Duisburg. Über die Absetzung von Betriebsräten der DK Recycling hatte das Duisburger Arbeitsgericht zu entscheiden. Das sind die Hintergründe.
Dass Betriebsräte erfolgreich aus dem Amt geklagt werden, ist ein ebenso seltener wie außergewöhnlicher Vorgang. Bei der DK Recycling in Duisburg ist das nun kurz vor der Neuwahl der Mitarbeitervertretung passiert. Es geht um zu hohe Zahlungen, die der Vorsitzende und sein Stellvertreter über Jahre von dem Hochfelder Unternehmen kassiert haben.
In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Duisburg hat sich der langjährige Betriebsratsvorsitzende Stefan Born am 17. Februar mit dem Unternehmen einen Vergleich geschlossen. Teil der Vereinbarung sei, „dass Herr Born von seinen Betriebsratsämtern zurücktritt“, teilte die Sprecherin des Arbeitsgerichts auf Anfrage mit.
DK Recycling in Duisburg: Stellvertretender Vorsitzender aus dem Betriebsrat ausgeschlossen
Am 22. Februar endete das Verfahren gegen Yüksel Karacar. Er ist der langjährige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, war aber in Gegensatz zu Born nicht für seine Tätigkeit im Betriebsrat freigestellt. „Die 2. Kammer hat seinen Ausschluss aus dem Betriebsrat mit sofortiger Wirkung beschlossen“, teilte die Gerichtssprecherin mit. Eine schriftliche Begründung stehe noch aus, bei der Verkündung habe der Arbeitsrichter die Entscheidung mit einer „Überzahlung der Geschäftsführung“ begründet. Rechtskräftig ist der Beschluss noch nicht, eine Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ist möglich.
Es geht um Zahlungen in Höhe von monatlich rund 1000 Euro netto, die Stefan Born über mehr als zehn Jahre und Yüksel Karacar über mehr als sechs Jahre zusätzlich zu ihrem Gehalt von der DK Recycling bekommen haben sollen, bestätigt die Gerichtssprecherin. Dieses sei ein Entgelt für betriebliche Zulagen, die ihnen durch ihre Tätigkeit als Mitarbeitervertreter entgingen, hatten die Betriebsräte argumentiert. Die aktuelle Geschäftsführung der DK, seit der Übernahme des Unternehmens durch den Rohstoff-Händler Hargreaves Ende 2019 im Amt, sah angesichts der Höhe der Zahlungen eine „Vorteilsnahme im Amt“.
Über mögliche Rückzahlungen muss das Gericht noch entscheiden
Deshalb ging sie juristisch gegen die Verträge vor, die vor Jahren zwischen den Betriebsräten und der vormaligen Geschäftsführung geschlossen worden waren. Ob beide nun dem Unternehmen einen Teil der Zahlungen zurückzahlen müssen, steht noch nicht fest. „Die Rückzahlungsverfahren am Arbeitsgericht stehen noch aus“, so die Gerichtssprecherin. Die Redaktion hat Stefan Born und Yüksel Karacar die Möglichkeit gegeben, sich über das Verfahren, die Hintergründe und ihre Zukunft im Betriebsrat der DK Recycling zu äußern.
Beide haben davon bis zum Ende der vereinbarten Frist keinen Gebrauch gemacht.
Eine Absetzung des Betriebsrats auf diesem Weg sei „ein sehr außergewöhnlicher Vorgang“, sagt der 1. Bevollmächtigte der IG Metall, Dieter Lieske, zum Ausgang der Verfahren. Er weist darauf hin, dass derartige Vereinbarungen für Betriebsräte aber grundsätzlich vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckt und auch üblich sein. „Es ist zulässig, eine berufliche Weiterentwicklung zu berücksichtigen, die wegen der Freiststellung als Betriebsrat nicht möglich ist.“
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
Dem Beirat der DK Reycling gehören als Arbeitnehmervertreter sowohl Stefan Born und Yüksel Karacar, als auch Dieter Lieske (seit Anfang 2021) an. Da sei er über die Auseinandersetzung informiert worden. „Sie haben mir glaubhaft versichert, dass sie sich keiner Ungereimtheiten schuldig gemacht haben“, sagt Lieske. Am Verfahren vor dem Arbeitsgericht sei die IG Metall allerdings nicht beteiligt.
Geschasste Betriebsräte wollen wohl erneut kandidieren
Trotz der Entscheidungen des Amtsgerichts wollen nach Informationen der Redaktion Born und Karacar bei den anstehenden Betriebsratswahlen im März erneut kandidieren. Nachdem Stefan Born sein Amt niedergelegt hat, sollen die verbleibenden Betriebsräte Yüksel Karacar zum Vorsitzenden gewählt haben. Auch das ist möglich, solange der Beschluss des Arbeitsgerichts gegen ihn nicht rechtskräftig ist. Karacar selbst wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern.
>> DK RECYCLING: INSGESAMT 27 ARBEITSGERICHTSVERFAHREN SEIT 2019
Seit Anfang der 1980er Jahre gewinnt die DK Recycling, die aus der einstigen Kupferhütte hervorgegangen ist, aus eisenhaltigen Stahlwerksstäuben pro Jahr rund 180.000 Tonnen Hämatit-Roheisen und Zink, das an Gießereien und metallverarbeitende Betriebe verkauft wird.
Ende 2019 wurde das Unternehmen, das in diesem Jahr Verluste in Höhe von 5,4 Millionen Euro geschrieben hatte, vom Rohstoffhändler Hargreaves übernommen. Im vergangenen Jahr erzielte die DK Recycling nach eigenen Angaben ein positives Ergebnis in Höhe von 11 Millionen Euro, zwischen 15 und 18 Millionen sollen es in diesem Jahr sein.
Bis zu 12.000 Tonnen Roheisen bei DK Recycling als „Verlust“ verbucht
Für hohe Verluste in der Vergangenheit macht die aktuelle Geschäftsführung auch Diebstähle und Veruntreuungen in großen Stil innerhalb des Unternehmens verantwortlich. So seien bis zu 12.000 Tonnen Roheisen (aktueller Preis pro Tonne: 450 Euro) pro Jahr nicht nur „verschwunden“, sondern auch als „Verluste“ verbucht worden. Auch große Mengen Koks und Diesel seien abhandengekommen.
Es sei „gelungen, diese Tore nun weitgehend zu schließen“, heißt es nun seitens der Geschäftsführung. Das sei durch die Versetzung von Mitarbeitenden und auch durch Kündigungen geschehen. Von der vormaligen Führungsebene habe man sich auf dem Weg des Vergleichs getrennt. Seit Ende 2019 hat die DK Recycling am Duisburger Amtsgericht insgesamt 27 Verfahren gegen Mitarbeitende angestrengt, die zum Teil noch nicht abgeschlossen sind, so die Gerichtssprecherin auf Anfrage.
Ungeachtet der Vorwürfe, die im Raum stehen, dürfe die Geschäftsführung allerdings nicht Front gegen Mitbestimmung machen, warnt der 1. Bevollmächtigte der IG Metall, Dieter Lieske. Er wirft der DK Recycling, Verstöße gegen die Vereinbarungen zur Altersteilzeit in dem mit der Gewerkschaft geschlossenen Ergänzungsrahmentarifvertrag vor. Zur Not werde die IG Metall sich dagegen per Verbandsklage zur Wehr setzen, kündigt Lieske an: „Wer Rechtsbruch beklagt, sollte sich selbst an Verträge halten.“