Duisburg. Wegen Widerstands gegen Polizisten und Körperverletzung stand ein Asylbewerber vor Gericht. Wie die Geburt seines Kindes sein Leben veränderte.

Wegen Körperverletzung, Widerstands und tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte stand ein 21-Jähriger vor dem Amtsgericht. Immer wieder hatte der Angeklagte seinen Frust über seine persönliche Situation an den Ordnungshütern und anderen Menschen ausgelassen. Doch nun ist der Mann auf einem guten Weg in ein straffreies Leben. Der süße Grund für den Sinneswandel: Ein sechs Monate altes Mädchen.

Bei einer Polizeikontrolle an der Atroper Straße machte der Iraner 2020 durch Schreie die Besatzung eines Streifenwagens auf sich aufmerksam. Als die Polizei in seine Richtung steuerte, rannte er auf das Auto zu und daran vorbei. Dabei stieß er wüste Beleidigungen aus und machte unanständige Gesten. Als die Ordnungshüter 2021 zu einem Streit in einer Gaststätte an der Dr. Wilhelm-Roelen-Straße in Walsum gerufen wurden, legte er sich mit ihnen an. Er versetzte einem Beamten einen Kopfstoß, musste noch nach seiner Fixierung im Streifenwagen festgehalten werden. Außerdem wurde ihm eine sogenannte Spuckhaube verpasst, weil er die Beamten fortwährend anspuckte.

Beleidigungen, Drohungen und Gewalt

Im April 2022 drang der Heranwachsende gemeinsam mit einem Mittäter in ein Jugendheim in Rheinhausen ein. Im zweiten Stock verprügelten die beiden Täter einen Bewohner.

Zuletzt hatte der Angeklagte im Juli 2022 die Beherrschung verloren. Da hatte er die ganze Nacht vor dem Krankenhaus gewartet. Coronabedingt durfte er bei der Geburt seiner Tochter nicht dabei sein. Als er schließlich als frisch gebackener Vater in eine Asylbewerberunterkunft in Neuenkamp zurückkehrte, tauchte die Polizei auf. Das endete wie immer mit Beleidigungen und Drohungen.

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Mit 13 Jahren war der Angeklagte ohne Eltern nach Deutschland gekommen. Er landete in einer speziellen Einrichtung, in der begleitungslose minderjährige Flüchtlinge untergebracht wurden. „Zwei Jahre hat er dort herumgesessen, bevor er in Deutschland eingeschult wurde“, so der Verteidiger. Schließlich ging er noch ein Jahr in die Schule, wechselte danach zur Berufsschule und scheiterte wenig überraschend. „Die meiste Zeit hat er gar nicht verstanden, worum es eigentlich ging“, erklärte der Verteidiger.

Drogen als Flucht aus der Trostlosigkeit

Mit 18 begann der junge Iraner Drogen und Alkohol zu konsumieren. „Das war seine Art, seine Situation erträglich zu machen“, argumentierte der Verteidiger. Erste Straftaten waren die Folge. Genau deshalb wurde seine Duldung immer nur um ein paar Monate verlängert. „Ich durfte nicht arbeiten“, bedauert der Angeklagte mit gesenktem Kopf. Das habe seine Wut und seinen Frust nur noch größer gemacht.

All das änderte sich Ende Juli 2022, als der junge Mann Vater wurde. „Er wohnt zwar noch im Heim, kommt uns aber jeden Tag besuchen und kümmert sich auch sehr um meine beiden anderen Kinder“, so die Lebensgefährtin. Der Angeklagte ist nun drogenfrei. Mit der Bewährungshilfe arbeitet er vorbildlich zusammen.

„Ich will wirklich alles tun, um mein Leben zu ändern“, beteuerte der 21-Jährige, der sämtliche Vorwürfe einräumte. Der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts klopfte drei Mal auf den Richtertisch. „Das hoffen wir alle“, meinte er. Das Urteil: Eine einjährige Freiheitsstrafe wurde auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, der 21-Jährige muss 50 Arbeitsstunden ableisten und ein Anti-Aggressions-Training absolvieren.