Duisburg. Mehrfach wurde ein Obdachloser in Duisburg überfallen. Ein 22-Jähriger aus dem Rotlichtviertel stand unter Tatverdacht. Gericht hat aber Zweifel.

Ein 22-Jähriger aus dem Rotlicht-Milieu soll in Duisburg einen Obdachlosen um dessen Hab und Gute gebracht haben. Der Mann muss sich deshalb vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz verantworten. Innerhalb von acht Wochen soll er gleich viermal einen 44-jährigen Mann, der sein Quartier am Außenhafen zwischen Marientor und Schwanentor aufgeschlagen hatte, belästigt haben.

Bei den beiden ersten Taten im März dieses Jahres soll sich der Angeklagte als Mitarbeiter eines Security-Dienstes ausgewiesen haben. Unter dem Vorwand, den Obdachlosen nach Drogen untersuchen zu müssen, soll der angeblich Deutsch und Englisch sprechende Mann ihm ein Handy, einen Kompass und 20 Euro weggenommen haben. Als der Mann sich wehrte, soll er ihn zu Boden gedrückt und ihn festgehalten haben. Der Obdachlose soll bei den folgenden Taten, bei denen ihm insgesamt 17 Euro, mehrere Feuerzeuge, eine Messinghalskette und ein MP 3 Player gestohlen wurden, nicht an Widerstand gedacht haben.

22-Jähriger bestreitet Taten in Duisburg

Der Angeklagte ließ die Vorwürfe durch seine Verteidigerin bestreiten. „Er hat gar keinen Grund einen Obdachlosen zu überfallen“, so die Anwältin. Denn der verheiratete Mann habe stets Arbeit gehabt. „Seine Frau hat mir die Verträge geschickt.“ Umso erstaunlicher, dass das Paar zur Tatzeit in einer Wohnung an der Charlottenstraße wohnte, die die Stadt inzwischen für unbewohnbar erklärte. „Und er kann kaum Deutsch“, ergänzte die Verteidigerin. „Von Englisch ganz zu schweigen.“

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Der 44 Jahre alte Obdachlose tat sich im Zeugenstand schwer mit Details und vor allem mit den Zeitabläufen. Er behauptete, gleich nach der letzten Tat die Polizei gerufen zu haben. Laut Aktenlage hatte er den angeblichen Täter erst zehn Tage später wiedererkannt und die Ordnungshüter alarmiert.

Am Ende gab es zu viele Zweifel

Ein Bekannter des 44-Jährigen, der einen Überfall miterlebte, war sich nicht sicher, dass der Angeklagte der Täter gewesen sei. Ein anderer Kumpan, dem selbst ein Messer gestohlen worden war, erkannte den 22-Jährigen angeblich sofort wieder. Auf Bildern, die ihm die Polizei vorlegte, hatte er den Angeklagten jedoch nicht identifizieren können. „Aber jetzt“, trumpfte der Zeuge auf. „Das liegt an der Energie. Und an seinem ganzen Auftreten.“ Der Vorsitzende trocken: „Der Angeklagte sitzt doch nur da. Also ich habe keine Fragen an den Zeugen mehr.“

Überhaupt dauerte es ab da bis zum Freispruch nicht mehr lange. Zwar hatte niemand ernsthafte Zweifel daran, dass der Obdachlose mehrfach Opfer von Gewalttaten, Diebstählen und Räubereien geworden war. Doch für eine Verurteilung des 22-Jährigen reichten die Beweise keinesfalls aus. Erleichtert konnte der das Gerichtsgebäude nach fast fünf Monaten Untersuchungshaft als freier Mann verlassen.