Duisburg. Kees Jaratz kennen viele MSV-Fans vom „Zebrastreifenblog“. Sein aktuelles Buch beleuchtet das Lieben und Leiden als Fan des Duisburger Clubs.
Wenn eine Lesung um 19.02 Uhr beginnt, dann ahnt der Duisburger Fußballfan, dass es wohl um den MSV geht. Schließlich wurde der Club 1902 als Meidericher Spiel-Verein gegründet. Kees Jaratz, mit bürgerlichem Namen Ralf Koss, blickt in seiner „Fußballfibel MSV Duisburg“ auf die letzten 50 Jahre des Gründungsmitglieds der Bundesliga zurück. Vor allem aber erzählt er von seinem eigenen Leben, Lieben und Leiden als Fan. Wie emotional und überraschend diese Erinnerungen sein können, bewies er bei der gut besuchten Buchpremiere im „Plus am Neumarkt“, der Heimat des Kreativquartiers Ruhrort.
Dass ein Autor, der sich den Namen Kees Jaratz gibt, nicht erst kürzlich aus dem Trainingsanzug eines A-Jugendlichen gestiegen ist, zeigt schon die Wahl seines Pseudonyms. Es ist ein Wortspiel aus den Namen Kees Bregman, Kurt Jara und Bernard Dietz – ehemalige Spieler, die dem Verein in den Siebzigerjahren auch internationalen Glanz verliehen.
Rückkehr von Gino Lettieri hat Verhältnis zum MSV belastet
Damals begann für Jaratz eine lebenslange Treue zum MSV. Nur als Gino Lettieri zum zweiten Mal als Trainer verpflichtet wurde, habe er sich für kurze Zeit nicht mehr mit dem Verein verbunden gefühlt. „Aber das passiert nun mal in einer langjährigen Beziehung.“
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Begonnen hat sein Leben als Fan allerdings nicht beim Fußball. Die Mutter spielte hochklassig Basketball, und Jaratz war als Sechsjähriger mit in der Halle. Zunächst eher uninteressiert, entdeckte er hier die emotionale Kraft des Sports, den Jubel, die Sprechchöre und die Anspannung. Dagegen ließ ihn der erste Besuch mit seiner Mutter im Wedaustadion kalt, weil da ja niemand mitspielte, den er kannte.
Manchmal sind es Kleinigkeiten, an die sich Jaratz erinnert. Da ist zum Beispiel das Stofftaschentuch, das Michael Bella immer in der Gesäßtasche seiner Sporthose trug. Als er es einmal verlor, machte ihn sein Gegenspieler höflich darauf aufmerksam. Oder er denkt an Klemen Lavric, der ab 2005 für den MSV kickte. Schweizer Sportjournalisten nannten ihn später „Pummel-Profi“.
MSV Duisburg: Fußball als beinahe religiöses Ereignis
Jaratz’ Beobachtungen als Fan sind mehr als liebenswerte Erinnerungen an alte Zeiten. Sie sind vielmehr Sprünge durch Zeiten und Themen. Immer beginnen seine Assoziationen und Gedanken bei einem Spiel der laufenden Saison. Manchmal schwingt da ein Hauch von Nostalgie mit, aber in einer Art, die den Blick auf das heutige Geschehen rund ums Stadion schärft.
Vor allem aber ist die „Fußballfibel MSV Duisburg“ ein Buch über Emotionen. Da sind die Freunde in der Nordkurve wie „Hatte“ oder „Der Stig“, die zahlreichen Auf- und Abstiege oder auch die Blicke auf die Heimatstadt im Wandel der Zeit.
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Jaratz’ Leben als Fan ist vor allem eine große Projektionsfläche für Träume. Ob er sich als Kind in Sammy Drechsels Fußballroman „Elf Freunde müsst ihr sein“ fantasiert oder immer wieder auf einen Aufstieg hofft, seine Gedanken weisen oft über den Fußball hinaus.
In den besten Momenten gerät der Fan in Ekstase und erlebt Fußball als beinahe religiöses oder spirituelles Ereignis. So eine Stimmung kann bei einem Erfolg wie dem Wiederaufstieg eintreten, aber manchmal auch bei einer Niederlage wie 2011 beim 0:5 im Pokalfinale gegen Schalke. Damals sang und feierte man trotz der heftigen Klatsche. „Wir fühlten uns mit der Mannschaft und dem Verein einfach richtig“, blickt Jaratz in die Fan-Seele.
>>KEES JARATZ SCHREIBT IM „ZEBRASTREIFENBLOG“
• Ralf Koss wurde 1961 in Duisburg geboren. Er ist Kulturjournalist, Literaturvermittler und Drehbuchautor. In etlichen Sachbüchern hat er sich mit dem Ruhrgebiet beschäftigt.
• Seit 2008 schreibt er als Kees Jaratz in seinem „Zebrastreifenblog“ regelmäßig über den MSV. Sein aktuelles Buch ist im Berliner Verlag „Culturcon Medien“ erschienen und im Buchhandel erhältlich.