Duisburg. Krieg, Sanktionen und Inflation beeinträchtigen den Zugverkehr zwischen Duisburg und China. So sehen Logistikfachleute die Zukunft der Routen.
Wie geht es weiter mit den Zugverbindungen zwischen China und Duisburg auf der sogenannten „Neuen Seidenstraße“? Diese Frage diskutieren seit Mittwoch rund 300 Logistikfachleute beim „European Silk Road Summit“ in Duisburg. Gastgeber in der Kraftzentrale im Landschaftspark Nord ist die Hafengesellschaft Duisport. „Wir sind bemüht, das internationale Netzwerk trotz aller Herausforderungen aufrecht zu erhalten“, sagt Vorstand Dr. Carsten Hinne mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, die Sanktionen gegen Russland und die durch die chinesische Null-Covid-Politik massiv gestörten internationalen Logistikketten.
Die Folgen von Krieg, Sanktionen und Inflation haben Duisburg längst erreicht
Die Auswirkungen der Multikrise sind längst im Duisburger Hafen angekommen. Aktuell hat sich die Zahl der Züge aus China, die nach dem Einbruch zu Beginn der Pandemie im vergangenen Jahr auf den bisherigen Spitzenwert von 60 Zügen pro Woche gestiegen war, fast halbiert. Wenig deutet auf eine kurzfristige Erholung hin, erklärt Jakub Walczak, der für die US-Spedition C.H. Robinson in Polen den Schienenverkehr managt. „Wir erwarten zwar eine Änderung der chinesischen Covid-Politik, aber Krieg und Sanktionen bleiben Risiken.“ Zu erwarten sei eine anhaltende Halbierung des Handelsvolumens auf der Schiene zwischen China und Deutschland gegenüber den Top-Werten von 2021.
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Walczak stützt seine Prognose auf die Indikatoren der Branche: Der Container-Index befindet sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im freien Fall, die Frachtraten sinken. Die Inflation und Zinsen, die in Osteuropa noch deutlich stärker gestiegen sind, belasten das Geschäft ebenso wie der schwache Eurokurs – die Geschäfte mit China werden in US-Dollar abgewickelt. „Frühestens in 2024 könnte sich die Lage normalisieren“, glaubt Jakub Walczak.
Alternativen zur transsibirischen Route sind weniger leistungsfähig
Alternativen zur russischen Nordroute stehen nicht ohne weiteres zur Verfügung. Längst vor Kriegsbeginn hat Duisport begonnen, sich abseits der transsibirischen Verbindung zu engagieren, mit Terminalbeteiligungen in Istanbul oder Triest. „Wir versuchen, in bestehende Netzwerken zu investieren“, sagt Vorstand Hinne.
Allerdings erfordert die Verbindung China-Usbekistan-Kasachstan-Aserbaidschan-Türkei nicht nur einen Seetransfer über das Kaspische Meer, sondern auch technische Aufrüstung. „Erst in einigen Jahren könnte sie eine gute Alternative sein“, sagt Jakub Walczak. Weiter südlich führt der Weg von China über Indien und Pakistan zwar auch gen Europa, aber durch den Iran. Für die Logistiker ist diese Route jedoch frühstens in den 2030er Jahren ein Option.
Chinas Generalkonsul will „neues Kapitel im Zugverkehr aufschlagen“
China wolle ungeachtet der Risiken ein „neues Kapitel im Zugverkehr aufschlagen“, betont Chunguo Du. Der Düsseldorfer Generalkonsul zitiert die Belt&Road-Initiative von Staatschef Xi Jinping. China wolle „die Beziehungen zum beiderseitigen Vorteil ausbauen, damit auch weitere Partner entlang der Routen profitieren können“.
Auf der Suche nach Hoffnungszeichen in der Krise stößt der Konsul ebenso wie der Duisburger Hafenvorstand auf den ersten Zug, der im November nach Fahrplan in zehn Tagen zwischen der China-Metropole Xi’an und Duisburg verkehrte.
Im Frachtverkehr führt der Seetransport weiter mit großem Abstand
Ziel müsse es sein, die Korridore „effizienter, durchlässiger und schneller zu machen“, sagt Wen Zhang aus der Niederlassung der chinesischen Staatsbahn CRTC in Duisburg. Die niedrigeren Emissionen auf der Schiene im Vergleich zum Schiff und Flugzeug sprächen langfristig für den Zug.
Die Tendenz bestätigt diese Vermutung: Nur 17 Züge rollten 2011 auf der Neuen Seidenstraße, schon 15.000 waren es 2021 auf den Routen, die 169 Städte in 23 Ländern verbinden. Das Volumen im Vergleich zur Seefracht bleibt dennoch gering: Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr als 24.000 Standard-Container (TEU) pro Monat auf der Schiene transportiert – das entspricht einer einzigen Ladung der MS Irene, des weltweit größten Frachters.
STICHWORT: EUROPEAN SILK ROAD SUMMIT
- Die zweitägige Konferenz der Schienenlogistiker wird organisiert von der Rotterdamer ProMedia Group. Die sechste Auflage der Veranstaltung fand erstmals außerhalb der Niederlande statt.
- Das Programm startete am Mittwoch mit einer Hafenrundfahrt für die Teilnehmer, die dann bis zum Donnerstagabend Vorträge und Diskussionsrunden in der Kraftzentrale des Landschaftsparks hörten.
- Angemeldet hatten sich rund 300 Gäste aus 28 Ländern, darunter die Anrainerstaaten der aktuellen Zugstrecken wie Kasachstan oder künftiger Schienenverbindungen wie Pakistan.