Duisburg. Der Auftakt der Philharmonischen Konzerte verband Gustav Mahler mit Yijie Wang. Das Konzert stellte die prominenten Gesangssolisten vor Probleme.

Chinesische Verkaufsstände und Dekorationen auf dem Vorplatz stimmten bereits auf das China-Fest ein. Auch der Auftakt der Philharmonischen Konzerte in der Mercatorhalle stand ganz im Zeichen des Reichs der Mitte. Und zwar mit der raffinierten Kopplung von Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ mit einem Auftragswerk der chinesischen Komponistin Yijie Wang.

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Dahinter verbergen sich als Intermezzi konzipierte Reflektionen auf Motive und Stimmungen des Mahler-Werks für das mit traditionellen Instrumenten besetzte „Five Elements-Ensemble“. Unter Leitung von Kerou Liu ergänzten acht mit chinesischen Lauten, Kniegeigen, Bambusflöten und Schlagwerken ausgerüstete Musikerinnen und Musiker die symphonischen Klänge Mahlers mit authentischen Klanglandschaften ihrer Heimat.

„Die chinesische Flöte“: bedingt authentische Übertragung

Die Komponistin ging dabei so behutsam vor, dass das Ensemble sogar ein Zwischenspiel in Mahlers Schlussgesang nahtlos übernehmen konnte. Und auch die neu komponierten „Intermezzi“ passte die Komponistin stilistisch einfühlsam den Gesängen Mahlers an. Interessant, dass ihr dabei authentische, alles andere als folkloristisch verkürzte Impressionen gelungen sind, obwohl Mahler vor 114 Jahren über keine fundierten Kenntnisse von der traditionellen chinesischen Musik zur Verfügung standen und sich mit klischeehaften pentatonischen Effekten begnügen musste.

Das Urteil des Kritikers: „Christa Mayers Stimme fehlte für die weitgeschwungenen Klagegesänge die balsamische Wärme.“
Das Urteil des Kritikers: „Christa Mayers Stimme fehlte für die weitgeschwungenen Klagegesänge die balsamische Wärme.“ © Maria Laforge

Als bedingt authentisch können jedoch die freien Übertragungen von sechs chinesischen Liedtexten aus Hans Bethges Sammlung „Die chinesische Flöte“ akzeptiert werden. Auch wenn es sich um einen Gesangs-Zyklus handelt, überwiegt doch der symphonische Charakter des Werks aus Mahlers letzten, schon von schweren Krankheiten überschatteten Lebensjahren. Vier elegisch ruhigen, im abschließenden „Abschied“ Endzeitstimmung beschwörenden Liedern für Mezzosopran sind drei vorwärtsdrängende, quasi die letzten Kräfte bündelnde Gesänge für Tenor gegenübergestellt.

Erstaunlich, dass sich bei den prominenten Gesangssolisten der gleiche Eindruck einstellte wie bei ihren Auftritten bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen: Von Klaus Florian Vogt verstand man fast jedes Wort, von Christa Mayer kein einziges. Und das, obwohl Mahler gerade die meist ruhig und dynamisch zurückhaltenden Frauenlieder äußerst rücksichtsvoll instrumentierte. Im Gegensatz zu den kraftvollen Tenor-Liedern, die die eher lyrisch geprägte Stimme von Klaus Florian Vogt an ihre Grenzen brachte, was sich auch in einigen Intonationstrübungen niederschlug. Und Christa Mayers Stimme fehlte für die weitgeschwungenen Klagegesänge die balsamische Wärme. Vokal ließ die Aufführung also manchen Wunsch unerfüllt.

Nicht nur für den allein 30-minütigen „Abschied“ sind das natürlich keine idealen Voraussetzungen, auch wenn die langen symphonischen Zwischenspiele manches auffangen können.

Überzeugendes Beispiel für Suche nach neuen Konzertformaten

Das gelang Axel Kober mit den Duisburger Philharmonikern auch weitgehend, obwohl Kober den Gesamtklang eher auf helle Brillanz als auf abgedunkelte Schattierungen ausrichtete. Allerdings auf so hohem Niveau, dass seine Werksicht den Rahmen interpretatorischer Freiheiten nicht sprengte.

Ein Abend, der seinen Reiz vor allem durch die Symbiose westlich geprägter Klänge spätromantischer Symphonik mit traditionell verwurzelten Elementen chinesischer Musikströmungen bezog. Entsprechend begeistert fiel der lang anhaltende Beifall für alle Beteiligten aus. Und zugleich bot sich der Abend als überzeugendes Beispiel für die Suche der Duisburger Philharmoniker nach neuen Konzertformaten an. Ganz im Sinne des BKM-Förderprogramms „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“.

>> DAS NÄCHSTE PHILHARMONISCHE KONZERT

  • 2. Philharmonisches Konzert in der Mercatorhalle: am Mittwoch, 19. Oktober/Donnerstag, 20. Oktober, Beginn: 19 Uhr.
  • Thema: „Wiener Melange“. Gespielt werden Johann Strauß (Sohn): „An der schönen blauen Donau“ op. 314; Erich Wolfgang Korngold: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35; Gustav Mahler: „Blumine“; Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90.
  • Karten: 10 bis 39 Euro (ermäßigt: 5 bis 19,50 Euro); Theaterkasse Duisburg, Opernplatz, Telefon: 0203 283 62-100 (Karten), -110 (Abonnements); Mail: karten@theater-duisburg.de und abo@theater-duisburg.de.