Duisburg. Wegen Vergewaltigung steht ein Duisburger vor Gericht. Doch zuerst muss ein Streit um Akteneinsicht geklärt werden – eine Grundsatzdiskussion.
Wegen Vergewaltigung steht ein 25-jähriger Walsumer vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz. Im April 2022 soll er in Duisburg mit einer Frau im Bett gelegen und sie zuletzt vergewaltigt haben. Im Mittelpunkt der Auftaktverhandlung vor dem Schöffengericht stand aber nicht die Tat, sondern es ging um weitaus grundsätzlichere juristische Fragen.
Die Tat soll zunächst als Diskussion begonnen haben. Er wollte Sex, die Frau neben ihm nicht. Zuletzt soll der 25-Jährige die Geschädigte festgehalten haben. Der Frau habe die Kraft zum Widerstand gefehlt und sie habe es schließlich über sich ergehen lassen, formuliert die Anklage.
Vorsitzender wies Antrag auf Akteneinsicht zurück
Die Geschädigte tritt im Verfahren nicht nur als Zeugin, sondern auch als Nebenklägerin auf. Ihre Anwältin beschwerte sich zu Verhandlungsbeginn darüber, dass sie keine Akteneinsicht gehabt habe. Der Staatsanwalt sah das ähnlich: Einer Nebenklägervertreterin in einem solchen Fall die Akteneinsicht zu versagen, sei „Rechtsprechung aus dem vorigen Jahrhundert“.
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Der Vorsitzende versuchte sachlich zu bleiben. Der Antrag auf Akteneinsicht sei erst kurzfristig gestellt worden. Er habe darüber erst wenige Tage vor der Verhandlung entscheiden können. Der Richter verwies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die für jene Fälle, in denen bei Sexualtaten Aussage gegen Aussage steht und weitere Beweismittel fehlen, durchaus die Möglichkeit eröffne, die Akteneinsicht regelmäßig zu verweigern.
Landgericht muss über Beschwerde entscheiden
Das soll vermeiden, dass die Zeugin auf Umwegen den Akteninhalt erfährt und so ihre Aussage vor Gericht früheren Angaben anpassen kann. Denn bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit einer Aussage spielt die Konstanz der Angaben eine wichtige Rolle. In einigen Fällen, so zitierte der Vorsitzende den Bundesgerichtshof, sei selbst die übliche anwaltliche Versicherung, keine Inhalte an die Mandantin oder Dritte weiterzugeben, nicht ausreichend.
Im vorliegenden Fall lag diese anwaltliche Versicherung noch gar nicht vor. Erst in der Verhandlung gab die Nebenklägervertreterin sie ab. Der Vorsitzende des Schöffengerichts nahm auch die Beschwerde zu Protokoll. Er will sie nun, so sieht das Gesetz das vor, durch das Landgericht entscheiden lassen. Der Prozess wird dann frühestens im Frühjahr noch einmal von vorne beginnen.