Duisburg. Duisburgs Grüne sind nach fünf Jahren Pause wieder im Landtag vertreten. Wie der Wahlkampf für Jule Wenzel war und welche Ziele sie hat.
„Boah!“, entfährt es Jule Wenzel, als die erste Hochrechnung kommt und klar ist, dass sie künftig im Landtag sitzen wird: Mit über 15 Prozent sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen haben sich die Grünen im Vergleich zur letzten Landtagswahl (4,75 Prozent) verdreifacht.
Auch wenn es eigentlich keine Überraschung war, weil Wenzel mit Listenplatz 15 ihren neuen Arbeitsplatz in Düsseldorf schon zuvor so gut wie sicher hatte, war der Endspurt doch aufregend. Im Wahlkreis Duisburg I kandidierte die 31-Jährige gegen Petra Vogt von der CDU und Sarah Philipp von der SPD. Mit 10.789 und 19,17 Prozent sammelte die Grafikdesignerin die meisten Stimmen ein im Vergleich zu ihren Mitkandidierenden Melih Keser (12,16 Prozent) und Kevin Galuszka (13,8 Prozent).
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Duisburger Grüne freuen sich über das Wahlergebnis
„Großartig“, freut sich Lamya Kaddor ganz begeistert. Bei der Bundestagswahl im September wurde auf sie und Felix Banaszak angestoßen, jetzt konnte sie sich für ihre ehemalige Wahlkämpferin freuen. Auf Instagram betont sie später, dass die Wahlergebnisse in NRW und Schleswig-Holstein zeigen würden, dass „dieses Land bereit ist für einen progressiven Aufbruch!" Nichts Geringeres ist unser Anspruch als Grüne!“
Die Grünen genießen die Innenhafen-Atmosphäre bei bestem Sommerwetter. Es gibt Bier und Sekt für die Wahlkampfhelfer. Kurz vor 18 Uhr sagt Jule Wenzel, dass sie hofft, dass es für die AfD nicht reichen wird. Alle anderen demokratischen Parteien hätten einen respektvollen Umgang verdient. Sie sagt es mit Blick auf die FDP, die womöglich für ihre Schulpolitik abgestraft wird. „So ist es uns 2017 ergangen.“
Grüne haben ihre Mitgliederzahl verdoppelt
Wenzel blickt als Vorstandssprecherin auf einen erfolgreichen Lauf ihrer Partei: Erfolge bei der Kommunal- und der Bundestagswahl, die Mitgliederzahl verdoppelt, und jetzt nach fünf Jahren Pause wieder eine grüne Abgeordnete in Düsseldorf: „Ich bin überwältigt!“ Sie freue sich, die „wirtschaftliche Transformation voranzubringen, gegen Armut zu kämpfen und Duisburg zu einem sicheren Ort zu machen.“
Mit Blick auf die anstehenden Gespräche sagt sie, dass Schwarz/Grün oder eine Ampel nicht ihre Favoriten seien. Aber die Grünen würden mit allen Parteien sprechen: „Für uns ist wichtig, grüne Inhalte umzusetzen. Es geht darum, schnell Klimaneutralität zu erreichen.“
Voraussichtlich mit über 30 grünen Kolleginnen und Kollegen wird sie zusammenarbeiten können. „Ich freue mich über jeden Sitznachbarn.“ Zunächst werde sie den „Ersties“-Stundenplan abarbeiten, um ein Büro aufbauen und die Antragsarbeit und den Wissenstransfer organisieren zu können.
So haben Kevin Galuszka und Melih Keser abgeschnitten
Kevin Galuszka, der im Wahlkreis Duisburg II kandidierte, hat 7233 Stimmen eingesammelt. Auf Listenplatz 72 ist er in den Wahlkampf gestartet. „Das war eine tolle Herausforderung, aber auch eine anstrengende“, bekennt der 32-Jährige, der als Vorstandssprecher der Partei, als Ratsmitglied und als Landtagskandidat gleich dreifach belastet war. Da er in der Pflege arbeitet und Schichtdienste macht, habe er auch mal durchmachen müssen.
Melih Keser trat im Wahlkreis Duisburg III gegen Frank Börner von der SPD und Deniz Güner von der CDU an und versammelte 4563 Stimmen (12,16 Prozent). Der 36-Jährige blickt auf einen heftigen Wahlkampf zurück, „wir waren auf der Straße, an den Haustüren, haben viele Gespräche geführt, uns auch kritischen Reaktionen gestellt.“ Am Abend drückten noch alle die Daumen, der Kaufmann hatte zwar nicht das Direktmandat geholt, spürte für sich mit Listenplatz 46 aber zumindest eine kleine Chance. Er freut sich für Jule Wenzel, die die Interessen Duisburgs gut vertreten werde, „ich bin mega happy über dieses historisch beste Ergebnis.“
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>>LANDTAGSWAHL 2017
- Bei der Landtagswahl 2017 schmierten die Grünen auch in Duisburg kolossal ab: Lediglich 9611 von über 196.000 Wählern gaben der Partei ihre Zweitstimme: 4,95 Prozent. FDP und sogar die AfD hatten fast doppelt so viel Zustimmung. Die Analyse der Stabsstelle für Wahlen hatte vor fünf Jahren ergeben, dass vor allem junge Menschen – Männer wie Frauen – die Partei gewählt haben, mit Abstand am seltensten bekamen sie von den über 60-Jährigen ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel.
- Birgit Beisheim, seit 2012 Landtagsabgeordnete und damals Vorstandssprecherin der Grünen in Duisburg, flog trotz eines vermeintlich sicheren Listenplatzes 21 aus dem Landtag.
- Mehrdad Mostofizadeh, der parlamentarische Geschäftsführer, übernahm in den vergangenen fünf Jahren Duisburg zusammen mit Städten von Bochum bis Mülheim.