Duisburg. Duisburg hat die meisten Corona-Toten in NRW. Kommt das Krematorium deshalb an seine Grenze? Bestatter und Wirtschaftsbetriebe geben Antworten.

372 Duisburger sind inzwischen an oder mit Covid-19 gestorben (Stand: 6. Januar 2021). Damit hat Duisburg laut den Zahlen des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen die meisten Todesfälle im Zuge der Corona-Pandemie in NRW zu vermelden. Selbst die Millionenstadt Köln hat bisher weniger Todesfälle (362). Eine Zahl, die beunruhigt und für 372 Menschen steht, die den letzten Lebensweg oft ganz alleine bestreiten mussten. Für Bestatter und Angehörige eine schwierige Herausforderung.

Ist der Tod eines geliebten Menschen für Familien ein Grund, näher zusammenzurücken, verlangt die aktuelle Situation von Hinterbliebenen Trauer und Tränen mit Mindestabstand, weiß Bestatter Martin Kretschmer. "Für viele, die ihre Angehörigen nicht im Krankenhaus oder Altenheim besuchen konnten, ist Nähe verloren gegangen", sagt der Sprecher der Duisburger Bestatter.

Beerdigung in Zeiten von Corona: ein veränderter Abschied

Nähe, nach der sich Angehörige im Abschied sehnen. War der Bestatter Verwandten sonst eine Stütze, so darf er jetzt den Menschen nicht zu nah kommen. Die Arbeit als Seelsorger habe es erschwert.

Eines steht nach dem Corona-Jahr fest: Das Virus hat das letzte Lebewohl verändert. "Der Abschied am offenen Sarg ist nicht möglich", erklärt Kretschmer bei Verstorbenen mit Covid-19. Für alle Beerdigungen sorgte auch die Zahl der Trauergäste zwischenzeitlich für Verwirrung. Doch die Krise habe viele Menschen das im Alltag gern verdrängte Thema Tod zurück ins Bewusstsein gerufen und den Wunsch nach einem persönlichen Abschied verstärkt.

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Für den Bestatter sind Vorsichtsmaßnahmen zur Routine geworden: Über zwei bis drei Wochen, so Kretschmer, müssen Verstorbene mit der Todesursache Covid-19 als kontagiös angesehen werden.

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Bereits bei der Abholung des Leichnams wird deshalb auf dem Totenschein ein Warnhinweis auf das Coronavirus gegeben. Mundschutz und Vollschutz gehören zum alltäglichen Arbeitsmaterial, was aber auch schon in der Vergangenheit so war: So sind auch Verstorbene mit Hepatitis oder Influenza eine potenzielle Gefahr für Bestatter.

"Deutlich mehr Corona-Verstorbene" im zweiten Lockdown

Jetzt im Winter-Lockdown gibt es "deutlich mehr Corona-Verstorbene", sagt Kretschmer. Für den Infektionsschutz müssen Covid-19-Verstorbene in luftdichten Plastikhüllen beigesetzt werden. Die Alternative wäre die Einäscherung im Krematorium, die so mache Kommune in NRW vor Probleme stellt.

Der Bestatter kennt etwa die Bilder aus Wuppertal, die Anfang des Jahres für Aufsehen gesorgt haben. Das Bergische Krematorium hat auf seinem Gelände mehrere Zelte aufgestellt, weil es die hohe Zahl an Einäscherungen nicht mehr bewältigen konnte. In den Zelten, die als Vorsichtsmaßnahme dienten, könnten zukünftig Särge gelagert werden.

Entwarnung für Duisburg: Krematorium ist ausgelastet, aber nicht überlastet

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Ein Szenario, das der Bestatter in Duisburg trotz der vielen Todesfälle nicht erwartet. Das 2002 eröffnete Krematorium am Waldfriedhof in Wanheimerort verfüge über große Kühlräume.

"Die Lagerkapazitäten sind ausgelastet, aber nicht überlastet", sagt er. Das bestätigen auch die Wirtschaftsbetriebe Duisburg auf Nachfrage, die Betreiber des Krematoriums sind: "Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Engpässe", so eine Sprecherin.

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Die derzeitige hohe Auslastung hat Gründe, die jährlich wiederkehren: Im Winter würden immer mehr Menschen sterben als im Sommer, erklären die Wirtschaftsbetriebe.

Zudem gebe es alljährlich einen Rückstau, weil Ämter zwischen den Jahren geschlossen haben und nötige Unterlagen wie die Sterbeurkunde für die Einäscherung oft fehlen, ergänzt der Bestatter.

Bis zu 7500 Einäscherungen können pro Jahr in den beiden Etagenöfen des Krematoriums durchgeführt werden. Einäscherungen finden täglich statt, bei Bedarf sogar an Samstagen und in 24 Stunden-Schichten. Eine Information, die beruhigt – aber ein Szenario, das sich niemand wünscht.

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