Duisburg. Polizisten in Duisburg sind ab sofort mit Tasern ausgestattet. Wann sie zum Einsatz kommen und welche Wirkung sie haben. Mit Video.
Der Taser gehört für viele Polizistinnen und Polizisten in Duisburg ab sofort zur Grundausstattung. Die Waffe, mit der ein Gegenüber mittels Elektroimpulsen für Sekunden handlungsunfähig gemacht wird, kann künftig unter anderem bei Angriffen auf Beamte zum Einsatz kommen.
„Es ist ein weiteres Einsatzmittel, das eine Fähigkeitslücke schließt“, sagt Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis über das sogenannte Distanzelektroimpulsgerät, kurz: DEIG, das vor allem unter dem Begriff Taser bekannt ist.
Vier Pilotbehörden (Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Rhein-Erft-Kreis) haben in NRW seit Januar 2021 Erfahrungen im Einsatzalltag mit dem Taser gesammelt. Das Ergebnis: In den ersten neun Monaten registrierten sie insgesamt 156-Taser-Einsätze. Aber: Nur in 31 Fällen erfolgte tatsächlich eine Schussabgabe. Das unterstreicht auch eine Aussage von Polizeipräsident Dierselhuis: „Wir erhoffen uns vor allem eine deeskalierende Wirkung.“
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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zog im vergangenen Jahr zufrieden eine erste Bilanz: „Die Erfahrungen der Polizistinnen und Polizisten sind überwiegend positiv – der Taser hilft nicht nur in extrem brenzligen Situationen, er verhindert auch Gewalt gegen Beamte. Bei der Polizei wird der Taser sehr gut angenommen – auch weil die Beamtinnen und Beamten erkennbar sicherer unterwegs sind.“
Kurz darauf wurde beschlossen, dass die fünf größten Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen mit den Geräten ausgestattet werden. Duisburg gehört als fünftgrößte Behörde im Land dazu. „In den Städten Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen und Köln werden Polizistinnen und Polizisten besonders oft angegriffen“, begründete Reul im Oktober 2021 die Entscheidung.
Polizei Duisburg nutzt nun Taser: So kann das Gerät genutzt werden
Seit Anfang des Jahres hat ein Projektteam die Einführung in Duisburg vorbereitet. „90 Prozent der Einsatzkräfte der beiden Hauptwachen, also Polizeipräsidium und Hamborn, sind bereits geschult. Die Streifenwagenteams sind also nun mit dem DEIG unterwegs“, berichtet Projektleiter Carsten Rodehüser. Die Nebenwachen sollen zeitnah folgen.
Einsatztrainer Tarak Haupt leitet die Schulungen. Er hat bei einer Vorführung die Anwendung demonstriert: Getragen wird der gelbe Taser in einem Holster. Eingesetzt werden kann das Gerät, das bewusst in der Signalfarbe Gelb gehalten ist, auf eine Distanz von 1,20 bis 7,60 Metern. Hat ein Polizist den Taser gezogen, kann er die Androhung noch durch die Demonstration eines Lichtbogens samt Geräusch verstärken. „Das wirkt bei vielen bereits abschreckend“, fasst Haupt eine Erkenntnis aus der Pilotphase zusammen.
Die letzte Stufe ist die Schussabgabe: Ein lauter Knall, dann schießen die zwei Nadeln, an denen sich die Elektroden samt ummanteltem Draht befinden, auf die Zielperson los. Stromimpulse mit einer Stärke von 0,0014 Ampere machen diese dann für wenige Sekunden handlungsunfähig und eine Fixierung möglich. Ein Vergleich: Durch ein übliches Stromkabel fließt Strom mit einer Stärke von 16 Ampere.
Studien widerlegen Kritik am Taser
Doch in welchen Situationen soll der Taser den Einsatzkräften nützen? „Das sind natürlich vor allem Bedrohungssituationen, in denen ein Aggressor auf die Beamten losgeht“, sagt Haupt. Aber auch im Umgang mit Suizidenten, also Menschen, die sich umbringen wollen, biete der DEIG Einsatzmöglichkeiten
In Amerika sei der Taser auch dann angewandt worden, wenn Personen einen „Suicide by Cop“ provozieren wollen. Heißt: Jemand bedroht Polizisten in Selbstmordabsicht mit einem Messer oder einer Pistole, um einen tödlichen Schuss aus der Dienstwaffe zu erzwingen. Der Taser könne in dieser „komplizierten Situation“ den letalen Schuss vermeiden, glaubt Alexander Dierselhuis.
Gleichzeitig gibt es aber Momente, in denen das Gerät nicht eingesetzt werden sollte: wenn die Zielperson an einem Fenster oder in erhöhter Position steht oder im Auto sitzt.
Kritiker des Tasers haben immer wieder auf gesundheitliche Gefahren hingewiesen. Diskutiert wurde zum Beispiel über zusätzliche Risiken für Menschen mit Herzschrittmachern. Mehrere Studien widerlegen dies nach Angaben der Polizei. Tarak Haupt hat sich selber tasern lassen: „Es tut weh. An den Einstichstellen der Nadeln gibt es Hautreizungen“, sagt er. Die häufigsten Verletzungen seien sogenannte Sekundärverletzungen, etwa durch einen Sturz. Sie seien aber zumeist leichter Art.
Polizeipräsident Alexander Dierselhuis bezieht in dieser Diskussion klar Stellung: „Der Taser ist eine Alternative zum Einsatz einer Dienstwaffe oder des Schlagstocks. Das muss jedem klar sein.“
>> Einführung bereits im Koalitionsvertrag von 2017 festgehalten
- Die NRW-Landesregierung hat die Einführung des Tasers bereits in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2017 festgehalten.
- Nach Angaben aus dem Landesinnenministerium belaufen sich die Kosten für die Ausstattung der fünf großen Polizeibehörden auf vier Millionen Euro.
- Das Polizeigesetz definiert das Distanzelektroimpulsgerät als Waffe.