Essen. In Nordrhein-Westfalen tauchen gehäuft gefälschte Impfpässe auf. Für die Polizei und Apotheken ein echtes Problem, das immer größer wird.
Die Corona-Regeln haben sich verschärft, der Handel mit gefälschten Impfausweisen boomt: Immer häufiger stoßen Ermittlerteams in Nordrhein-Westfalen auf Fake-Zertifikate. Wie das Landeskriminalamt (LKA) mitteilte, wurden im Dezember des Vorjahres 1515 Taten erfasst – so viele, wie in keinem Pandemie-Monat zuvor.
Insgesamt werde in NRW seit April in rund 3500 Fällen ermittelt, so das LKA. Dabei ist es erst seit dem 24. November eine Straftat, Impfpässe zu fälschen und falsche Zertifikate zu verwenden. Es drohen mehrere Jahre Haft. Seitdem die Gesetzesänderung in Kraft ist, sind die Fallzahlen deutlich angestiegen: Knapp zwei Drittel der Ermittlungsverfahren wurden in den vergangenen zwei Monaten protokolliert. Und die wahre Zahl der gefälschten Ausweise, die sich im Umlauf befinden, dürfte sogar noch größer sein.
Gefälschte Impfpässe in NRW: Dunkelziffer dürfte hoch sein
„Wir gehen von einer extrem hohen Dunkelziffer aus“, sagte Gunnar Weber, Sprecher bei der Dortmunder Polizei. Die gemeldeten Fälle seien wohl „nur die Spitze des Eisbergs“. Für die Dortmunder Polizeikräfte sind falsche Zertifikate ein „sehr großes Problem“, sagte Weber. Seit Winter verdoppeln sich die Fälle monatlich.
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Inwiefern es einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Zahlen und den geltenden Corona-Regeln gibt, lässt sich laut dem LKA noch nicht abschließend bewerten. Die verschärften Regelungen führten aber sicher zu einem Tatanreiz für ungeimpfte Personen, „da sie mit gefälschten Impfpässen die Regelungen umgehen können“, so die Fachleute.
Maßnahmen, die den Alltag für Ungeimpfte arg einschränken, gelten seit Herbst. Flächendeckend wurde im November beispielsweise die 2G-Regel im Freizeitbereich eingeführt. Lediglich Geimpfte und Genesene erhalten in NRW Zutritt zu bestimmten Orten und Veranstaltungen. Für Restaurantbesuche gilt mittlerweile sogar 2G+: Geimpfte und Genesene müssen sich zusätzlich testen lassen, für Geboosterte entfällt diese Testpflicht.
Hohe Verantwortung für die Apotheken in NRW
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Gefälschte Impfpässe fliegen oftmals in Apotheken auf. Apothekerinnen und Apotheker scannen Impfnachweise und digitalisieren sie. „Nach bestem Gewissen und Gewissen“ gehen die Angestellten dabei vor, so Sebastian Sokolowski von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Fakes hätten viele Merkmale. „Die Apotheken finden eine ganze Menge und versuchen alles.“
Allerdings scheinen sie dabei auf sich allein gestellt zu sein. „Das große Problem ist, dass die Apotheken ein Dokument, das nicht fälschungssicher ist, auf Echtheit überprüfen sollen. Viele legen enormen detektivischen Spürsinn an den Tag, rufen zum Beispiel bei Ärzten an oder prüfen die Plausibilität auf andere Weise – trotzdem bleibt es eine kaum zu lösende Mammut-Aufgabe“, sagt Jens Krömer, Sprecher der Apothekerkammer Nordrhein.
Tatsächlich haben die Fälscher ein vergleichsweise leichtes Spiel: Impfpässe enthalten keine Echtheitsmerkmale. Sie sind zudem frei und legal erhältlich. Eine weitere Herausforderung sei laut dem LKA die Nachahmung von Chargennummern und Stempeln.
LKA NRW hat den Messenger „Telegram“ und das „Dark-Net“ im Visier
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Für die Apotheken könnte die „Mammut-Aufgabe“ in Zukunft noch größer werden, befürchtet Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. Für ihn hängt der Zuwachs der Fälschungsversuche mit Regeln wie 2G und 2G+ zusammen. Bei einer Impfpflicht, über die derzeit in Deutschland diskutiert wird, rechnet er mit weiteren Fällen: „Wenn wir eine Impfpflicht einführen, brauchen wir ein sicheres Impfregister. Wir gehen davon aus, dass es bei einer Impfpflicht noch wesentlich mehr Fälschungen geben wird.“
Die Ermittlerteams in NRW versuchen derweil, den Handel mit gefälschten Impfpässen zu erschweren. Verkauft werden Fake-Papiere oftmals über Messenger-Dienste wie „Telegram“. Das LKA hat soziale Netzwerke, Messenger sowie Internetseiten im „Dark-Net“ im Visier. Ziel sei es, dort Anbieter von gefälschten Impfpässen zu identifizieren. Wird ein entsprechendes Angebot festgestellt, werde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, heißt es vom LKA.