Duisburg. Ein Foto vom Duisburger Hauptbahnhof dokumentiert Probleme bei der Barrierefreiheit. Die Geschichte hinter dem Bild, das nun ausgezeichnet wurde.

Ein Foto aus Duisburg erlangt derzeit bundesweit Aufmerksamkeit: Es zeigt den ehemaligen Ratsherrn und Rollstuhlfahrer Frank Rich an den den Behindertenparkplätzen am Portsmouthplatz, wenige Meter vom Haupteingang des Hauptbahnhofs entfernt. Schnell fällt auf, dass hier etwas nicht stimmt. Denn: Eine hohe Bordsteinkante trennt den Behindertenparkplatz und Rollstuhlfahrer Rich. Barrierefreiheit? Fehlanzeige!

Das Bild hat Theo Küpper aufgenommen und damit den Fotowettbewerb „Barrierefrei besser ankommen“ vom Auto Club Europa (ACE) gewonnen. „Als ich gefragt worden bin, ob ich eine Stelle kennen würde, wo es für körperlich Eingeschränkte in Duisburg wegen fehlender Barrierefreiheit schwierig sei, musste ich lachen“, erklärte Rich bei der Preisübergabe. „Da gibt es nicht nur eine.“

Das Gewinnerfoto des ACE-Wettbewerbs aus Duisburg.     
Das Gewinnerfoto des ACE-Wettbewerbs aus Duisburg.      © Theo Küpper

Bild aus Duisburg gewinnt bei Fotowettbewerb

Von April bis August dieses Jahres hatten Mitglieder des ACE aber auch Nicht-Mitglieder bundesweit die Möglichkeit an dem Fotowettbewerb teilzunehmen. Unter den insgesamt circa 100 Einsendungen wurde in allen sechs Regionen des ACE von einer Jury im Bundestag jeweils ein Gewinnerfoto bestimmt.

Was sie gemeinsam haben: Auf ihnen wird das alltägliche Dilemma für Körperbehinderte deutlich: Mal befindet sich unmittelbar vor einer Packstation ein schmaler und hoher Bordstein, mal führt eine Rampe in einem Parkhaus direkt in ein Treppenhaus, oder eine solche Rampe fehlt komplett und Betroffene haben keine Chance, ihr Gleis an einem Bahnhof zu erreichen. Die Liste an unüberwindbaren Barrieren in ganz Deutschland ließe sich noch verlängern.

Mit ihrem Gewinnerfoto vom Portsmouthplatz machen Theo Küpper und Frank Rich auf die Problematik der Behindertenparkplätzen am Hauptbahnhof aufmerksam. Diese relativ neuen Parkplätze verfügen über keine abgesenkten Bordsteinkanten, so dass Rollstuhlfahrer gezwungen sind, nach dem Parken teils gefährliche Umwege in Kauf zu nehmen. „Manche Parkplätze, wie die auf dem Portsmouthplatz zum Beispiel, sind zwar vorbildlich umgesetzt worden, andere wiederum werden sehr stiefmütterlich behandelt“, erklärt Rich. „Die Gestaltung des Portsmouthplatzes ist behindertenfeindlich und eine totale Fehlplanung!“ Schließlich sei man „mitten im Autoverkehr“, wenn man den Bordstein umgehen müsse.

Dass es dadurch auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich werden kann, hat Rich schon selbst hautnah erleben müssen: „Einmal habe ich einem Radfahrer durch eine laute Warnung sprichwörtlich das Leben gerettet, weil dieser sich bei einem möglichen Aufprall auf den zu hohen Bordstein mit Sicherheit schwer verletzt hätte.“

Hoffnung auf Verbesserungen – zum Beispiel im ÖPNV

Um auf solche Probleme aufmerksam zu machen und diese in Zukunft zu verhindern, plant der ACE regelmäßig neue Aktionen. „Meistens bewegen wir uns im Rahmen der Verkehrssicherheit, zum Beispiel durch Parkhauschecks oder eben diesen Fotowettbewerb“, erklärt Tolga Kaya. Den NRW-Beautragten des ACE überrascht es nicht, dass in diesem Jahr die Mobilitätsbehinderung in den Fokus genommen wird.

Schließlich seien nicht nur Rollstuhlfahrer wie Fank Rich von Barrieren vielerorts betroffen. „Das Thema betrifft mehr Menschen als gedacht, zum Beispiel diejenigen mit Sehbehinderungen, aber auch Seniorinnen und Senioren oder Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen mit Kinderwägen.“ Insgesamt sind rund 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mobil eingeschränkt und auf barrierefreie Anlagen angewiesen.

Theo Küpper, Frank Rich und Tolga Kaya bei der Preisübergabe.
Theo Küpper, Frank Rich und Tolga Kaya bei der Preisübergabe. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Geht es nach Frank Rich, so sollte „man sich mit den Betroffenen in Zukunft mehr zusammensetzen.“ Gemeinsam mit Thilo Küpper und Tolga Kaya hofft er, dass sich die Situation für alle Betroffenen in ganz Duisburg dank des Wettbewerbs und der damit verbundenen medialen Aufmerksamkeit weiter verbessern wird. In diesem Jahr wurde bereits die Stadtbahn-Haltestelle Grunewald barrierefrei umgestaltet. Die Tatsache, dass die Nutzung des ÖPNV bis zum ersten Januar 2022 in ganz Deutschland barrierefrei gemacht werden soll, stimmt die Anwesenden zuversichtlich.

>>Barrierefreiheit im ÖPNV geplant

  • Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) verweist auf seiner Homepage auf die Leitfäden und Checklisten, welche Empfehlungen für die barrierefreie Gestaltung des ÖPNV geben. Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) sieht die vollständige Barrierefreiheit des ÖPNV ab dem 1. Januar 2022 vor.
  • In Duisburg berät eine Koordinierungsstelle Bauherren und Architekten über die Einhaltung und die Umsetzung behindertengerechter und barrierefreier Planungen und Bauausführungen.