Duisburg. Die Schauspielerin Suzanne von Borsody berührt bei einer Weihnachtslesung die Duisburger Gäste. Warum ein Plüschschwein dabei hilft.

Leise Musik von Klavier und Bass dringt aus der oberen Etage des Stadtfensters. Die hundert Zuhörerinnen im Vortragssaal der Duisburger Zentralbibliothek sind mucksmäuschenstill. Die bekannte Schauspielerin Suzanne von Borsody liegt mit dem Kopf auf dem Lesepult, das Gesicht in den verschränkten Armen verborgen und rührt sich nicht mehr. Aber es ist nicht sie, die hier ihren Rausch ausschläft.

Es ist die Protagonistin der Geschichte „Erika oder Der verborgene Sinn des Lebens“ von Elke Heidenreich. Die traurige Berlinerin ist im Fortgang der Lesung am Weihnachtsabend in einer geschlossenen Pension in Bellinzona im schönen Tessin gestrandet. Und dort mit einem einsamen italienischen Koch gemeinsam total abgestürzt. Es wird viel gegessen, mehr getrunken und auch geweint in dieser Nacht. Der Koch vermisst seine Ehefrau, die ihn verlassen hat. Sie sei genau so schön rund und rosig gewesen wie Erika, das lebensgroße Plüschschwein, das mit am Tisch sitzt in der stillen Herberge.

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Weihnachtslesung von Suzanne von Borsody begeistert mit subtiler Vortragskunst

Die Weihnachtslesung mit Suzanne von Borsody, veranstaltet vom Verein für Literatur in Kooperation mit dem Seniorenbeirat, musste coronabedingt schon mal verschoben werden. „Als wir den Termin für die Lesung von vergangenen Jahr auf dieses Jahr verschoben haben, da dachten wir tatsächlich, dass bis dahin die Pandemie kein Thema mehr sein würde“, sagt der Leiter der Stadtbibliothek Jan-Pieter Barbian. „Hoffentlich können wir alle diese Endlosschleife bald mal verlassen.“

„Wir werden alles geben“, verspricht von Borsody bei der Begrüßung. Dieses Versprechen hält sie: Ihre subtile Vortragskunst, die leise Musik, die den Fortgang der Handlung hintergründig kommentiert und die bittersüße Geschichte machen den Abend zu einem besonderen Erlebnis und erzeugen Vorweihnachtslaune. „War das nicht wunderschön? Das war doch wirklich eine gute Idee von mir, heute trotz Corona-Bedenken herzukommen. Das hat mir ausnehmend gut gefallen“, sagt Zuhörerin Elisabeth Karlstein zum Schluss.

Elke Heidenreich schreibt über gescheiterte Liebe und ein Plüschschwein

Begeistert hatte sie die Geschichte über die Journalistin aus Berlin, die genau so wenig Italienisch kann wie der Koch Deutsch. Sie wollte eigentlich in Lugano einen alten Exfreund besuchen und hat das Plüschschwein als Mitbringsel ausgesucht und Erika getauft. Die Weihnachtsreise mit Erika wirkt dann aber seltsam tröstlich auf die ausgebrannte, erstarrte Frau, denn Erika nötigt im Taxi, im Flieger und auf den Bahnhöfen zwischen Berlin und Bellinzona jedem Mitreisenden mindestens ein Lächeln ab. Sie wird unterwegs pausenlos verwöhnt, gekrault und umarmt.

Dabei fällt auch für ihre Trägerin so viel Kontakt und Liebe ab, dass es ihr viel besser geht, als sie in Lugano ankommt. So gut, dass sie spontan ihre Reisepläne ändert. Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass nicht nur sie am Ende Schwein hat.

Lächelnd und ein bisschen glücklicher bedankten sich denn auch die Zuhörerinnen bei Suzanne von Borsody und den beiden Musikern vom Ensemble del Arte mit großem Applaus.

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