Duisburg. Der Duisburger Filmverleih Atlas bringt nach Jahren wieder einen Kinofilm heraus. Welche Chancen und Risiken das in Zeiten des Streamings birgt.
Ein traditionsreiches Duisburger Unternehmen kehrt zu seinen Wurzeln zurück: Nach vielen Jahren bringt der Filmverleih Atlas Film wieder eine Kino-Produktion heraus. „Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs“ feiert im Januar Premiere. Aufregende Tage für das sechsköpfige Atlas-Team, denn ein Kinostart birgt sowohl Chancen, als auch Risiken – in Zeiten von Video-on-Demand mehr denn je.
Weil Zuschauerinnen und Zuschauer Filme jederzeit abrufen können wollen, hat sich Atlas in jüngerer Vergangenheit auf das Home Cinema konzentriert. Der bevorstehende Kinostart scheint auch deshalb risikobehaftet, weil sich die Besucherzahlen noch immer nicht ganz von der Pandemie erholt haben.
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Atlas Film aus Duisburg: Kinostart trotz „Unwägbarkeiten des Geschäfts“
„Es gibt viele Unwägbarkeiten“, sagt Produkt- und Lizenzmanagerin Charlotte Schmid, die Kino und Streaming nicht grundsätzlich in Konkurrenz zueinander sieht. „Das sind ganz unterschiedliche Formen, seinen Abend zu gestalten.“ Zumal man sich von einem guten Kinostart von „Maria träumt“ auch Vorteile bei der späteren Vermarktung verspreche, sei es bei TV-Sendern oder Streamingdiensten.
Die französische Komödie begleitet die von Karin Viard gespielte Reinigungskraft Maria aus dem Alltagstrott ihrer langjährigen Ehe. Das klingt nach typischem Frauenfilm, und auch Atlas hat „das klassische Arthouse-Publikum, gerade Frauen ab 40“ im Visier, bestätigt Charlotte Schmid, definiert die Zielgruppe aber darüber hinaus: „Der Film hat so viel Lebensbejahendes, viel Kreativität und transportiert Mut für Neuanfänge. Da finden sich viele Menschen wieder.“
Verleiher wie Atlas suchen fortwährend neue Filme, deren Lizenz sie kaufen und die sie dann im deutschen Markt vertreiben. Eine weltweite Vermarktung wäre für lokale Vertriebs- oder Produktionsfirmen kaum möglich, sagt Atlas-Geschäftsführer Uwe Schwentker: „Dazu gehört viel Expertise. Jedes Land unterscheidet sich im Bedarf und Geschmack.“ Das sei einem steten Wandel unterzogen, „und auf den kann der nationale Verleiher besser reagieren als der Produzent, der in einem anderen Land sitzt“.
Kinofilme: Auswahl des Starttermins hängt von vielen Faktoren ab
Um rechtzeitig auf neue Produktionen aufmerksam zu werden, braucht es ein gutes Netzwerk. „Maria träumt“ hätten sie vor ziemlich genau einem Jahr gekauft, erklärt Uwe Schwentker; der Erstkontakt fand bei den Rendez-vous Screenings in Paris statt. „Wir haben dann unter den Einschränkungen der Pandemie nach einem geeigneten Kinostarttermin gesucht.“
Abzuwägen gilt dabei etwa die Jahreszeit: „Winter und Herbst sind am besucherstärksten, da gibt es aber auch die meiste Konkurrenz“, erläutert Charlotte Schmid. Aber auch andere Faktoren, etwa der mögliche Zeitpunkt für einen späteren Start als Video-on-Demand, spielten eine Rolle.
Für „Maria träumt“ ist es der 19. Januar geworden. Die Spannung vor der Premiere beschreibt Charlotte Schmid so: „Es ist ein dynamisches Geschäft. Nach wenigen Tagen gucken sich die Kinobetreiber die Zahlen genau an. Und wenn der Film dann nicht genug Zuschauer gelockt hat, fliegt man ganz schnell wieder aus dem Programm.“ Schon außergewöhnlich gutes Wetter könne einen Start kaputt machen, wenn die meisten Menschen draußen sein wollen.
„Maria träumt“ von Atlas Film: Erste Kritiken stimmen positiv
Hat ein Film aber im Kino Erfolg, lasse er sich umso besser für die Folgeverwendung im Free- oder Pay-TV und als Video-on-Demand vermarkten, sagt Uwe Schwentker. Diese Chance würden auch große Anbieter wie Netflix wieder verstärkt sehen und deshalb eigene Produktionen vorab im Kino zeigen.
Die bisherigen Kritiken zu „Maria träumt“ stimmen Charlotte Schmid und Uwe Schwentker positiv. Der Film wird als warmherzige und leichte Komödie beschrieben und hat auf Filmfestivals bereits Auszeichnungen erhalten, darunter auch zwei Publikumspreise, die sie bei Atlas Film besonders hoffnungsvoll machen.
„Maria träumt – Oder: Die Kunst des Neuanfangs“ von Regisseurin Lauriane Escaffre und Regisseur Yvonnick Muller startet am Donnerstag, 19. Januar, in den Kinos. Weitere Informationen zum Film unter www.atlas-film.de.
>>ATLAS-GRUPPE WURDE AB 1960 IN DUISBURG AUFGEBAUT
Rechtlich ist die Atlas Film GmbH mit Sitz an der Fuldastraße kein Nachfolger der Unternehmensgruppe, die Hanns Eckelkamp nach 1960 aufgebaut hatte. Die aus dieser Unternehmensgruppe hervorgegangene Atlas Film + Medien musste 2013 Insolvenz anmelden.
Geschäftsführer Uwe Schwentker hat jedoch viele Jahre bei verschiedenen Firmen der Atlas-Gruppe gearbeitet. Zudem konnte die neugegründete Atlas Film GmbH deren alte Lizenzen erwerben.