Seit 50 Jahren wird in der Taverne in Duisburg-Ruhrort getrunken, gegessen, gefeiert – und auch mal getrauert. Ein Besuch zum Jubiläum.
Götz George alias Horst Schimanski hat hier schon Rouladen gegessen, Box-Legende Graciano Rocchigiani am Tresen gestanden – ebenso wie Fast-Fußball-Nationaltrainer Christoph Daum. Am 15. März feiert die „Taverne“ in Duisburg-Ruhrort 50-jähriges Jubiläum.
1970 haben die Betreiber Michael (77) und seine Frau Gunda Scholz (69) nicht lange überlegt, als ihr Vorgänger ihnen anbot, die Kneipe zu übernehmen. Der damals 27-jährige Michael Scholz hatte dort zuvor ein Jahr als Koch gearbeitet. „Da waren immer gute Gäste, viele aus der Schifffahrt“, sagt Gunda Scholz. „Ich wollte von Anfang an annehmen“, ergänzt ihr Mann, „weil Kochen meine Leidenschaft ist.“
Ehepaar kommt nicht gebürtig aus Duisburg-Ruhrort
Anfangs brauchten die Ruhrorter ein wenig, um sich an das Ehepaar zu gewöhnen. „Wir gehen zu den Fremden“, hieß es zunächst, wenn die „Einheimischen“ auf ein Bier vorbeischauten. Denn Michael Scholz kommt gebürtig aus Goslar, sie aus Flensburg. Aber es dauerte nicht lange, da schlossen die Ruhrorter die beiden in ihr Herz, aus Fremden wurden schnell Mike und Maus.
Die Spitznamen sind bis heute geblieben. Und die Taverne ist eine Art Dorfmittelpunkt. Die Ruhrorter feiern dort die Taufe ihrer Kinder, lassen es krachen, wenn sie heiraten und trauern nach Beerdigungen zusammen.
Die Taverne ist eine Kultkneipe – und hier verbirgt sich auch ein Stück Stadtteilgeschichte. „Die Sitzbänke sind 100 Jahre alt“, erklärt Michael Scholz. „Duisburger Ruhrort Bank“ steht in Frakturschrift darauf, darüber die Wappen von Ruhrort und Duisburg. Sie stammen aus der Kneipe Postkutsche. „Als die dicht gemacht wurde, hat der Schreinermeister die bei uns einmontiert, sagt er.
Ruhrorter Stadtgespräch: Kräuterschnaps ist Spezialität des Hauses
Die Ruhrorter nannten die Taverne früher D-Zug. Einerseits weil sie lang und schmal ist, anderseits, „weil es hier immer zur Sache ging“, sagt Michael Scholz. Die Spezialität des Hauses ist das Ruhrorter Stadtgespräch – ein Kräuterschnaps. „Den kauft Maus beim Friseur“, sagt ihr Mann. „Wenn sie da ankommt, fragen die schon: ‘Wie viele Drogen willste heute?’“, erzählt er und lacht laut. Die genaue Herkunft und Rezept bleiben geheim. Ruhrorter Ordnungshüter sollen früher nach ihrem Dienst gerne mal einen „Dreier“ bestellt haben – drei Korn mit einem Schluck Limo.
Michael Scholz hat seine Küche im ersten Stock. Er brutzelt Rouladen, Frikadellen – typische deutsche Hausmannskost. „Am liebsten mache ich Goslarer Pfeffersteak. Das ist aus Rind.“ Um das Essen nach unten zu bringen, benutzt er einen alten Flaschenzug. „Da muss man richtig kräftig ziehen“, sagt er.
Gunda Scholz nimmt die Speisen entgegen und bringt sie den Gästen bedient. Zeit für einen Plausch bleibt immer. Das ist es, was sie am meisten an der Kneipe liebt.
Benefiz-Abend für Menschen mit Handicap
Wenn sie Freizeit hat, kümmert sie sich um ihre schwerbehinderte Tochter Kerstin, die in einer Behindertenwerkstatt arbeitet. Einmal im Jahr lädt das Ehepaar zu einem Benefiz-Abend, um Geld zu sammeln für die Sozialeinrichtung Lebenswerk, die sich um Menschen mit Handicap kümmern. Immer etwa 3000 Euro kommen an den Abenden zusammen.
Wöchentlich treffen sich CDU, SPD, die Awo und viele weitere Vereine und Organisationen zum Stammtisch. „Wir sind mit unseren Gästen alt geworden – und sie sind unsere Freunde geworden“, sagt Gunda Scholz.
Die Ruhrorter können sich freuen. Die Taverne wird es auch in Zukunft geben. „Ein paar Jährchen wollen wir es noch machen“, sagt Michael Scholz. Darauf ein Ruhrorter Stadtgespräch!