Duisburg. Warum es für zwei neue Kitas in Duisburg keine Mietverträge gibt. Und warum sich Träger und Stadt um die Finanzierung aller Kitas streiten.

Die Jagd nach einem Kindergartenplatz bleibt in Duisburg für viele Eltern das erste große Abenteuer ihres Familienlebens. Geplante Neubauten erleichtern die Marktlage kaum, weil durch die gestiegenen Baukosten höhere Mieten aufgerufen werden, die die Träger nicht zahlen können.

Wie sich das Dilemma auflösen lässt, sollte nach einem städtischen Plan Ende November im Rat beschlossen werden. Stattdessen ist die Idee nunmehr Diskussionsgrundlage für eine Arbeitsgruppe mit Träger-Vertretern und städtischen Mitarbeitern, die das Betreiben einer Kindertagesstätte in Duisburg überhaupt möglich machen soll.

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Finanzierung der Kindergärten in Duisburg auf dem Prüfstand

Die Duisburger Träger verlangen eine pauschale Übernahme der Trägeranteile, die stufenweise steigen soll, bis sie im Jahr 2027 bei 100 Prozent liegt. Der Trägeranteil beträgt bei kirchlichen Trägern 10,3 Prozent, bei freien Trägern 7,8 Prozent. Die Stadtverwaltung hat errechnet, dass der Mehrbedarf durch eine 100-Prozent-Übernahme im städtischen Haushalt bei 7,5 Millionen Euro liegen würde.

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Der Gegenvorschlag der Kommune sieht einen pauschalen Zuschuss von 40 Prozent vor und weitere 20 Prozent auf Antrag. Das würde hochgerechnet etwa 2,3 Millionen Euro kosten und entspricht etwa dem, was die Sonderzuschüsse bisher gekostet haben.

Sie wurden Trägern gewährt, deren Kita-Betrieb in Gefahr war, weil sie ihren Eigenanteil nicht leisten konnten. Dirk Tänzler, der Sprecher der AG der Wohlfahrtsverbände findet, dass es dank der Gespräche Fortschritte gebe und man „auf einem guten Weg“ sei.

Eltern haben einen Rechtsanspruch gegenüber den Kommunen

Fakt ist: Es besteht ein Rechtsanspruch auf Betreuung ab Ende des ersten Lebensjahres gegenüber der Kommune. Fakt ist auch, dass es für die Stadt wirtschaftlicher ist, Sonderzuschüsse zu gewähren als Einrichtungen in eigener Trägerschaft zu betreiben, das ergab eine Vergleichsberechnung. Die Stadt ist also auf nichtkommunale Träger angewiesen. Im letzten Kita-Jahr haben 29 Träger 121 Einrichtungen betrieben. Die Zahl derer, die Sonderzuschüsse beantragen, hat sich in den letzten drei Jahren laut Stadtverwaltung verdoppelt.

Stand jetzt muss aber jeder Einzelfall aufwendig geprüft werden. Durch den gleichbleibenden Personalstand im Rathaus entstehen lange Bearbeitungszeiten, die die Planung der Träger einschränke, dadurch „entstehen immer wieder Unsicherheiten zum Fortbetrieb oder der Erweiterungen von Einrichtungen, welche in Duisburg weiterhin dringend benötigt werden“, merkt die Stadtverwaltung selbstkritisch an.

In Rheinhausen baut die Gebag eine sechsgruppige Kindertagesstätte, die in der Trägerschaft der ZOK GmbH sein soll. Unser Archivbild zeigt den Baufortschritt im August 2022 an der Kreuzung In den Peschen / Flutweg.
In Rheinhausen baut die Gebag eine sechsgruppige Kindertagesstätte, die in der Trägerschaft der ZOK GmbH sein soll. Unser Archivbild zeigt den Baufortschritt im August 2022 an der Kreuzung In den Peschen / Flutweg. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Fertige Kita für den VKM hängt in der Luft

Anette Käbe reicht das 40-Prozent-Angebot der Stadt nicht. Die Geschäftsführerin des Vereins für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung will an der Oberen Kaiserswerther Straße in Wanheim eine sechsgruppige Kita für 105 Kinder eröffnen. Der Gebag-Bau wird Ende November abgenommen, über 40 Eltern warten bereits auf einen Platz, aber der Mietvertrag ist nicht unterschrieben. Wie berichtet, fordert die Gebag wegen der gestiegenen Baukosten über 18 Euro Miete pro Quadratmeter. Daraufhin verweigerte der VKM wie auch die ZOK-GmbH, die eine ähnlich große Kita in Rheinhausen eröffnen will, eine Vertragsunterzeichnung.

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Das Logo ist bereits angebracht, der Start der Kita ist fraglich: Zwischen Gebag und Trägern gibt es Streit um die Mieten. Am Montag wird das Problem im Rat diskutiert.
Von Annette Kalscheur und Martin Ahlers
Anette Käbe, Geschäftsführerin des Vereins für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Duisburg e.V., möchte gern im nächsten Jahr die erste Kita in eigener Trägerschaft eröffnen.
Anette Käbe, Geschäftsführerin des Vereins für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Duisburg e.V., möchte gern im nächsten Jahr die erste Kita in eigener Trägerschaft eröffnen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Der Kämmerer habe jetzt zugesagt, dass der VKM lediglich die über das Kibiz-Gesetz finanzierten 11,37 Euro zahlen muss, berichtet Geschäftsführerin Anette Käbe. Sie hat die Vertragsentwürfe vorliegen, unterschrieben hat sie sie noch nicht. Wenn die Stadt nur maximal 60 Prozent des Trägeranteils pauschal übernehmen will, wo soll dann der Rest herkommen, fragt sie? Als gemeinnütziger Verein könne man keine Gewinne machen, also auch nichts querfinanzieren.

Trägeranteil mit Trödelmärkten und Sommerfesten erwirtschaften?

Warum die Träger einen Eigenanteil stemmen sollen, ist ihr ohnehin ein Rätsel. In der von Oberbürgermeister Sören Link und Dezernent Paul Bischof unterschriebenen Vorlage wird beschrieben, welch „kreative“ Wege die Träger gehen, um an das Geld zu kommen: „Die Umsetzung geht beispielsweise von der Akquise von Spenden Dritter, über die Veranstaltung von Trödelmärkten, Sommerfesten mit Tombola, etc. im Kindergarten und dessen Erlöse, bis zur teilweisen Finanzierung über die Kirchensteuer und der Erhebung von zusätzlichen Elternbeiträgen oder Übernahme von Tätigkeiten in Elternarbeit.“ Käbe bringt das auf die Palme: „Das ist unverschämt, dass von uns erwartet wird, Benefizveranstaltungen zu organisieren, um Kitas für die Stadt Duisburg zu betreiben.“ Zumal die Betriebskosten durch steigende Tariflöhne und höhere Energiekosten „davonlaufen“.

Trotz aller Unsicherheiten stellt sie zu Dezember eine Kita-Leitung ein, die dann weitere 24 Kräfte akquirieren soll, „Abwerbungen“, wie Käbe sagt. „Wir freuen uns ja auf die kleinen Leute, sie haben es verdient.“

Deshalb kümmert sie sich auch darum, dass das Außengelände vergrößert wird, weil es noch nicht den Empfehlungen des Landes-Jugendamtes entspreche. Sie sorgt dafür, dass das Haus barrierefrei wird, weil da die Gebag hier und da nicht daran gedacht habe. Und in der Theorie organisiert sie auch die Innenausstattung. Allerdings kann sie Möbel und Küchengeräte erst über Landesmittel bestellen, wenn der Mietvertrag vorliegt, aber ach – siehe oben.

>>MISSACHTUNG DER POLITISCHEN OPPOSITION

  • Ratsherr Dr. Sebastian Ritter von den Grünen beklagte, dass die Vorlage, die weitreichende Folgen für die Stadtkasse haben könnte, erst freitags verschickt wurde für einen Ausschuss am Montag. So könne man sich kaum vorberaten geschweige abstimmen.
  • Im Ausschuss wurde dann beschlossen, dass es sich um eine erste Lesung des Vorschlags handelt und eine Entscheidung im Januar gefällt werden soll, nachdem eine Arbeitsgemeinschaft eine Lösung ausgehandelt hat.