Duisburg. Prozessauftakt in Duisburg: Clan-Mitglieder sollen einen Marxloher Juwelier überfallen haben. Die Beute bleibt verschwunden. So lief der Raub.

Es war ein filmreifer Raub im Herbst 2021 auf der Weseler Straße in Duisburg-Marxloh: Fünf Täter machten bei dem Überfall auf einen Juwelier wohl Beute im Wert von etwa einer Million Euro – und konnten damit zunächst fliehen. Die Suche nach den Räubern führte die Kripo tief ins Milieu krimineller libanesischer Clans. Nach langer Vorarbeit schnappten Einsatzkräfte einer Spezialeinheit die Tatverdächtigen im Februar bei einer Razzia in den Stadtteilen Laar und Marxloh. Am Mittwoch hat vor dem Duisburger Landgericht der Prozess gegen drei 23 bis 34 Jahre alte Duisburger begonnen.

Laut Anklage nutzten die rigoros agierenden Täter am Morgen des 11. Oktober den Überraschungseffekt: Als der Angestellte des Juweliergeschäfts den Laden aufschließen wollte, passten sie ihn im Treppenhaus ab. Sie sollen ihn niedergeschlagen, gefesselt und ihm den Schlüsselbund entrissen haben, den er um den Finger trug. Dabei sollen sie dem Mann den linken Mittelfinger gebrochen haben. Mit den Schlüsseln öffneten sie den Tresor und Vitrinen, räumten diese leer. Ihre Beute: Schmuck und Goldbarren.

Überfall auf Juwelier in Duisburg-Marxloh: Räuber kannten Fluchtweg

Die Gruppe war offenbar gut vorbereitet, kommunizierte während des Überfalls wohl sogar über „Einweg-Handys“: Einer der Angeklagten soll in der Nähe des Tatortes an der belebten Geschäftsstraße mit dem Fluchtwagen gewartet haben. Ihm wird nur Beihilfe vorgeworfen. Die beiden anderen Angeklagten sollen gemeinsam mit zwei weiteren Männern den eigentlichen Überfall begangen haben. Letztere müssen sich allerdings in einem gesonderten Verfahren verantworten.

Die Räuber sollen dem Juwelier gegen 8.30 Uhr im Treppenhaus aufgelauert haben, durch das er von seiner im gleichen Haus liegenden Wohnung zu einem Eingang des Geschäfts gehen wollte. Der Mann soll noch versucht haben, zurückzuschlagen. Doch gegen vier Angreifer hatte er keine Chance. Sie überwältigten ihn, drohten dabei mit einer Pistole.

Beute gilt bis heute als verschwunden

Auch ihre Flucht hatten die Täter wohl bis ins Detail geplant: Mit ihrer Beute sollen die offenbar höchst ortskundigen Täter durch Hinterhöfe und Keller zum Fluchtwagen entkommen sein.

Die Beute soll anschließend zwischen allen fünf Beteiligten geteilt worden sein. Sie gilt bis heute als verschwunden.

Bei einer Razzia am 23. Februar 2022 durchsuchte die Polizei elf Wohnungen und die Räume eines deutsch-libanesischen Vereins an der Friedrich-Ebert-Straße.
Bei einer Razzia am 23. Februar 2022 durchsuchte die Polizei elf Wohnungen und die Räume eines deutsch-libanesischen Vereins an der Friedrich-Ebert-Straße. © Foto: Stefan Arend

Die drei Angeklagten wohnen alle in der Nähe des überfallenen Geschäfts. Festgenommen worden waren sie am 23. Februar. Zuvor hatten die langwierigen Ermittlungen letztlich Hinweise auf libanesische Clan-Kriminalität geliefert.

Die Polizei durchsuchte in den Morgenstunden unter anderem mehrere Wohnungen und die Räume eines deutsch-libanesischen Kulturvereins in Laar. Seitdem sitzen zwei der Angeklagten in Untersuchungshaft. Der 23-Jährige befindet sich auf freiem Fuß.

Ermittler stoßen auf hartnäckiges Schweigen

Zum Prozessauftakt wollten die drei Männer auf der Anklagebank sich weder zur Sache noch zur Person äußern. Sie schwiegen bereits seit den Festnahmen hartnäckig. Das ist wenig überraschend. Immer wieder stoßen die Ermittler im Clan-Milieu auf ein Schweigen, das an die „Omertà“, die Schweigepflicht der italienischen Mafia-Familien erinnert. Die deutsche Justiz lehnen die Clan-Mitglieder größtenteils ab.

Nach der Festnahme schwiegen die Angeklagten hartnäckig.
Nach der Festnahme schwiegen die Angeklagten hartnäckig. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Allerdings sprach im Gerichtssaal der Verteidiger des 23-Jährigen und stellte einen Beweisantrag: Er fordert die Vernehmung zweier Zeugen. Diese sollen bestätigen, dass sein Mandant am Tattag vom frühen Morgen bis 18 Uhr abends für eine Security-Firma im Einsatz war. Er soll den Braunkohleabbau in Garzweiler vor Aktivisten beschützt haben.

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Auch zu weiteren Vorwürfen wollten die Angeklagten nichts sagen. Einer von ihnen soll versucht haben, in einer Apotheke im Duisburger Norden ein gefälschtes Impfzeugnis digitalisieren zu lassen. Ein anderer soll über Monate Geld vom Jobcenter kassiert haben – und dabei verschwiegen haben, dass er über beträchtliches Vermögen und eine Immobilie verfügt.

>>Prozess gegen Clan-Mitglieder: Sechs weitere Verhandlungstage angesetzt

  • Den Männern wird in dem Verfahren schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
  • Für den Prozess sind bis Ende des Monats sechs weitere Verhandlungstage vorgesehen.