Duisburg. Die jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen hat das Neujahrsfest Rosh Hashanah gefeiert. Warum sich viele Juden zurzeit Sorgen machen.

Das Jahr 5783 nach jüdischer Zeitrechnung hat begonnen. Rosh Hashanah, „Kopf des Jahres“, heißt das Neujahrsfest, in dessen Anschluss die jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen jetzt zu einem Empfang lud. Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Gemeinde, begrüßte nach dreijähriger Corona-Pause Vertreter und Vertreterinnen aus allen drei Kommunen im Gemeindezentrum am Springwall in Duisburg und bedankte sich für die Unterstützung in schwierigen Zeiten. Der Dank kam postwendend zurück.

In seinem Grußwort betonte der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz die wichtige Vermittlerrolle, die viele Gemeindemitglieder bei der Ankunft der ukrainischen Kriegsflüchtlinge geleistet hätten. Ihre Übersetzer- und Lotsendienste hätten wesentlich dazu beigetragen, den Neuankömmlingen, von denen zur Zeit 3100 allein in Oberhausen lebten, die Integration zu erleichtern. „Eigentlich ist das jüdische Neujahr ja ein sehr fröhlicher Feiertag,“ erinnerte Schranz, „aber in diesem Jahr ist es durch Ereignisse wie Krieg und Energiekrise vielfach überschattet“.

Antisemitismus in Deutschland: Hemmungen haben abgenommen

Schranz beobachtet mit Schrecken, dass es immer noch Demonstranten gibt, die mit gelben Sternen an der Jacke den millionenfachen Tod im Holocaust zu relativieren versuchen. Sein Fazit daraus war, dass die Hemmungen beim Zeigen von Antisemitismus deutlich geringer geworden seien. Zum Abschluss betonte er für alle drei Städte: „Es ist sehr wichtig, dass wir alle zu dieser offenen Gesellschaft gehören. Wer Sie attackiert, der greift uns alle an.“

Zum Neujahrsempfang waren Vertreter aus allen drei Kommunen geladen.
Zum Neujahrsempfang waren Vertreter aus allen drei Kommunen geladen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Mit dem alltäglichen Antisemitismus beschäftigt sich auch der Regisseur, Comedian und Schauspieler Gerd Buurmann, der die Festrede hielt. Er forderte die Zuhörenden auf, weniger bei allen anderen nach den Spuren einer antijüdischen Haltung auszuschauen und mehr im eigenen Herzen nach den dunklen Ecken zu forschen, die jeder Mensch habe. „Wenn du einen Juden für etwas kritisierst, dass du allen anderen durchgehen lässt, dann ist das antisemitisch“, sagte er mit Blick auf viele Diskussionen über die Politik des Staates Israel.

Er forderte die anwesenden Politiker auf, die jüdische Gemeinde öfter zu freudigen Anlässen aufzusuchen, um gemeinsam das Leben zu feiern und nicht nur zu den Gedenktagen. „Was würden Sie von Nachbarn halten, die zu jeder Beerdigung kommen, aber zu keinem einzigen Geburtstag?“

Die religiöse Bedeutung des jüdischen Neujahrsfestes

Als letzter Redner wies der Oberrabbiner David Geballe auf die religiöse Bedeutung des jüdischen Neujahrsfestes hin. „Unsere Weisen sagen, dass am Rosh Hashanah alle Menschen von Gott gerichtet werden“, führte er aus. Man nehme sich daher gerne viel vor, um es im nächsten Jahr besser, also gottgefälliger zu machen, sollte seine Ziele aber realistisch halten.

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Die Antwort auf die Wirren dieser Zeit sei aber keinesfalls die, für die sich die Italiener bei der jüngsten Wahl entschieden hätten, sagte der Geistliche mit Blick auf den Wahlerfolg für das Rechtsaußen-Bündnis.

Trotz aller angesprochenen Probleme wünschte die Gemeinde ihren Gästen mit dem traditionellen Gruß „ein gutes und süßes Jahr“ und lud im Anschluss zum Plaudern bei koscheren Köstlichkeiten ein. Die junge Pianistin Lezanti van Sittert begleitete den Abend mit virtuos vorgetragener Klaviermusik.

>>ROSH HASHANAH: ZÄHLUNG VOM BEGINN DER WELT AN

Das Jahr 5783 der jüdischen Zeitrechnung versteht sich nach den biblischen Erzählungen als Geschichte der ganzen Menschheit von der Schöpfungsgeschichte mit den ersten Menschen Adam und Eva an.

Man wünscht sich gegenseitig zu diesem Feiertag ein gutes und süßes Jahr und unterstützt die Hoffnung auf die kommende Süße mit dem Verzehr von Apfelscheiben, die in Honig getaucht wurden.