Duisburg. In Duisburg sollen vier Vertretungsstützpunkte für Tagespflegestellen mit U3-Kindern entstehen. Warum das Projekt begrüßt und kritisiert wird.

Die Stadt Duisburg greift tief in die Tasche, um künftig die Betreiber von Tagespflegestellen in Notfällen zu entlasten und den Eltern mehr Planungssicherheit zu garantieren. Aus Sicht von Tagespflegeeltern ist das aber nicht tief genug.

Über die Stadt verteilt sollen vier Vertretungsstützpunkte für Kinder unter 3 Jahren eröffnet werden, die die Betreuung übernehmen, wenn die Tagesmutter beispielsweise erkrankt. Die Stadt folgt damit den Vorgaben des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz).

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Kinderbetreuung: 1,6 Millionen Euro-Investition muss europaweit ausgeschrieben werden

Der Rat der Stadt hat bereits im Juni 2020 die entsprechend veränderten Richtlinien für die Kindertagespflege des Jugendamtes abgesegnet. Da die Kosten für diese Stützpunkte bei rund 1,6 Millionen Euro für zwei Jahre liegen, muss europaweit ausgeschrieben werden. Diese Ausschreibung ist nach Auskunft von Pressesprecherin Gabi Priem kurz vor der Fertigstellung. Im Vorfeld hatte bereits die Awo Interesse bekundet, solche Stützpunkte zu planen.

Das Thema ist komplex, denn die Vertretung für innerhäusige Tagespflege - also in den Privaträumen der Tagespflegeltern - muss anders organisiert werden als in außerhäusigen Betreuungseinrichtungen.

Bei den vier geplanten Einrichtungen handelt es sich um Großtagespflegestellen, in denen drei Beschäftigte die Ersatzbetreuung für kooperierende Tagespflegen anbieten. Gleichzeitig dürfen maximal neun Kinder betreut werden.

Vertretung soll sowohl in den Stützpunkten als auch bei Tagespflegepersonen daheim erfolgen

In Kombination mit den Stützpunkten soll eine weitere Kindertagespflegeperson als Springerin bzw. Springer schwerpunktmäßig die Vertretungsbedarfe für außerhäusige Kindertagespflegestellen und Großtagespflegestellen abdecken. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um krankheitsbedingte Ausfälle der Kindertagespflegeperson. Durch die mobile Vertretung wird die Betreuung in den für die Kinder gewohnten Räumlichkeiten durchgeführt.

In der Kindertagespflege werden hauptsächlich U-3 Kinder betreut. Weil diese Kleinkinder und Säuglinge ein besonderes Maß an Stabilität in den Rahmenbedingungen und beständige Bezugspersonen brauchen, sollen die Mitarbeitenden - in Zeiten ohne Ersatzbetreuung - im Rahmen der Kontaktpflege die kooperierenden Kindertagespflegepersonen besuchen bzw. bieten in den Stützpunkträumlichkeiten pädagogische Angebote, wie Eltern-Kind-Nachmittage an.

Tagespflegeeltern: Vier Stützpunkte für ganz Duisburg reichen nicht

Bettina Brysch, Betreiberin des
Bettina Brysch, Betreiberin des "Familien-Puzzle" in Duisburg-Bergheim, ist Regionalgruppensprecherin der Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

Bettina Brysch, Sprecherin der Regionalgruppe der Berufsvereinigung für Kindertagespflegepersonen, begrüßt das Vorhaben. Denn „wenn wir ausfallen, haben die Eltern einen Vertretungsanspruch, den die Stadt erfüllen muss“. Vier Stützpunkte seien dafür aber zu wenig. „Damit das funktioniert, müssen regelmäßig Kontakte stattfinden. Dafür müssen die Stützpunkte aber auch erreichbar sein.“

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Nach Angaben der Stadt gibt es derzeit 1679 Plätze in 81 Großtagespflegen und 314 Tagespflegen. Brysch befürchtet, dass die neuen Stützpunkte nur für die Einrichtungen in der Nähe nutzbar seien.

Wegen der Belastung steigen Tagespflegepersonen aus dem Beruf aus

Aktuell könne jede Tagespflegeperson 20 Ausfalltage nutzen - für den Urlaub oder um eine Erkrankung auszukurieren. Das war schon ohne Corona knapp, seither machen Quarantänezeiten jede Hoffnung auf Atempausen zunichte. Es gebe immerhin Gespräche mit der Stadt, die Ausfalltage zu erhöhen, um den Tagespflegeeltern einen Urlaub zu ermöglichen.

Eine Veränderung sei dringend nötig, „immer mehr überlegen sich, aus dem Job auszusteigen“, berichtet Brysch, die auch im Vorstand des Vereins für Großtagespflege e.V. ist. „Wir sind zwar Selbstständige, können unseren Stundensatz aber nicht selbst bestimmen“, beschreibt sie. Rücklagen könne man damit nicht bilden. In den Genuss der einmaligen Corona-Hilfe von 200 Euro sei auch längst nicht jede gekommen, so Brysch, die für über 100 Tagespflegen plus weitere Beschäftigte spricht.

>>DAS KINDERBILDUNGSGESETZ

  • Das neue Kinderbildungsgesetz Kibiz ist im August 2020 in Kraft getreten.
  • Darin wird eine Verbesserung der Kindertagespflege versprochen: „Durch die Erhöhung der Landeszuschüsse wird die Qualität der Kindertagespflege gestärkt und verbessert. So werden zum Beispiel die Finanzierung von Vor- und Nachbereitungszeiten statt nur der reinen Betreuungszeit, die Fachberatung und Fortbildungsstunden unterstützt“, schreibt das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration.
  • Das Gesetz zum Nachlesen finden Sie hier.