Duisburg. In 178 Verfahren ermittelt die Polizei Duisburg wegen gefälschter Impfpässe. Der Handel läuft im Netz und auf Märkten. Was die Polizei weiß.
Der Handel mit gefälschten Impfpässen boomt in NRW: Das Landeskriminalamt (LKA) ermittelt in 1515 Fällen, die allein aus dem Dezember 2021 stammen. In Duisburg leitete die Polizei seit der Gesetzesänderung zum 24. November (siehe Infobox) 178 Verfahren wegen gefälschter Impfnachweise ein. „Hinzu kommt eine wohl nicht unerhebliche Dunkelziffer“, sagt Polizeisprecher Jonas Tepe.
Für den Besuch in einem Restaurant, dem Training im Fitnessstudio und auch am Arbeitsplatz – mit Einführung der 2G- und 3G-Regeln im Herbst 2021 ist der Druck auf Ungeimpfte gestiegen. Ohne Impf- oder Genesenen-Nachweis wird ihnen an vielen Orten der Zutritt verweigert.
Gefälschten Impfpässe fallen vor allem in Apotheken auf
Dieser Umstand hat offenbar den Handel mit gefälschten Impfzertifikaten befeuert. Die gefälschten Nachweise fallen vor allem dann auf, wenn die Menschen diese in Apotheken digitalisieren lassen wollen. Bei der Prüfung stellten die Apotheker Auffälligkeiten bei bei den Chargennummern, Stempeln oder Unterschriften fest, berichtet die Polizei.
Das LKA nennt weitere Indizien für eine Fälschung: Verbogene Heftnadeln oder ausgefranste Löcher könnten ein Hinweis dafür sein, dass die getackerten gelben Impfpässe bereits einmal auseinandergenommen worden seien.
Fall in Duisburg-Maxloh machte Schlagzeilen
In einem Fall vom 30. November machte die Arztunterschrift auf dem Impfpass einer 17-Jährigen einen Apotheker an der Weseler Straße in Marxloh bei der Plausibilitätsprüfung misstrauisch. Der 34-Jährige stellte Nachfragen, woraufhin die junge Frau die Flucht ergriff.
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Der Apotheker rief die Polizei. Die Ermittler fanden dann in einer Wohnung an der Gertrudenstraße nicht nur den unechten Impfpass der 17-Jährigen, sondern auch den ihres 20 Jahre alten Ehemannes. Beide Pässe waren für die Bescheinigung von Corona-Impfungen mit gefälschten Chargenaufklebern versehen.
Der Mann berichtete, dass er die Fälschungen bei einem 39-Jährigen aus Oberhausen gekauft habe. Daraufhin durchsuchten Einsatzkräfte dessen Wohnung, entdeckten dort negative Corona-Testbescheinigungen, einen weiteren gefälschten Impfpass sowie eine Kundenliste.
Gefälschte Impfpässe: Was ist über die Händler bekannt?
Was ist über die Impfpassfälscher und deren Vorgehen bislang bekannt? „Zu den Hintergründen der Täter können wir aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen“, gibt sich Polizeisprecher Tepe noch bedeckt.
Klar ist: Die Fälschungen werden unter anderem im Internet angeboten. Zum Beispiel beim Messengerdienst Telegram bieten sie Täter unter Pseudonymen in Gruppen an. Erstimpfung, Zweitimpfung und sogar Boosterimpfung – selbst den im falschen Dokument vermerkten Impfstoff können die Kunden der Kriminellen auswählen.
Als Vorlage für die Fälschungen dienen laut LKA Fotos in sozialen Netzwerken. Dort ist oft auch die Chargennummer für die Impfstoffe zu erkennen. Auch die Polizei Duisburg warnt deshalb eindringlich davor, Bilder von seinem Impfpass bei Facebook, Instagram und Co. zu veröffentlichen.
Fälscher bauen sich Verkaufsnetzwerke auf
150 bis 300 Euro kosten die gefälschten Impfpässe. Augenzeugen berichteten bereits im September erstmals von einem Handel mit den Fälschungen auf dem Hamborner Altmarkt. Auch auf Trödelmärkten im Stadtgebiet sollen die falschen Dokumente angeboten worden sein.
Die Schwarzhändler bauen sich zum Teil eigene Verkaufsnetzwerke auf. Die Erkenntnisse erlangte die Kripo bei der Durchsuchung der Wohnung eines 26-Jährigen in Wanheim-Angerhausen: Dort fanden die Beamten neben einer zweistellige Zahl von falschen Impfausweisen sowie selbst hergestellte Chargen-Aufkleber auch eine Kundenliste.
>>Bei gewerbsmäßigem Handel droht eine Freiheitsstrafe
- Durch eine Änderung im Strafgesetzbuch stehen seit November 2021 Impf-, Test- und Genesenen-Dokumentationen unter strafrechtlichen Schutz. Gegen Personen, die Impfnachweise fälschen oder diese einsetzen, wird wegen eines Verstoßes gegen Paragraf 275 Strafgesetzbuch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
- Möglich ist demnach eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe, wenn nicht gewerbsmäßig gehandelt wurde. Bei gewerbsmäßigem Handel fällt das Strafmaß höher aus.
- Die Polizei weist also noch einmal darauf hin, dass auch die Personen, die einen gefälschten Ausweis nutzen, mit einem Verfahren rechnen müssen.