Duisburg. Bei einer Attacke am Rahmer S-Bahnhof erlitt ein 73-Jähriger Verletzungen im Gesicht. Der Angreifer erklärte vor Gericht Erstaunliches.
Es gibt Fälle, in denen Menschen ohne viel Worte aufeinander einprügeln. Doch häufiger gibt es einen Streit und erst nach Stunden, Tagen oder Wochen kommt es zur zweiten Begegnung – und zu Gewalt. Und fast immer ist dann vor Gericht dieser Satz des Angeklagten zu hören: „Ich wollte das nur klären.“ So auch im Falle eines 48-Jährigen, der – so jedenfalls die Überzeugung des Amtsgerichts am König-Heinrich-Platz – im Juni 2017 einen 73 Jahre alten Rahmer durch einen Faustschlag verletzte.
Der Angeklagte ist mehrfach wegen Drogenhandels, Betruges, Körperverletzung und anderer Delikte vorbestraft, saß insgesamt schon rund sieben Jahre hinter Gittern. Aktuell ist er wohnungslos, erzielt nach eigenen Angaben aber bis zu 3000 Euro monatlich durch den Internethandel mit Devisen und Rohstoffen. „Dafür braucht man kein Gewerbe“, erklärte er dem verblüfften Strafrichter.
Angeklagter aus Duisburg: „Der hat sofort einen Totschläger gezogen.“
Der 48-Jährige hat eine Noch-Ehefrau. Die soll am Tag zuvor mit dem Rentner Streit gehabt haben. Was der Angeklagte zum Anlass nahm, den Mann, der gegen 0 Uhr seine Tochter von der nahen S-Bahnhaltestelle abgeholt hatte, zur Rede zu stellen. Dabei verpasste der Angeklagte dem Rentner einen Faustschlag. Der 73-Jährige landete mit einer Prellung im Krankenhaus.
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Der Angeklagte berichtete Erstaunliches: „Der hat sofort einen Totschläger gezogen und mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht geschlagen. Da habe ich ihm eine Ohrfeige gegeben.“ Er selbst habe bei der Begegnung einen Zahn verloren, behauptet der 48-Jährige und präsentiert eine Zahnlücke. Ein Attest darüber hat er nicht. Seine Zahnärztin hat ihre Praxis inzwischen leider aufgegeben.
Amtsrichter sah keinen Fall von Notwehr
Der 73-Jährige beteuerte, er habe noch nie einen Teleskopschlagstock besessen. Die Schläge des Angeklagten hätten ihn unerwartet getroffen. Und seine Tochter erinnerte sich, dass ihr Vater eine Taschenlampe in der Hand hielt, um den dunklen Heimweg auszuleuchten. „Die hat er beim Taumeln geschwenkt. Ich glaube aber nicht, dass er den Angeklagten getroffen hat.“
Das glaubte der Amtsrichter auch nicht. Und dass der Angeklagte in Notwehr gehandelt habe, erst recht nicht. Er verurteilte den 48-Jährigen wegen Körperverletzung zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 1000 Euro Schmerzensgeld an den Geschädigten. Dabei berücksichtigte der Richter die lange Zeitspanne, die zwischen Tat und Urteil lag.
Der Angeklagte hatte sie zwar selbst verursacht, indem er längere Zeit unauffindbar blieb, beging in der Zwischenzeit aber auch keine neuen Straftaten.