Duisburg. Wegen Beleidigung einer linken Aktivistin als „Stasi-Schlampe“ stand ein Anwalt aus Duisburg vor Gericht. Der Berufungskammer fehlten Beweise.
Wegen Beleidigung war im März 2021 ein der AfD nahe stehender Anwalt aus Duisburg vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Im August 2018 soll er die Vorsitzende einer in Heidelberg ansässigen Stiftung gegen Rechtspopulismus in einem sozialen Netzwerk als „Stasi-Schlampe“ beschimpft haben. Der zweitinstanzliche Prozess vor dem Landgericht am König-Heinrich-Platz dauerte nur wenige Minuten und endete mit einem Freispruch.
Nach einer tödlichen Messerattacke eines Syrers in Chemnitz hatte die Gründerin und Vorsitzende der Amadeu Antonio-Stiftung gegen Rechtspopulismus das getötete Opfer im Internet als Neo-Nazi bezeichnet. Der 53-jährige Duisburger Jurist, der bei der Kommunalwahl 2020 für die AfD antrat, soll daraufhin geschrieben haben, dass die Frau als „Stasi-Schlampe...für Geld mit Männern geschlafen hat“. Der syrische Attentäter wurde in der gleichen Nachricht als „Kufnuke“ bezeichnet.
Angeklagter aus Duisburg hatte Tat stets bestritten
Etwas, dass der Angeklagte in erster Instanz nachdrücklich bestritten hatte. Er habe die Nachricht weder geschrieben noch abgeschickt. Jemand müsse sich seiner Daten bedient haben, was dadurch erleichtert worden sei, dass die Mitteilung in eine digitale Gruppe eingestellt worden war, die die Überreste eines Vorläufers des weltweiten Webs nutzt. Sein Verteidiger hatte in diesem Zusammenhang die Einholung eines technischen Gutachtens gefordert.
[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Stadtseite + Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]
Der Strafrichter des Amtsgerichts hatte die theoretische Möglichkeit, dass der Zugang des Angeklagten gehackt worden sein könne, gar nicht ausgeschlossen. Er fragte sich aber, warum sich ausgerechnet ein Gesinnungsgenosse des Angeklagten diese Mühe gemacht haben sollte, um dann im Schreib-Duktus des Duisburgers seine Meinung zum Besten zu geben. Zumal der 53-Jährige sich nie über eine solchen Missbrauch beschwerte oder gar eine Anzeige erstattete, sondern die Adresse danach einfach weiter benutzte.
Berufungskammer stützte sich ausschließlich auf Gutachten
Den Vorsitzenden der Berufungskammer interessierte diese seltsame Indizienhäufung nicht. Er stützte sich ausschließlich auf ein inzwischen vorliegendes technisches Gutachten. Ein Sachverständiger konnte nicht sicher feststellen, dass die Nachricht tatsächlich von der Adresse des Angeklagten geschickt wurde und wollte nicht ausschließen, dass sich Dritte des Accounts bedienten. Die Berufungskammer sprach den Angeklagten nach sehr kurzer Beweisaufnahme frei.