Duisburg. Muss das Traumzeit-Festival kostenlose Angebote für alle Duisburger vorhalten? Ein SPD-Ratsherr fordert das, nennt aber falsche Zahlen.
Ratsherr Sebastian Haak ist wütend. Auf Facebook postet der Neumühler ein Bild vom Eingang des Traumzeitfestivals und schimpft, dass das Traumzeitfestival in diesem Jahr nicht für alle Duisburger ein Angebot hatte. Wer kein Ticket hatte, musste draußen bleiben.
Vor Corona gab es jahrelang eine Umsonst- und Draußen-Bühne, auf der talentierte Newcomer aus der Region auftreten konnten. Auch die Food-Trucks standen hier. Nur die Konzerte selbst waren den Karteninhabern vorbehalten.
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Traumzeit-Festival umzäunt
Im vergangenen Jahr musste wegen der Corona-Pandemie eine Teststrategie gefahren werden. Dadurch wurde eine Umzäunung des Areals nötig. Auch in diesem Jahr war während der Planung nicht klar, inwiefern die Pandemie das Festival einschränken würde, also setzten die Planer von vornherein auf das gleiche Konzept.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nach der Bilanz 2021 deutlich wurde: Den Festivalbesuchern hatte das Konzept vor allem atmosphärisch viel besser gefallen, berichtet Festivalleiter Frank Jebavy. Die Umsonst- und Draußen-Variante würde er daher nur wieder ins Programm nehmen wollen, wenn deutlich mehr Geld zur Verfügung steht, um diese vierte Bühne zu bespielen. Außerdem: Ein Lokalmatador wie Philipp Eisenblätter profitiere mehr davon, im Hauptprogramm auf einer großen Bühne zu stehen, als draußen vor der Tür.
Ratsherr: Städtisch subventionierte Veranstaltungen sollen nicht exklusiv sein
Auf Facebook wird die Strategie der „Traumzeit“ mit dem Hinweis verteidigt, dass es kaum ein Festival gibt, das Bereiche ohne Tickets vorhalte. Darauf schreibt der Ratsherr: „Meine Überzeugung ist, dass städtisch subventionierte Veranstaltungen keine kompletten exklusiven Veranstaltungen sein dürfen. Laut Beschlussvorlage 19-1429 wird das Festival mit gut 1,3 Millionen Euro bezuschusst. Hinter dem Zuschuss stehe ich, aber dann muss ein Teil auch für alle zugänglich sein.“
Diese Zahl ist falsch. Die Pressestelle der Stadt erklärt: „Die in der Ratsdrucksache 19-0429 dargestellten finanziellen Auswirkungen beziehen sich auf die Veranstaltungen des Festivalbüros insgesamt. Darin sind also auch die Erträge und Aufwendungen für die Akzente, das Kinderkulturfestival und die Tanztage enthalten. Der finanzielle Zuschuss, den die Stadt Duisburg für das Traumzeitfestival geleistet hat, beläuft sich konstant auf 345.000 Euro (ohne Personalaufwand für eigenes Personal).“ Die Kosten für das Festivalbüro belaufen sich mit allem Drum und Dran auf 1,7 Millionen Euro.
Wie Haak auf 1,3 Millionen Euro kommt? „Ich habe die Erträge von 382.000 Euro von den Aufwendungen von 1,7 Millionen Euro abgezogen“, erzählt er auf Nachfrage. Unabhängig von der Höhe der Förderung müsse eine städtische Veranstaltung in einem gewissen Teil erreichbar sein, findet er.
Er habe am Sonntag vor Ort mit Sicherheitspersonal gesprochen und auch mit Bürgern, die dort gern ein Bier getrunken hätten. Ihm gehe es nicht darum, auch Bühnen mit kostenlosen Musikangeboten zu organisieren, ein Bierstand und Getränke würden es womöglich auch tun, glaubt Haak. Würde die Stadionprojektgesellschaft künftig Festivals in der Arena organisieren, müssten da ebenfalls Angebote für alle möglich sein.
Kosten für das Festival sind wegen des Kriegs und der Inflation um 30 Prozent gestiegen
Auf den Ursprungs-Post des SPD-Ratsherrn angesprochen, muss Frank Jebavy lachen: Mit über einer Million Euro mehr könnte er gleich zwei zusätzliche Bühnen bespielen, verdeutlicht er. Für das diesjährige Festival ist die Abrechnung noch nicht abgeschlossen, aber durch die coronabedingten Preissteigerungen um bis zu 30 Prozent befürchtet er ein kleines Minus in der Kasse.
Auch Parisa Tonekaboni, die Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadt Duisburg, betont, dass der Ratsherr mit falschen Zahlen argumentiert hat. Die Grünen-Politikerin war an allen drei Tagen im Landschaftspark und schwärmt von einem „gelungenen Festival, das toll für Duisburg ist und qualitativ hochwertig“.
Grundsätzlich sei sie wie ihre Fraktion aber der Ansicht, dass kulturelle Angebote für alle Menschen zugänglich sein müssten. Die Philharmoniker etwa seien derzeit mit Community-Musikern in Stadtteilen unterwegs. Politisch müsse die Diskussion geführt werden, wie die Stadt das Festival künftig ausrichten will. Der Landschaftspark und die Kulturbetriebe seien die Ausrichter, „wir als Politik können nur Akzente setzen“.
Das Angebot in Duisburg war am vergangenen Wochenende einer Großstadt durchaus würdig: Parallel fanden das Matjesfest in der Innenstadt, das Rage-against-Racism-Festival in Friemersheim und der Holland-Markt in Homberg statt.
Wie sieht es in den Nachbarstädten aus?
Zum Vergleich: Aus dem Moerser Stadtsäckel fließen jährlich 351.000 Euro in das Jazz-Festival, Tickets kosten für drei Tage 159 Euro. Wegen Corona habe es sogar noch einen Zusatz-Topf gegeben, der aber nicht abgerufen wurde, sagt Pressesprecher Klaus Janczyk. Außerdem gebe es Zuschüsse von Land und Bund, so dass in der Stadt auch kostenlose Angebote möglich sind.
Das Haldern Pop – nur für zahlende Gäste – hat die Preise deutlich angehoben auf 162 Euro für drei Tage inklusive Camping mit Verweis auf die „schwierige Zeit“ und den „finanziellen Aufwand für Material- und Personalkosten, der um ein Vielfaches gestiegen ist“, wie der Veranstalter auf der Webseite erklärt. In der Frühschicht kostete die Duisburger Veranstaltung inklusive Camping 98 Euro.
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