Duisburg. Nicht jeder Anrufer, der bei der Feuerwehr landet, ist ein echter Notfall. Der Duisburger Feuerwehr-Chef über kuriose Anrufe und deren Folgen.

Die Notrufnummern von Polizei und Feuerwehr, 110 und 112, kennt jeder. In manchen Städten des Ruhrgebiets werden sie immer häufiger missbräuchlich genutzt, für sogenannte Bagatell-Anrufe. In Duisburg ist bei der Feuerwehr ein deutlicher Anstieg nicht zu beobachten. Manche Anfragen sind allerdings fast unglaublich.

In der Leitstelle in Duissern landen über den Notruf zum Beispiel Menschen, die anrufen, weil sie auf der Suche nach Umzugshelfern sind und ob da die Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr nicht...? Feuerwehrchef Oliver Tittmann erzählt das mit einer Prise Fassungslosigkeit. Gelegentlich werde auch der Wunsch geäußert, vorbeizukommen, um den Gartenpool mit Wasser zu füllen. Dafür packt die Feuerwehr ihre C-Rohre aber nicht aus.

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Subjektiv als Notfall empfundene Situationen sind es objektiv manchmal nicht

Auch bei den medizinisch begründeten Anrufen ist nicht in jedem Fall ein Eingreifen nötig. „Am Telefon sitzen Fachleute. Es ist ihre Kunst herauszukitzeln, was passiert ist und ob ein Team ausrücken muss“, beschreibt Tittmann. Die meisten Menschen hätten dann subjektiv einen Notfall. Objektiv sei das manchmal anders.

Er betont: „Wir fahren gern raus, das ist unser Job. Aber jede Blaulicht-Fahrt birgt auch ein Risiko für das Team und für andere Verkehrsteilnehmer.“ Implizit heißt das: Es muss sich schon lohnen. Abgesehen davon gehe es um Kapazitäten: Während die Rettungssanitäter bei einem Menschen mit Schnupfen sind, müsse der Patient mit Herzinfarkt womöglich warten.

Oliver Tittmann, Leitender Branddirektor der Feuerwehr Duisburg, mahnt die Duisburger Bürger, den Notruf nicht missbräuchlich zu benutzen.
Oliver Tittmann, Leitender Branddirektor der Feuerwehr Duisburg, mahnt die Duisburger Bürger, den Notruf nicht missbräuchlich zu benutzen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Feuerwehr-Chef: Manche haben eine Servicementalität

Die Mitarbeiter der Leitstelle versuchen, durch gezielte Nachfragen Restrisiken auszuschließen, bevor entschieden wird, einen Anrufer an den Hausarzt oder den Kassenärztlichen Notdienst zu verweisen. Eine Schürfwunde allein sei kein Notfall, wenn sie aber Folge eines Fahrradunfalls sei, bei dem jemand auch auf den Kopf gefallen ist, würde der Disponent schon eher die Rettungskräfte losschicken, verdeutlicht Tittmann.

Deren Aufgabe ist ohnehin nicht, jemanden zu behandeln, sondern ihn transportfähig zu machen und dann dem medizinischen Personal im Krankenhaus zu übergeben. Besonders ärgerlich seien jene Anrufer, die vom Rettungswagen abgeholt werden wollen, damit sie dann schneller im Krankenhaus drankommen. Da gebe es schon eine „Servicementalität“, bedauert der Feuerwehr-Chef.

Zwischen hohem Anspruchsdenken und der Scheu, um Hilfe zu bitten

Ein hohes Anspruchsdenken attestiert er auch jenen, die ihren Anruf damit begründen, dass sie sonst so lang in der Warteschleife des Kassenärztlichen Notdienstes hängen müssen. „Die Erkrankung wird auch mit einer Stunde Wartezeit kein Notfall“, sagt Tittmann. Einen Vorwurf macht er trotzdem niemandem, „wir fahren lieber einmal zu viel raus“.

Es gebe aber auch die umgekehrte Situation: Manche älteren Menschen und insbesondere Beschäftigte von Krankenhäusern und Rettungsdiensten scheuen sich, um Hilfe zu bitten und rufen erst an, wenn es gar nicht mehr geht. Dabei kommen „die roten Autos“, wie Tittmann sie nennt, im Notfall gern, einfach die 112 anrufen...

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156 EINSÄTZE PRO TAG

  • Der Rettungsdienst der Stadt Duisburg ist 2021 rund 57.000 mal ausgerückt, das waren 156 Einsätze pro Tag. Das bedeutet zwar verglichen mit den Vorjahren eine Steigerung der Einsätze um rund sechs Prozent, liegt aber im Wesentlichen an mehr Interhospitaltransporten, also etwa der Verlegung von Intensivpatienten von einem zum anderen Krankenhaus. 2020 gab es 53.700 Einsätze, 2019 waren es 53.500 und 2018 insgesamt 52.500 Einsätze.
  • „Bei der Entsendung von Rettungsfahrzeugen gehen wir jährlich bei ungefähr 4.000 bis 4.500 Einsätzen davon aus, dass es sich nicht um einen dringenden Notfall handelt“, ergänzt Malte Werning, Pressesprecher der Stadt Duisburg. Bei diesen Fahrten werde der Rettungswagen ohne blaues Blinklicht und Einsatzhorn eingesetzt.