Duisburg. Ukrainische Kinder haben in Duisburg das Weihnachtstheater Vertep aufgeführt. Das hat in ihrer Heimat viel Tradition und ist immer politisch.
Eine Weihnachtstradition als Ausdruck von Widerstand – das von ukrainischen Kindern in Rheinhausen aufgeführte Vertep erlaubte sich so manche Stichelei in Richtung Russland. Politische Satire ist Teil dieser Form des Weihnachtstheaters, das in der ganzen Ukraine verbreitet ist. Ähnlich wie beim Krippenspiel wird dabei die biblische Geschichte um die Geburt des Jesuskindes nachgespielt. Doch anders als in Deutschland üblich, liegt der Fokus nicht auf der Reise von Joseph und der schwangeren Maria.
Im Mittelpunkt des Vertep stehen viel mehr die Heiligen Drei Könige und die Hirten, die sich auf die Suche nach dem neugeborenen Jesuskind begeben, um es vor dem Tötungsbefehl des König Herodes zu retten. Eine Rolle spielen dabei auch der Teufel und der Tod. Während der Teufel als Unruhestifter mit König Herodes zusammenarbeitet und ihn anstachelt, übernimmt der Tod anders als erwartet eine Heldenrolle: Das Theater endet damit, dass der Tod zu Herodes kommt und ihn zu sich holt. Ein so schlechter Mensch darf nicht mehr auf der Erde weilen.
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Vertep in Duisburg: Herodes in Putin-Manier
In ihrer langen, leidvollen Geschichte erlebte die Ukraine viele Kriege und Besatzungen. „Das Vertep war schon immer ein Ausdruck von Widerstand“, erklärt Lyudmyla Khomyak, eine der Gründerinnen der Union Ukrainischer Frauen. „Die Geschichten wurden immer an die politische Situation angepasst. So haben die Leute in den Dörfern auf ihre Art und Weise gegen die Besatzer gekämpft.“
Bei dem in der Freien evangelischen Kirche in Rheinhausen aufgeführten Vertep erklärte etwa König Herodes dem Publikum: „Ich habe jede Menge Gas und Öl, und damit werde ich euch alle kaufen.“ An Herodes’ Seite stand ein Soldat und führte unreflektiert die Befehle des Königs aus.
Neben der politischen und kulturellen Botschaft sollte das Theater vor allem Spaß und Ablenkung für die Kinder bringen. „Ich habe mich total gefreut, als Mama mir vorgeschlagen hat, bei dem Theater mitzumachen“, erzählt die 13-jährige Daria, die einen der Hirten spielte. „Ich habe auch in der Ukraine schon Theater gespielt und das hat mir hier sehr gefehlt. Außerdem habe ich auch neue Freunde gefunden.“
Ukrainische Frauen wollen ein Netzwerk aufbauen
Auch die Kleinsten hatten großen Spaß. Als Kosaken und Sternträger in ukrainischer Tracht tanzten und begleiteten sie das Theater und sangen bei den ukrainischen Weihnachtsliedern am lautesten mit.
Organisiert hat den Abend der sich gerade bildende Verein „Union Ukrainischer Frauen in Deutschland“. Die Gruppe um Kulturmanagerin Lyudmila Khomyak, die Künstlerinnen Iryna Dovhoruka und Olga Babinets, Gesangslehrerin Oskana Bondar und Rechtsanwältin Viktoriya Hryhorjeva möchten in den kommenden Monaten ein soziales Netz für Geflüchtete und schon länger in Deutschland lebende ukrainische Familien und ihre Kinder aufbauen.
„Für Januar bis März planen wir, verschiedene Angebote für Kinder zu starten“, erklärt Viktoriya Hryhorjeva. „Zum Beispiel eine Theatergruppe, ukrainischen Volkstanz, eine Physik-AG und eine Kunstgruppe.“ Auch eine Literaturgruppe in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut ist geplant.
Ukrainisches Festival in Duisburg geplant
„Im Mai möchten wir sogar ein kleines ukrainisches Festival in Duisburg organisieren“, erzählt Viktoriya Hryhorjeva. Dabei soll es verschiedene Stände mit ukrainischer Küche und Kultur sowie traditionellem Tanz und Musik geben. „Die deutsche Bevölkerung und die Menschen in Duisburg helfen uns so sehr. Da möchten wir ihnen etwas zurückgeben und ihnen zeigen, wer diese Menschen sind, denen sie helfen.“
Das Weihnachtstheater war schon mal ein Erfolg. Nach der Aufführung gab es noch ein offenes Buffet und einen kleinen Tanzkurs. Und einen redlich verdienten Applaus für die kleinen Hauptdarsteller.
>>DAS IST DIE UNION UKRAINISCHER FRAUEN
Die Union Ukrainischer Frauen in Deutschland organisiert verschiedene Angebote im Kultur-, Bildungs- , Kunst- und Sportbereich.
Neben Angeboten für Kinder soll es in Duisburg bald auch Gesprächsangebote für Erwachsene und eine anwaltliche Beratung für Geflüchtete geben.
Die Union freut sich über neue Mitglieder und Interessierte. Bald soll der Verein auch auf einer Internetseite zu finden sein.