Duisburg. Mit zusammen sechs Kindern zeigen zwei Duisburger Gründerinnen, wie Vereinbarkeit von Beruf und Familie funktioniert. Ihr Portal heißt „Momjobs“.

Ihre Idee kommt zur rechten Zeit, denn der Fachkräftemangel in Deutschland führt dazu, dass Unternehmen ihre Standards überdenken. „Momjobs - Das Jobportal für ambitionierte Mütter“ setzt auf anspruchsvolle und zugleich familienfreundliche Stellenausschreibungen.

Gut ausgebildete Frauen können hier Jobs danach filtern, ob sie in Teilzeit möglich sind sowie Jobsharing oder Mobile Working. Die beiden Duisburger Frauen, die das Portal gegründet haben, sind genau das: ambitionierte Mütter. Alena Meier-Gogsch ist Dialog-Marketing-Kauffrau und war als Mutter von zwei Kindern Führungskraft in einem Call Center und Betreiberin eines Online-Shops. Eva Klimpel ist Diplom-Musikerin und Betriebswirtin zugleich sowie Mutter von vier Kindern.

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Jobportal Momjobs setzt auf Familienfreundlichkeit in Führungspositionen

Die bestehenden Jobportale seien nicht gut darin, das Thema Familienfreundlichkeit als Filterfunktion anzubieten. Gut für die beiden Duisburgerinnen, die hier eine Nische besetzen konnten. Sie suchen Beschäftigte für Versicherer oder Unternehmensberater, aber auch mal eine pädagogische Geschäftsführung für einen Kindergarten in Teilzeit.

Viele Unternehmen seien gar nicht mehr so ewig gestrig, „sie vergessen aber, ihre Flexibilität nach außen zu kommunizieren“, hat Meier-Gogsch beobachtet, „das wollen wir ändern“. Und als wäre es geplant, sitzt Tochter Alisa krank auf dem Schoß und kuschelt sich müde an ihre Mama. Die 34-Jährige ist der lebende Beweis dafür, dass Mütter zugleich trösten, pflegen und arbeiten können und so verantwortlich all ihren Aufgaben nachkommen. Denn der Interviewtermin wird entspannt durchgezogen.

Partnerin Eva Kimpel hat jahrelang Geige im WDR-Sinfonieorchester gespielt und damit ihren Traum gelebt. Der Job passte aber nicht zu ihrem Leben als vierfache Mama. „Ich habe seit meinem dritten Lebensjahr Geige gespielt und wollte nie was anderes machen“, erzählt die 40-Jährige.

Frauen sollen nicht in der Armutsfalle landen

Doch als Alleinerziehende mit damals noch zwei Kindern sei trotz Vollzeitjob mit Au-pair und weiterer Kinderbetreuung nichts übrig geblieben. Besser bezahlte Positionen müssten teilzeitfähig sein, findet sie. Parallel studierte sie an einer Fernuni, arbeitete dann in der Immobilienbranche. Aber auch der Job kollidierte mit den inzwischen vier Kindern.

Am Ende wollen die beiden aber auch verhindern, dass andere Frauen so wie sie in der Armutsfalle landen. Meier-Gogsch etwa rutschte nach einer Trennung in Hartz IV. „Ich habe mit meinem Sohn jeden Samstag bei der Tafel gegessen“, so knapp sei es finanziell gewesen. Da sei ihr klar geworden: Allein ernähren kann ich mich und meinen Sohn nur als Führungskraft.

Unternehmerinnen lernten sich über die Kinder kennen

Erstmals machten sich die beiden Frauen, die sich durch ihre Kinder am Rande eines Fußballfeldes im Duisburger Westen kennenlernten, Mitte 2021 selbstständig mit dem Female Assistent, einer Vermittlungsagentur für das Coaching und Onboarding von Assistenzen vor allem für Einzelunternehmer und Start-ups. Kimpel und Meier-Gogsch haben im Auftrag von Unternehmern Unterstützerinnen gesucht und passgenau ausgebildet. Dabei sei es vor allem um Quereinsteigerinnen gegangen, denen noch der Feinschliff für die neue Tätigkeit fehlte.

Parallel entstand die Idee zu „Momjobs“, die sie entwickelten und im März parallel starteten. Schnell kamen erste Umsätze herein – und der Bedarf, selbst eine Assistenz zu beschäftigen.

Alena Meier-Gogsch will, dass sich niemand schämen muss, Kinder im Lebenslauf zu haben, „sie sollen kein Karrierekiller sein“. Die beiden glauben fest daran, dass Führung in Teilzeit möglich ist, sie wollen Chancengleichheit vorantreiben. Die banalste Lösung führt wieder zurück zu ihrer Ursprungsidee mit dem Female Assistent: Für eine Frau, die ihren Führungsjob in 20 oder 30 Stunden macht, könne man ergänzend eine Unterstützung engagieren.

Eva Klimpel, eine der beiden Gründerinnen von „Momjobs“, hat wegen der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihren Traumjob als Geigerin aufgeben müssen.
Eva Klimpel, eine der beiden Gründerinnen von „Momjobs“, hat wegen der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf ihren Traumjob als Geigerin aufgeben müssen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Frauen werden benachteiligt: „Wir brauchen Brücken in die Arbeitswelt“

Kimpel und Meier-Gogsch eint der Mut, Dinge einfach anzupacken, „perfekt wird es dann später“, sagen sie. Und groß: Ihr Unternehmen wollen sie perspektivisch auch an die Börse bringen, weil so das Thema bekannter wird. Es ist ihre Mission. „Frauen sind nach wie vor sehr benachteiligt. Wir brauchen Brücken in die Arbeitswelt.“ Diskriminieren wollen sie aber nicht, auch Männer könnten Angebote bei ihnen finden.

„Wir wollen nach Ergebnissen bewertet werden und nicht nach den Stunden, die wir gearbeitet haben“, sagt Meier-Gogsch. Auch mit einem kranken Kind könne sie etwas leisten. Dieser Haltung gebühre Respekt, nicht der Erwartung, für jeden Husten sofort zum Kinderarzt zu rennen.

Seit „Momjobs“ online gegangen ist, habe es noch „keine 14 Tage am Stück gegeben, wo nicht eine von uns beiden ein Kind daheim hatte, wegen streikender Kitas, Brückentagen oder einer Krankheit“, sagt Meier-Gogsch. Trotzdem läuft ihr Business.

Sehnsucht nach Unabhängigkeit

Beide Frauen bekennen allerdings, dass die erste Phase der Gründung ohne die Absicherung durch die Partner nur schwer möglich gewesen wäre. „Es braucht einen Puffer, um gründen zu können“, sagt Kimpel. Ohnehin sei nur ein Zehntel der Gründer weiblich, es fehle eine Lobby.

Dass sie so schnell schon Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten, liegt wohl an ihrer Offenheit, „wir wurden mutiger, selbstbewusster, wir sagen, was uns beschäftigt“. Hilfreich war vermutlich auch das Instagram-Profil von Meier-Gogsch, die mit Mütter-Geschichten zwischen Emotionen und Selbstzweifeln, aber auch Werbung und schön in Szene gesetzten Fotos rund 20.000 Follower hat.

Aktiv sind sie auf LinkedIn mit einer Mischung aus feministischen Gedanken und Karrieretipps, persönlichen Geschichten und der Präsentation von Role Models. „Da muss man allerdings aushalten, dass gegengeschossen wird“, bekennt Kimpel. Nicht jeder könne tolerieren oder schlicht glauben, dass sie Karriere machen und sich trotzdem liebevoll um die Kinder kümmern können. Das halten die zwei aus, denn sie wollen nicht weniger als „die Arbeitswelt revolutionieren“.

Alena Meier-Gogsch, eine der beiden Gründerinnen von „Momjobs“, hat es aus eigener Kraft aus der Armutsfalle geschafft und ist jetzt Unternehmerin.
Alena Meier-Gogsch, eine der beiden Gründerinnen von „Momjobs“, hat es aus eigener Kraft aus der Armutsfalle geschafft und ist jetzt Unternehmerin. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

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>>>UNTERSTÜTZUNG FÜR START-UPS

  • Die Gründerinnen von „Momjobs“ wurden anfangs von Susanne Kirches unterstützt. Die Projektmanagerin Innovation & Start-ups bei Duisburg Business und Innovation habe als Mentorin viele Wege aufgezeigt.
  • „Ohne sie wären wir noch nicht so weit“, sagen Eva Kimpel und Alena Meier-Gogsch.
  • Hilfreich war außerdem das Gründerstipendium des Landes NRW. Mit monatlich 1000 Euro werden Gründer unterstützt, außerdem kann man sich in Gründernetzwerken austauschen und ein individuelles Coaching genießen.
  • Weitere Infos gibt es auf diesen Webseiten: momjobs.de,duisburg-business.de, gruenderstipendium.nrw/