen von Privatleuten nicht taugen, um konkrete Straftaten Einzelner zu beweisen. Verwertbare Hinweise auf weitere Beteiligte gebe es zurzeit nicht, sagt Polizeisprecher Tepe.

>> BRENNENDE BARRIKADEN IN MARXLOH

  • Viele der randalierenden Jugendlichen hatten die Krawalle selbst gefilmt und die Videos im Internet in sozialen Netzwerken veröffentlicht.
  • In Marxloh zündeten Unbekannte auf der Weseler Straße zwischen den Haltestellen ,Heckmann’ und ,Wolfstraße’ unter anderem Europaletten und Mülltonnen im Gleisbereich der Straßenbahn an. In Hochfeld hatte die DVG Bahnen der Linie 903 wegen anhaltender Pyro-Angriffe umgeleitet.
  • In NRW wurden in der Nacht 47 Polizistinnen und Polizisten verletzt – in Duisburg war laut Sprecher keine Beamtin und kein Beamter betroffen.
  • Die Polizei Duisburg zählte rund um den Jahreswechsel 2022/23 470 Einsätze (2019/20: etwa 350; 2020/21: etwa 430).
  • In Duisburg hatte es – anders als in anderen Städten – keine Böllerverbotszonen gegeben. Die Stadtverwaltung erklärte dies damit, dass es in Duisburg keine „Party-Spots“ mit größerem Besucherandrang gebe und die bundesgesetzlichen Voraussetzungen dafür ohne „konkrete Gefahrensituationen“ nicht vorgelegen hätten.