Duisburg. Im Krematorium für Duisburg sind lange keine Einäscherungen möglich. Angehörige erleben sehr belastende Situationen. Was Bestatter sagen.

Im Krematorium für Duisburg am Waldfriedhof finden derzeit und für die nächsten Monate keine Einäscherungen statt. Das bestätigen die betreibenden Wirtschaftsbetriebe (WBD) auf Nachfrage der Redaktion. Grund dafür ist eine Sanierung der Abgasreinigung.

„Durch die Sanierung können die Kremationsöfen nicht in Betrieb genommen werden“, erklärt Silke Kersken, Sprecherin der WBD. Mit der Fertigstellung der Maßnahme rechnet die Stadttochter im Mai. Dass deshalb hunderte Einäscherungen in anderen Krematorien stattfinden müssen, zeigen Zahlen aus dem vergangenen Jahr. 2022 fanden in den beiden Etagenöfen am Waldfriedhof zirka 8100 Einäscherungen statt. Das Krematorium kann im Bedarfsfall in einem Dreischichtbetrieb an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr betrieben werden.

Keine Einäscherungen in Duisburg: So gehen Bestatter vor

„Es werden Einäscherungen durch ein Partnerkrematorium übernommen“, sagt Kersken unkonkret. Dabei soll es sich aus Aussage einer Bestatterin um das rund 180 Kilometer entfernte Rhein-Taunus-Krematorium im rheinland-pfälzischen Dachsenhausen handeln, das zu den größten und modernsten Krematorien Europas zählt. Laut weiteren Bestattern in Duisburg finden Einäscherungen etwa in Dülmen oder Essen statt. Für Angehörige ergeben sich durch geplante Transporte keine höheren Kosten, sagt Martin Kretschmer, Sprecher der Bestatter in Duisburg.

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Zwar sollen am Waldfriedhof Urnenausgaben und Bestattungen von der Sanierungsmaßnahme „nicht eingeschränkt“ sein, dennoch müssen Angehörige scheinbar mit deutlichen Verzögerungen rechnen. So wie im Fall von Roswitha Meyer. Die 70-Jährige hat am 30. Dezember ihren Ehemann verloren. Bislang wisse sie nicht, wo ihr Mann eingeäschert werden soll. „Zu wissen, dass mein Mann im Sarg auf die Einäscherung wartet, ist eine schlimme Belastung“, sagt die Witwe, die in ihrer ungelösten Trauer verharrt und sich endlich einen schönen Abschluss im Kreise der Familie wünscht.

„Das Krematorium hat sehr zuverlässig gearbeitet“

Laut Aussagen von Martin Kretschmer könne im Normalfall ein Zeitfenster von 14 Tagen bis zur Bestattung und Trauerfeier eingehalten werden. Andere Duisburger Bestatter widersprechen der Aussage vehement und müssen Angehörigen erklären, dass es zu deutlich längeren Wartezeiten kommt.

„Das Rhein-Taunus-Krematorium ist überlastet“, erklärt eine Bestatterin aus dem Duisburger Süden. Verstorbene sollen bereits an das Krematorium in Siegen überführt werden. Düsseldorf und Essen sollen zudem einen Aufnahmestopp erklärt haben. Als Gründe nennt die Bestatterin die derzeit hohe Sterblichkeit.

Die Wirtschaftsbetriebe sollen die Bestatter schon über lange Wartezeiten informiert haben. Das Schreiben liegt dieser Redaktion vor. „Aktuell müssen Sie von der Anlieferung der Verstorbenen (bei Vollständigkeit der notwendigen Unterlagen) bis zur Abholung beziehungsweise Versand der Urne mindestens drei bis vier Wochen einplanen“, heißt es dort. Erst anschließend könne ein Termin für die Beisetzung bestimmt werden, so die Bestatterin aus dem Duisburger Süden, die nicht namentlich zitiert werden möchte.

Für Angehörige sei dies eine „schreckliche Situation“, sagt die Bestatterin. Sie können so nicht mit ihrer Trauer abschließen. Zwar könne ein Bestatter auch Krematorien abseits der Partnereinrichtung der Wirtschaftsbetriebe anfragen, um die Einäscherung möglicherweise zu beschleunigen, in diesen Fällen müssten Angehörige aber mit zusätzlichen Kosten rechnen, berichtet die Bestatterin.

Wirtschaftsbetriebe rechnen mit Kosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro

In regelmäßigen Abständen habe es im Krematorium am Waldfriedhof auch Wartungen der unterschiedlichen Anlagenteile gegeben, erklären die Wirtschaftsbetriebe. Etwa wenn Schamottsteine ausgetauscht werden müssen, oder um die Anlage auf dem Stand der Technik zu halten. Einer der Öfen sei dennoch weiterhin in Betrieb geblieben, sagt Martin Kretschmer. Seit der Eröffnung 2002 habe es keinen Ausfall dieser Dauer gegeben. „Das Krematorium hat sehr zuverlässig gearbeitet“, sagt Kretschmer.

Für die Sanierung investiert die Stadttochter laut eigenen Angaben voraussichtlich 1,2 Millionen Euro. Davon verspricht sie sich auch eine Einsparung des Gasverbrauchs. „In welcher Höhe dieser sein wird, wird sich im tatsächlichen Betrieb zeigen“, sagt Silke Kersken. Angaben zum bisherigen jährlichen Verbrauch macht sie nicht.

Seit Jahren schon wird die Abwärme des Kremationsbetriebes zu 100 Prozent als Nahwärme für die Heizungs- und Warmwasserversorgung der Verwaltungs- und Betriebsgebäude auf dem Waldfriedhof genutzt. Die Preissteigerungen für Energie schlagen sich aber auch in den Kosten für den Kremationsbetrieb nieder, denn für Einäscherungen sind hohe Temperaturen gefordert: Die Bundes-Immissionsschutz-Verordnung schreibt in Anlagen zur Feuerbestattung eine Mindesttemperatur von 850 Grad Celsius vor.

Durch eine Temperaturabsenkung, die in Einzelfällen genehmigt wird, sind Einsparungen möglich. „Um die Temperatur in der Nachverbrennung zu senken, sind umfangreiche Auflagen zu erfüllen. Nach Abschluss der Sanierung wird die Beantragung der Temperaturabsenkung in der Nachverbrennung geprüft“, teilen die Wirtschaftsbetriebe mit.

Das Krematorium in Duisburg befindet sich am Waldfriedhof. Dort gibt es auch zwei Trauerhallen, die ein würdevolles Abschiednehmen ermöglichen.
Das Krematorium in Duisburg befindet sich am Waldfriedhof. Dort gibt es auch zwei Trauerhallen, die ein würdevolles Abschiednehmen ermöglichen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

>> Die Geschichte des Krematoriums in Duisburg

  • Am 26. August 1932 eröffnete in Duisburg das 108. deutsche Krematorium. Am 30. November 1944 wurde das Krematorium durch Luftangriffe beschädigt, Einäscherungen konnten nicht mehr stattfinden.
  • Im März 1949 folgte der Wiederaufbau, ein Jahr später die Inbetriebnahme. Seitdem fanden in den folgenden 50 Jahren 60.000 Einäscherungen im Krematorium statt.
  • Neue Auflagen haben im Jahr 2000 erhebliche bauliche Änderungen am „alten“ Krematorium Duisburg erfordert. Stattdessen beschloss der Rat der Stadt Duisburg den Neubau einer modernen Feuerbestattungsanlage.
  • Somit entstand am Haupteingang des größten Duisburger Friedhofs, dem Waldfriedhof in Wanheimerort, auf einer Grundfläche von 5200 Quadratmetern das neue Krematorium, das am 16. September 2002 feierlich eröffnet wurde.