Duisburg. Das Gericht hat einen Anwalt aus Duisburg verurteilt. Er hatte nach der Messerattacke von Chemnitz eine Stiftungsvorsitzende schwer beleidigt.

Ein 35-jähriger Mann wurde bei einem Stadtfest in Chemnitz 2018 von einem Syrer getötet. In der Stadt kam es zu rechten Aufmärschen, Gegendemonstrationen und weiteren Gewalttaten. Der Täter ist längst wegen Totschlags verurteilt. Doch die durch die Tat ausgelösten Beben beschäftigen die Justiz noch immer. Auch das Amtsgericht am König-Heinrich-Platz. Wegen Beleidigung verurteilte es in diesem Zusammenhang einen 51 Jahre alten Rechtsanwalt aus Duisburg zu 3000 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze zu je 150 Euro).

Am 27. August 2018, davon war der Strafrichter am Ende einer dreistündigen Beweisaufnahme überzeugt, hatte der Anwalt in einem sozialen Netzwerk die Gründerin und Vorsitzende einer in Heidelberg ansässigen Stiftung gegen Rechtspopulismus in ehrverletzender Weise angegriffen. Weil er sich dagegen wehrte, dass die Polit-Aktivistin den Getöteten als Neo-Nazi bezeichnet hatte, habe der Angeklagte sie als „Stasi-Schlampe“ und die Mitarbeiter der Stiftung als „Abschaum“ bezeichnet.

Anwalt aus Duisburg: Daten wurden missbraucht

Die sprachlich wenig reizvolle Nachricht hatte den syrischen Gewalttäter zudem einen „Kufnuken“ genannt. Und die, so war der Absender überzeugt, dürfe man eh nicht auf ein Stadtfest lassen. Der Angeklagte bestritt allerdings nachdrücklich, diese Botschaft geschrieben oder geschickt zu haben. Offenbar habe jemand seine Daten missbraucht.

Der strafbare Post war offenbar in einer digitalen Gruppe erfolgt, die die Überreste eines Vorläufers des weltweiten Webs nutzt, der inzwischen von einem großen Internet-Konzern aufgekauft wurde. Mit einem das technische Verständnis der meisten im Gerichtssaal anwesenden Personen übersteigenden Beweisantrag forderte der Verteidiger des Angeklagten die Einholung eines technischen Gutachtens. Es sei nämlich in dieser besonderen Form der digitalen Kommunikation leicht möglich, dass jemand sich als der Angeklagte ausgegeben habe.

51-Jähriger trat bei Kommunalwahl 2020 für die AfD an

Möglich vielleicht, fand der Strafrichter. Theoretisch sei das für IT-Spezialisten oder Geheimdienste technisch machbar. „Aber wieso sollte sich jemand, der das nötige technische Wissen hat, ausgerechnet die Daten des Angeklagten verschaffen, um in diesem Forum seine Meinung zu sagen?“ Und noch eins konnte der Richter nicht verstehen: Wieso der Jurist, als er von dem Datenmissbrauch erfuhr, nicht sofort eine Strafanzeige erstattete.

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Zudem stehe der Angeklagte dem rechten politischen Spektrum offenbar nicht ganz fern: 2020 hatte der Anwalt auf der Kandidatenliste der AfD für die Kommunalwahl in Duisburg gestanden. Die Darstellung des 51-Jährigen, er sei ja nur ein Zählkandidat gewesen und habe keine wirklichen Ambitionen auf ein politisches Amt, hielt der Richter für eine reine Schutzbehauptung.