Duisburg-Altstadt. Eine Buchhandlung hält sich seit 111 Jahren standhaft mitten in der Duisburger Innenstadt. Inhaberin Elisabeth Evertz verrät ihr Erfolgsrezept.

Die Buchhandlung Scheuermann am Sonnenwall ist eine Institution im Herzen der Duisburger Innenstadt. Es gibt sie seit 111 Jahren. Das Team um Inhaberin Elisabeth Evertz will den besonderen Geburtstag am 1. und 2. April mit möglichst vielen Duisburger Bücherfreunden feiern.

Sichtlich zufrieden packt die junge Kundin einen Stapel Bücher in ihren Jutebeutel: „Bis Freitag dann, bis dahin habe ich die ganzen Bücher bestimmt schon durch und brauche neue!“, verabschiedet sie sich. Man kennt sich. Scheuermann kann auf Stammkunden zählen.

Der Firmenname Scheuermann ist seit der Gründung 1911 immer geblieben

„Es klingt unglaublich, aber als ich den Laden 1. Mai 2004 übernommen habe, hieß es, dass Bücher keine Zukunft mehr hätten“, lacht Elisabeth Evertz. Doch auch 18 Jahre später gibt’s Scheuermann immer noch. „Zu unseren treuen Stammkunden gehören nicht nur Duisburger, sondern auch Leute, die in Duisburg arbeiten.“

Der Buchladen heißt seit eh und je Scheuermann, nach dem Gründer Hermann Scheuermann. Er eröffnete am 1. April 1911 einen Buchhandel im Gatermann-Haus an der Königstraße. Ab den 1930er-Jahren leitete der Dortmunder NS-Sympathisant Karl Schubert die Buchhandlung und erweiterte die Angebotspalette.

Der Duisburger Traditionsbuchladen hat einige Umzüge hinter sich

Nach dem Zweiten Weltkrieg und provisorischen Ausweichquartieren eröffnete Karl Schubert 1961 ein neues Geschäft an der Düsseldorfer Straße 100, das Ehefrau Käthe nach seinem Tod im Jahr 1978 weiterführte. 1995 übernahm Stefan Küpper den Laden. Gemeinsam mit Sandra Ekelmann zog er 1999 zum Sonnenwall 30 um, zur Eröffnung blühten 500 Sonnenblumen.

2002 fing dann Elisabeth Evertz in der Buchhandlung Scheuermann an. „Ich habe mein ganzes Leben schon gerne gelesen“, erklärt sie. Die studierte Germanistin und Niederlandistin übernahm den „alten, dunklen Laden mit viel Stammkundschaft“ im Jahr 2004. Zehn Jahre später erfolgte der bisher letzte Umzug an den jetzigen Standort schräg gegenüber an den Sonnenwall 45.

Viele Leserinnen und Leser haben ein Bedürfnis nach Orientierung

Seitdem sie Inhaberin ist, legt Elisabeth Evertz besonders viel Wert auf „bereichernde Literatur, die Kunden Kraft und eine Anschubhilfe“ gibt. Das kommt offenbar an: „Immer mehr Menschen haben in diesen Zeiten ein Bedürfnis nach Orientierung und Halt. Demgegenüber ist das Internet ein Schlund, in dem man sich schnell verliert.“

Für eine gezielte Beratung ihrer Kunden wählt die 56-Jährige deshalb ihren Literaturbestand aus den Verlagsvorschauen persönlich aus. Auch junge Leser wissen das zu schätzen: „Die jungen Leute der ‘Fridays for Future’-Generation denken langfristiger und sensibilisieren ihre Eltern“, erklärt die Inhaberin. Der Gang zum nahe gelegenen Buchladen sei für viele junge Leute oftmals attraktiver als Online-Shopping bei den großen Verkaufsketten.

„Uns ist die persönliche Verbindung zu den Kunden unendlich wichtig und dazu zieht die Qualität der Bücher die Leute an“ – darin sieht die Buchhändlerin ihr Erfolgsrezept. Damit hat sie auch bereits viermal den „Deutschen Buchhandlungspreis“ gewonnen, zwischen 2015 und 2018.

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 haben viele Bücherfreunde den Buchhandel vor Ort bewusst unterstützt. Im späteren Verlauf der Pandemie spürte Scheuermann, so wie alle Buchhändler in Deutschland, einen deutlichen Rückgang an Kunden- und Verkaufszahlen.
Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 haben viele Bücherfreunde den Buchhandel vor Ort bewusst unterstützt. Im späteren Verlauf der Pandemie spürte Scheuermann, so wie alle Buchhändler in Deutschland, einen deutlichen Rückgang an Kunden- und Verkaufszahlen. © Oliver Müller / FUNKE Foto Services

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Beim Gedanken an die Corona-Krise verdunkelt sich Elisabeth Evertzs Miene. Während des ersten Lockdowns im März 2020 sei es noch für viele Ehrensache gewesen, den Buchhandel vor Ort zu unterstützen. Entsprechend sieht sie diese Phase als „eine Erfolgsgeschichte für den Buchhandel in ganz Deutschland“. Doch je länger die Pandemie anhält, desto spürbarer sei der Rückgang an Kunden- und Verkaufszahlen.

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Dafür hat Elisabeth Evertz eine einfache Erklärung: „Die Homeoffice-Regelungen haben die Arbeitenden ferngehalten, die sonst in der Mittagspause vorbeigeschaut haben.“ Jetzt müsse man mehr auf die Kunden zugehen, die Frequenz sei schließlich noch deutlich niedriger als im Jahr 2019.

Dass sich ihre kleine Buchhandlung am Sonnenwall 45 auch weiterhin halten kann, davon ist Elisabeth Evertz fest überzeugt. Die Inhaberin der Buchhandlung Scheuermann hat schon viele Ideen für die Zukunft im Hinterkopf: einen Internet-Blog, Literaturkreise über Zoom oder Kooperationen mit Buchhandlungen aus anderen Stadtteilen.

>>> BÜCHERTRÖDEL FÜR DEN GUTEN ZWECK

● Neben einem Geburtstagsquiz und einem Malwettbewerb findet ein Benefiz-Büchertrödel vor der Buchhandlung auf dem Sonnenwall statt. Dort finden Interessierte am 1. und 2. April alte Bücherschätze. Der Erlös der Aktion geht an das Malteser Hospizzentrum St. Raphael in Huckingen.

Weitere Informationen zu Aktionen der Buchhandlung sind auf www.scheuermann.de zu finden.