Duisburg. Impfpflicht in Pflege und Co.: So viele Beschäftigungsverbote hat das Gesundheitsamt in Duisburg für Ungeimpfte verhängt. Was Träger sagen.

Das Gesundheitsamt in Duisburg hat rund sieben Monate nach Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht zum ersten Mal mitgeteilt, dass Betretungs- und Tätigkeitsverbote für Pflege- und Gesundheitspersonal in den betroffenen Bereichen verhängt worden sind – insgesamt 38, davon 13 in Krankenhäusern, elf in Senioren- und Pflegeheimen und 14 in sonstigen Einrichtungen wie zum Beispiel Arztpraxen. Dies teilte Stadtsprecher Jörn Esser auf Nachfrage der Redaktion mit.

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Stand Mitte Juli hatten die Arbeitgeber dem Gesundheitsamt 659 ungeimpfte Beschäftigte gemeldet. Davon arbeiteten 373 nach Angaben der Stadt in einem Krankenhaus, 165 in Senioren- und Pflegeheimen und 121 in sonstigen Einrichtungen. Bei der Mehrzahl der Betroffenen lag damals ein Immunitätsnachweis vor, bei 192 Beschäftigten aber noch nicht. Laut Stadtsprecher Jörn Esser sind derzeit noch wenige, insgesamt 18 Fälle in Bearbeitung, bei denen noch nicht absehbar ist, ob ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen ist.

Impfpflicht in Pflege und Co.: Viele Unabkömmlichkeitserklärungen in Duisburg

In 153 Fällen habe die jeweilige Einrichtung nachvollziehbar dargestellt, dass die Personen für die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes unentbehrlich seien. Das Gesundheitsamt habe diese Erklärungen in allen Fällen sehr ernst genommen und das Verfahren daraufhin eingestellt. „Der Personalmangel ist grundsätzlich das Hauptkriterium hinsichtlich der Unabkömmlichkeit“, so Esser.

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Solche Unabkömmlichkeitserklärungen hat auch das Evangelische Christophoruswerk abgegeben, der stadtweit größte Anbieter mit Angeboten in der Altenpflege. „Bisher hat das Gesundheitsamt bei uns ein Betretungs- beziehungsweise Beschäftigungsverbot ausgesprochen“, sagt Vorstand Ulrich Christofczik. „Es sind aber auch noch nicht alle Verfahren abgeschlossen.“

Träger berichten von sehr hohen Impfquoten

Christofczik hatte die einrichtungsbezogene Impfpflicht frühzeitig scharf kritisiert und als „lächerlich“ bezeichnet. Sie binde sowohl bei den Trägern als auch beim Gesundheitsamt „unnötig Ressourcen, die an anderer Stelle besser genutzt werden könnten“. Er verweist auf die ohnehin sehr hohe Impfquote. „Im Christophoruswerk sind 36 von rund 1600 Mitarbeitern nicht oder nicht ausreichend geimpft“, betont Christofczik, der gleichzeitig Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe ist. In den dortigen Einrichtungen seien es 16 von rund 900 Beschäftigten. „Auch hier hat es bisher ein Betretungs- beziehungsweise Beschäftigungsverbot gegeben.“

Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks in Duisburg, hatte die einrichtungsbezogene Impfpflicht früh scharf kritisiert.
Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks in Duisburg, hatte die einrichtungsbezogene Impfpflicht früh scharf kritisiert. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Michael Harnischmacher, Geschäftsführer der Awocura, die fünf Alten- und Pflegeheime in Duisburg betreibt, hatte dagegen nach eigenen Angaben zwei ungeimpfte Mitarbeiter bereits mit Inkrafttreten der Impfpflicht vom Dienst freigestellt. Das Gesundheitsamt habe im Nachgang auch für beide ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen.

Awocura stellte zwei ungeimpfte Mitarbeiter früh vom Dienst frei

„Ich hätte das sonst nicht gegenüber den vielen Beschäftigten, die sich haben impfen lassen, vertreten können“, so Harnischmacher. „Von unseren 500 Mitarbeitern in der Pflege haben sich vielleicht eine Handvoll nicht impfen lassen. Eine weitere Handvoll ungeimpfte Mitarbeiter haben ärztliche Atteste vorgelegt.“

Awocura-Geschäftsführer Michael Harnischmacher hatte früh zwei ungeimpfte Mitarbeiter vom Dienst freigestellt, führt aber nun erste Gespräche zum Wiedereinstieg.
Awocura-Geschäftsführer Michael Harnischmacher hatte früh zwei ungeimpfte Mitarbeiter vom Dienst freigestellt, führt aber nun erste Gespräche zum Wiedereinstieg. © Awocura

Der Awocura-Geschäftsführer betont aber, dass trotz der Freistellungen beziehungsweise Beschäftigungsverbote niemandem gekündigt worden sei. „Wir führen schon jetzt erste Gespräche über den Wiedereinstieg“, so Harnischmacher.

Erlass gilt vorerst bis Jahresende

Der Hintergrund: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt aktuell noch bis 31. Dezember 2022. Und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte sich bereits im Juli offen dafür ausgesprochen, den entsprechenden Erlass über das Jahresende hinaus nicht zu verlängern. Die Impfung schließe Ansteckungen nicht aus. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei deshalb „nicht mehr das Nonplusultra“ und müsse vom Bundesgesetzgeber „dringend auf den Prüfstand“ gestellt werden.

Das Gesundheitsamt in Duisburg geht davon aus, bis Ende des Jahres alle noch offenen Verfahren abzuschließen. „Bis zum möglichen Auslaufen einer Impfpflicht sind wir verpflichtet, die Verfahren weiter zu verfolgen und kommen dieser Verpflichtung nach, indem wir die Prozesse kontinuierlich weiter bearbeiten“, sagt Stadtsprecher Jörn Esser.

>> BRIEF AN LAUTERBACH: ENDE DER IMPFPFLICHT GEFORDERT

  • Aktuell haben Sachsen, Bayern und Thüringen gemeinsam ein Ende der Impfpflicht für das Personal in Gesundheit und Pflege gefordert. Die drei Landesgesundheitsminister Petra Köpping (SPD), Klaus Holetschek (CSU) und Heike Werner (Linke) setzen sich einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dafür ein, die zum Jahresende auslaufende Impfpflicht nicht zu verlängern, wie die Politiker am Donnerstag mitteilten.
  • Grund ist die Befürchtung, dass diese den Personalmangel im Gesundheitswesen noch verschärft. Die Initiative ging von Sachsen aus.
  • Lauterbach macht eine Verlängerung der Impfpflicht bislang vom Verlauf der Herbst- und Winterwelle abhängig. (mit dpa)