Duisburg. Die deutsche Nationalelf ist in die umstrittene WM in Katar gestartet. Was in Duisburger Kneipen los war und was Fans von einem Boykott halten.

„Olé, olé, olé“-Gesänge Fehlanzeige – der WM-Start der deutschen Mannschaft ging in Duisburgs Kneipen eher verhalten über die Bühne. Am Ende verhagelte die Niederlage gegen Japan auch noch das bisschen Stimmung, das es gab.

„Zum Hocker“ in Bissingheim, 14 Uhr. Gerade einmal 17 Fans sind beim Anpfiff dabei, nur zwei tragen Deutschland-Trikots. Immerhin ein paar schwarz-rot goldene Girlanden sind zu sehen. „Bei der letzten EM war unsere Terrasse mit 240 Plätzen rappelvoll“, sagt Hocker-Mitarbeiter Cosmim Ardeanu. „Jetzt im Winter und zu dieser Uhrzeit hat man ja auch nun wirklich nicht das Gefühl, dass WM ist.“ Die Uhrzeit ist sicher auch der Grund, warum er seinen Gästen fast mehr Kaffee als Bier serviert.

Ausschließlich Stammgäste gucken das Spiel in Duisburgs „Zum Hocker“

Gegen Japan sind ausschließlich Stammgäste im „Zum Hocker“. Wie Wolfgang Grewe, Vorsitzender von ETuS Bissingheim: „Eine WM ist für mich als Fußballer das Größte. Für einen Boykott war zwölf Jahre Zeit. Von den Aktionen jetzt halte ich gar nichts. Man muss auch an die älteren Spieler denken. Für die ist es vielleicht die letzte WM.“ Auch Kirsten Späh will sich die Spiele anschauen: „Ich finde schon krass, dass der DFB keine Flagge zeigt. Aber unsere Jungs können ja nichts dafür. Außerdem will ich mir den Spaß nicht nehmen lassen.“

Fußball gucken unter der Regenbogenfahne: Der Finkenkrug verzichtet bei dieser WM auf die sonst übliche Deutschland-Deko. Die Duisburger Kneipe will ein Zeichen für Menschenrechte setzen und spendet an Amnesty International. Die Gäste werden aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen.
Fußball gucken unter der Regenbogenfahne: Der Finkenkrug verzichtet bei dieser WM auf die sonst übliche Deutschland-Deko. Die Duisburger Kneipe will ein Zeichen für Menschenrechte setzen und spendet an Amnesty International. Die Gäste werden aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Ortswechsel: Auch im Finkenkrug am Sternbuschweg ist von Fußballeuphorie nichts zu spüren. Eher gedämpfter Jubel, als Gündogan in der 33. Minute einen Elfmeter zum 1:0 verwandelt. „Hintergrundgeräusche“ nennt das eine Studentin, die in aller Ruhe für die Uni arbeitet und für das Spiel nur ab und an einen Seitenblick übrig hat. Aber immerhin rund 40 Fans sind für Neuer und Co. gekommen.

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Im Finkenkrug ist vieles anders als bei einer „normalen“ WM

„Wir haben im Team diskutiert, ob wir die Spiele zeigen wollen“, erzählt Finkenkrug-Mitarbeiter Victor Hausmann. „Viele waren ganz dagegen. Aber letztlich haben wir uns aus wirtschaftlichen Gründen dafür entschieden. Die Leute wollen gucken. Wenn es bei uns nicht geht, gucken sie woanders.“ Trotzdem ist einiges anders als sonst bei großen Turnieren: Deutschlandfahnen, -wimpel oder -girlanden gibt es keine, einzig eine große Regenbogenfahne ziert den Wintergarten. Und überall auf den Tischen stehen Aufsteller mit einer Botschaft: „Wir werden mit einer Spende an Amnesty International unsere Haltung deutlich machen. Schließt euch an!“

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Patrick Kiefer und Christian Menke haben eine Vorlesungspause genutzt, um sich das Spiel im Finkenkrug anzusehen. „Wir haben gerade noch diskutiert, ob wir die WM boykottieren sollen. Im Nachhinein ist klar, dass man auch unsere WM in Deutschland hätte boykottieren müssen. Es geht doch immer nur ums Geld“, meint Patrick Kiefer. Die beiden Kommilitonen haben beschlossen, dass sie die Spieler unterstützen wollen. „Jetzt ist es eh zu spät für einen Boykott. Ich glaube nicht, dass sich etwas wegen geringer Einschaltquoten bewegt“, sagt Christian Menke.

Am Sonntag, wenn die Nationalmannschaft um 20 Uhr gegen Spanien antritt, sieht die Welt in den Kneipen anders aus: „Da wird es bei uns voll. Wir haben schon jede Menge Reservierungen“, sagt Cosmim Ardeanu. Und auch im Finkenkrug werden mehr Gäste erwartet.