Duisburg. Unterrichtsausfall mit Ansage: Am Donnerstag streiken angestellte – und schlechter bezahlte – Lehrer. Warum es in Duisburg besonders viele gibt.

Der Stadtverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hofft, dass am kommenden Donnerstag an vielen Duisburger Schulen in möglichst vielen Klassen Unterricht ausfallen muss: Die GEW ruft ihre tarifbeschäftigten Mitglieder im Regierungsbezirk Düsseldorf am 18. November zum ganztägigen Warnstreik auf, um für eine bessere Bezahlung der angestellten Lehrkräfte zu demonstrieren. Und im unter chronischem Lehrermangel leidenden Duisburg sind anteilig besonders viele Lehrerinnen und Lehrer privatrechtlich beschäftigt statt verbeamtet.

Von den ungefähr 5000 Lehrern, die zwischen Walsum und Mündelheim unterrichten, seien „etwa 1000 angestellt“, schätzt Rüdiger Wüllner, Vorsitzender des GEW-Stadtverbandes. Und wer nie verbeamtet wurde (wie viele Quereinsteiger), wird nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) bezahlt – und erhält so deutlich weniger Nettogehalt als Beamtinnen und Beamte, die keine Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bezahlen.

GEW-Warnstreik in Duisburg an der Green Gesamtschule in Rheinhausen

Mit dem Warnstreik reagiert die GEW nun darauf, dass jüngst in Potsdam auch die zweite Verhandlungsrunde für die mehr als eine Million Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes der Bundesländer ergebnislos geblieben war (siehe Infobox).

In Duisburg hat die GEW für ihren Warnstreik am Donnerstag ganz bewusst die Green Gesamtschule in Rheinhausen als Schauplatz des organisierten Protests ausgewählt. Denn die Gesamtschule am Körnerplatz gehört nicht nur zu den größten Schulen der Stadt, sondern „hier sind mit etwa 50 Prozent besonders viele Kolleginnen und Kollegen Angestellte“, erklärt Tanja Junkers, die zweite GEW-Vorsitzende in Duisburg.

Die Duisburger GEW-Vorsitzenden Rüdiger Wüllner und Tanja Junkers (Archivbild: 2019).
Die Duisburger GEW-Vorsitzenden Rüdiger Wüllner und Tanja Junkers (Archivbild: 2019). © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die jüngst mit dem renommierten Deutschen Schulpreis ausgezeichnete Schule wird zudem von einer nicht verbeamteten Lehrerin geleitet, von Martina Zilla Seifert. Diese bekomme aufgrund ihres Beschäftigungsverhältnisses unterm Strich „etwa 1000 Euro weniger als ihre Stellvertreterin“. Das rechnet Gabi Wegner vor, im GEW-Stadtverband Vorsitzende des Arbeitskreises Tarifbeschäftigte.

Dass viele Lehrer die Voraussetzung zur Verbeamtung nicht erfüll(t)en, hat oftmals biografische Gründe. Dennoch gelte grundsätzlich leider: Je schwieriger der Schulstandort, desto mehr angestellte, also schlechter bezahlte Lehrkräfte gebe es dort, erklärt Tanja Junkers das Dilemma.

Zur Erinnerung: Mindestens 250 Lehrerstellen waren in Duisburg im September unbesetzt, vor allem an Grund- und Förderschulen (wir berichteten). Wenn Schulleiter für ihre freien Stellen keine studierten Pädagogen finden, die das Referendariat absolviert haben, „suchen sie auch Seiteneinsteiger für ihre Kollegien“, erklärt Junkers den Zusammenhang.

GEW hofft auf über 300 Teilnehmer – Streik wohl auch am 25. November

In der aktuellen Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern, den Bundesländern also, fordert die GEW die „Erhöhung der Tabellenentgelte um fünf Prozent, mindestens aber 150 Euro“ und auch eine monatliche Gehaltserhöhung für Auszubildende und Praktikanten um 100 Euro. Zwei weitere Nebenforderungen sollen die finanzielle Benachteiligung gegenüber Beamten verringern: grundsätzlich, aber auch im Zuge von Beförderungen.

Rüdiger Wüllner hofft, dass zur Kundgebung am Donnerstag ab 9 Uhr mehr als 300 Lehrerinnen und Lehrer kommen. Viele seien in der anhaltenden Corona-Ausnahmesituation „mit den Kräften am Ende“. Was sie besonders ärgere, so Tanja Junkers: „Vor einem Jahr waren wir für die Politik noch systemrelevant, und jetzt argumentieren die Länder mit den Corona-Kosten gegen Gehaltserhöhungen.“

Mit Blick auf die dritte Verhandlungsrunde und die anscheinend verhärteten Fronten zwischen Gewerkschaften und Länder-Vertretern müssen sich Schulen – und Eltern – auch in Duisburg auf weitere Unterrichtsausfälle durch Streiktage einstellen: Am Donnerstag, 25. November, wollen so mehrere Berufsgruppen im öffentlichen Dienst vor dem Landtag demonstrieren, auch die Lehrer. Eltern betroffener Kinder sollen jeweils rechtzeitig im Voraus über den Ausfall informiert werden, sagt Wüllner.

>> 7,5 MILLIARDEN EURO KOSTEN – FÜR ARBEITGEBER UNREALISTISCH

■ Der Tarifabschluss für die 1,1 Millionen Tarifbeschäftigten soll auch auf Beamte und Versorgungsempfänger in den Ländern und Kommunen übertragen werden. Verdi verhandelt für GEW, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit.

■ Vorsitzender der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber hatte die Kosten der Gewerkschaftsforderungen bei der Übertragung eines Abschlusses auf Beamte und Pensionäre gegenüber dem Handelsblatt auf jährlich 7,5 Milliarden Euro beziffert.