Duisburg. Trockene Frühjahre und Sommer bedrohen die Straßenbäume. Ein Baumpfleger über alte Fehler, neue Strategien und Anwohner, die Bäume nicht gießen.

Der Klimawandel macht den rund 51.000 Duisburger Straßenbäumen zunehmend zu schaffen. „Wegen Trockenstress und Luftmangel in der Wurzel nehmen Komplexerkrankungen zu“, berichtet Henning Hürten, Arbeitsgruppenleiter Baumpflege bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg (WBD).

Gefragt sind Maßnahmen und Strategien, die den Bäumen das Überleben erleichtern. Doch mit Wasser allein ist es längst nicht mehr getan, sagt der Fachmann.

Wassermangel schwächt Immunsystem der Straßenbäume

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Seit 2015 beobachtet Hürten, wie heiße Sommer auf trockene Frühjahre folgen. Beim Ausheben von Gräbern und anderen Schachtarbeiten wird der Wassermangel offenbar: „Bis zu einer Tiefe von zwei Metern sind die Böden trocken. Selbst lehmige Böden laufen aus der Baggerschaufel.“

Dieser Wassermangel mache die Bäume anfälliger für Erkrankungen wie die Rußrinde, die er beim Ahorn verstärkt beobachtet. „Es ist wie beim Menschen“, erläutert Hürten. „Wenn das Immunsystem geschwächt ist, steigt das Risiko für Infektionen.“

Henning Hürten ist Abteilungsleiter der Baumpflege bei den Wirtschaftsbetrieben (WBD). Seit Jahren beobachtet er, wie der Klimawandel den Duisburger Straßenbäumen zu schaffen macht.
Henning Hürten ist Abteilungsleiter der Baumpflege bei den Wirtschaftsbetrieben (WBD). Seit Jahren beobachtet er, wie der Klimawandel den Duisburger Straßenbäumen zu schaffen macht. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Bäume sind Überlebenskünstler. Aber irgendwann sind sie am Ende“

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Eigentlich, sagt der Fachmann, seien Bäume ja Überlebenskünstler: „Aber irgendwann sind sie am Ende. Wenn sie absterben, zersetzen sie sich schnell und werden zur Gefahr.“ Dann bleibt nur noch die Fällung – nicht selten stehen Hürten und sein Team dann in der Kritik, weil die Notwendigkeit bezweifelt wird. Vor allem bei jungen Bäumen, die sich noch nicht über tiefe Wurzel versorgen können, steigt der Aufwand, um in der Trockenheit ihr Überleben zu sichern.

„Wir machen uns Gedanken, wie lange wir gießen müssen“, so Hürten. Die lange üblichen drei bis vier Jahre reichen nicht aus. Sensoren an den Bäumen könnten die erforderlichen Wassermengen präziser ermitteln, auch um bei Wasserknappheit Verschwendung zu vermeiden.

„Wenn die Bäume weglaufen könnten, wäre keiner mehr da“

Auch aus Fehlern der Vergangenheit müsse man lernen, sagt Henning Hürten. Zu wenig sei dabei auf Duisburger Besonderheiten geachtet worden.

Da sei zu oft auf einstigen Schotterflächen gepflanzt worden, die mit einer viel zu dünnen Erdschicht überdeckt waren. Durch den Schwerverkehr verursachte Vibrationen, die bei Trockenheit die Böden verdichten und die Speicherfähigkeit verringern, wurden nicht beachtet, Pflanzgruben waren so klein, dass kein Baum sich darin entwickeln kann.

„Unser Glück ist, dass die Bäume nicht weglaufen können. Sonst wäre keiner mehr da.“

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Das soll sich ändern, kündigt der Baumpfleger an. Die empfohlenen zwölf Kubikmeter Volumen sollen Pflanzgruben künftig haben, grobkörniges Substrat die Verdichtung durch Vibrationen verhindern.

Linden und Rotbuchen benötigen bis zu 300 Kubikmeter durchwurzelbaren Raum. „Die großen Bäume treiben ihre Wurzeln weit nach außen“, erklärt Hürten. Sie widerstanden deshalb der Hitze auch bislang am besten. Sie direkt an der Baumscheibe zu gießen, bringe aber wenig: „Dort können sie das Wasser nicht aufnehmen.“

Rund 120 Bäume im Stadtgebiet sind Naturdenkmal. Um die bis zu 150 Jahre alten Riesen wie diese Platane im Stadtpark Meiderich macht sich Henning Hürten die geringsten Sorgen. „Sie kommen über ihr großes Wurzelsystem auch bei langer Trockenheit an Wasser“, erklärt der Baumpfleger.
Rund 120 Bäume im Stadtgebiet sind Naturdenkmal. Um die bis zu 150 Jahre alten Riesen wie diese Platane im Stadtpark Meiderich macht sich Henning Hürten die geringsten Sorgen. „Sie kommen über ihr großes Wurzelsystem auch bei langer Trockenheit an Wasser“, erklärt der Baumpfleger. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„In Anlieger- oder Spielstraßen müssen nicht alle Bäume gleich aussehen“

Bei Nachpflanzungen sollte der Bestand auch in der Artenvielfalt breiter aufgestellt werden. Ergebnis der Beratungen in der Gartenamtsleiter-Konferenz (GALK) sei eine Liste mit so genannten „Klimabäumen“, die bisher in südlicheren Gefilden gediehen. Der japanische Schnurbaum gehört dazu, auch der Wollapfel. Längst sei aber die Nachfrage in die Höhe geschossen, seien Jungbäume derzeit kaum zu bekommen. „Bei Pflanzung sind sie sechs bis acht Jahre alt, es wird also dauern“, sagt Hürten.

Wer geholfen hat, 1000 Bäume für Duisburg zu pflanzenEr freut sich deshalb über jeden Bürger, der mithilft, den jüngeren Duisburger Straßenbäumen mit Wasser durch die Trockenzeit zu helfen. „Ich sehe in Duisburg Neubaugebiete mit Vorgärten ohne Grün und Bäumen, die im August die Blätter fallen lassen“, berichtet Hürten. Er könne „nicht verstehen, dass sich die Leute beschweren, wenn wir einen Baum fällen, aber den Baum vor der eigenen Tür nicht gießen.“

„In einem Duisburger Park oder einer Grünanlage könnte ich mir eine Palme vorstellen“

Palmen gehören übrigens noch nicht zu den Arten, die Fachleute zur Pflanzung an Rhein und Ruhr empfehlen. Dabei: Arten, die auch Frost widerstehen, gibt es, in Duisburger Gärten und Vorgärten gedeihen sie längst. Vorstellbar findet Henning Hürten sie auch deshalb an ausgewählten Standorten im Stadtgebiet durchaus. „Nicht als Straßenbaum, aber in Parks oder Grünanlagen wäre das möglich.“