Ruhrort. Vor Jahrzehnten wurde der Schnaps „Ruhrorter Stadtgespräch“ entwickelt. Wie das Getränk zu seinem Namen kam, und wo es den Schnaps noch gibt.

Waschen, schneiden, legen und dazu ein Schnäpschen: Der Friseursalon von Anja Westerhelweg, gelegen am Neumarkt mitten in Ruhrort, ist eine Institution. Dabei kommt der eine oder andere Kunde gar nicht zum Kürzen, sondern für den Kurzen – die Friseurin vertreibt nämlich den Traditionsschnaps „Ruhrorter Stadtgespräch“.

Der Geschmack des Kräuterlikörs:angenehm und recht süffig

Ursprünglich stammt die Idee für den Likörschnaps mitsamt 34 Umdrehungen von der ehemaligen Drogerie Reichenbach, die sich 118 Jahre lang im Stadtteil befand. „Früher hat man dort ja nicht nur Kosmetik gekauft, sondern Drogisten haben viele Mittel selbst angemischt“, erinnert sich Anja Westerhelweg. Zum Beispiel die so genannte „Beinbräune“, die blassen Damenbeinen den Hautton von zarter Seide verleihen sollte. Außerdem auch so manche Mixtur mit Alkohol...

Frank Switala, Tourguide für die Route „Hafenlegenden“ bei DU-Tours, verkostet den Schnaps mit seinen Gästen.
Frank Switala, Tourguide für die Route „Hafenlegenden“ bei DU-Tours, verkostet den Schnaps mit seinen Gästen. © FUNKE Foto Services | Foto: Fabian Strauch

Schätzungsweise in den 1970er Jahren wurde das Ruhrorter Stadtgespräch erfunden. „Wer davon ein paar zu viel hatte, torkelte ganz schön und wurde schnell zum Stadtgespräch“, leitet Anja Westerhelweg den Namen her.

Der Kräuterschnaps ist recht süffig – die einen meinen, eine süßliche Kirschnote zu erkennen, andere einen Hauch von Marzipan. „Ich bin nicht so eine Schnapskennerin“, gesteht die Friseurin, und wirklich bekannt sei ihr das Rezept auch nicht. „Ich habe 2018 nur den Vertrieb übernommen. Es wäre ja schade gewesen, wenn so ein Tradition einfach verschwindet.“

Hergestellt wird der Hochprozentige in Oberhausen, ausgeschenkt beispielsweise in der Taverne. „Früher gab’s ja viel mehr Kneipen in Ruhrort“, erinnert sich Dagmar Dahmen. Die Inhaberin von DU-Tours und ihr Team führen mittlerweile Gäste auf den Spuren der alten Kneipen durch den Stadtteil. „Tante Olga“ oder „Postkutsche“ sind legendär. „Zum Kaiserhafen“, der Hübi oder „Zum Itze“ existieren heute noch.

Das Stadtgespräch hat aber nicht nur Liebhaber in Duisburg. Erst neulich hat Anja Westerhelweg wieder eine Kiste nach Hamburg geschickt. Für Geburtstage oder Feiern ist die Flasche auch ein beliebtes Mitbringsel – Kostenpunkt 13,95 Euro.

Wegen der aktuellen Corona-Regeln verkauft Anja Westerhelweg das Getränk übrigens nur in Flaschen. Eine kleinere Dosis gibt’s Gläschenweise in den Ruhrorter Gaststätten.