Duisburg. Das Impfzentrum ist aus dem Theater am Marientor ausgezogen. Was jetzt aus dem mit „Les Miserables“ in Duisburg eröffneten Musical-Theater wird.

Das Impfzentrum im Theater am Marientor (TaM) ist ausgezogen. Was wird jetzt aus dem 1996 in Duisburg eröffneten Musicaltheater? Auf die Bühne kehrt einer zurück, dessen Name immer wieder im Zusammenhang mit dem TaM genannt wurde, einer, der auch den schweren Wettern, in die das Theaterschiff immer wieder geraten ist, trotzt.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert:Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Seit 1999, als der Vorhang für das Musical „Les Miserables“ im eigens dafür gebauten Theater fiel und die damalige Produktionsfirma Stella AG Pleite ging, wechseln Glanz und Elend, Höhenflüge und Abstürze im markanten rote Gebäude an der Plessingstraße. Zunächst übernahm die Stadttochter Gebag das Haus, Duisburg Marketing holte Musical-Gastspiele, Fernsehproduktionen, Bands und Kabarettisten ins Haus. Doch es blieb ein Zuschussgeschäft für die Stadt. 2011 wurde es geschlossen, 2012 beschloss der Rat, das Theater zu verkaufen.

Wolfgang DeMarco: TaM vor erfolgreicher Zukunft

Das erwies sich als schwierig, flaute das Musical-Geschäft doch spürbar ab. Und wer braucht schon ein Theater? Wolfgang DeMarco, der sich über zehn Jahre bemüht hat, Theaterdirektor zu werden. Der von ihm geplante Kauf scheiterte an der Finanzierung, 2015 dann wurde er Geschäftsführer und bald wieder abgelöst, kehrte zurück und stürzte schließlich mit seinem Musical-Projekt „Braveheart“ ab.

Schlüsselübergabe um Mitternacht: Bernd Wolf von der Duisburger Feuerwehr, der das Impfzentrum organisatorisch geleitet hat, und Wolfgang DeMarco, der zum 1. Oktober wieder Direktor im TaM ist.
Schlüsselübergabe um Mitternacht: Bernd Wolf von der Duisburger Feuerwehr, der das Impfzentrum organisatorisch geleitet hat, und Wolfgang DeMarco, der zum 1. Oktober wieder Direktor im TaM ist. © TaM

Seit 1. Oktober ist er wieder da: „Pünktlich um Mitternacht übergab der Leiter des Coronazentrums Bernd Wolf symbolisch den Schlüssel des Theaters an den Direktor des TaM, Wolfgang DeMarco“, heißt es in einer Pressemitteilung der TaM Theater GmbH, die DeMarco als „Direktor, Produzent“ unterzeichnet hat. „Damit beginnt im Haus eine neue Ära“, so DeMarco. Bereits im September hätten Duisburger Unternehmer die Spielstätte übernommen, heißt es weiter.

Abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie sowie der Bereitschaft von Produktionsunternehmen, den durch die Pandemie gerissenen Faden wieder aufzunehmen, soll im Januar 2022 der Vorhang wieder hoch gehen. DeMarco: „Mit einer klaren Strategie, neuen Wegen und Ideen, einer Portion Mut und ein wenig Geduld, ist dem TaM eine erfolgreiche Zukunft sicher.“

Duisburger Immobilienfirma hat das Gebäude übernommen

Als Theater-Geschäftsführer fungiert Marc Schäfer, der in Duisburg als Immobilienunternehmer aktiv ist. Laut Grundbuch ist Eigentümer des TaM die Duisburg Immobilien 6 GmbH. Sie hat ihren Sitz am Weidenweg 27 in Kaßlerfeld, ist dort aber telefonisch nicht zu erreichen. Ein Briefkasten trägt mehrere Firmennamen, die Duisburg Immobilien heißen und durchnummeriert sind. Im Handelsregister wurde die TAM Theater GmbH unter „Duisburg Immobilien 9 GmbH“ eingetragen. Den Namen Marc Schäfer findet man allerdings auch als Bauherr des Twins-Hotels an der Steinschen Gasse, Ecke Musfeldstraße.

Jetzt soll das Theater also wieder bespielt werden, dem 2013 angesichts der Kosten des leerstehenden Gebäudes sogar der Abriss drohte. Gerettet wurde das Gebäude nur, weil die Mercatorhalle wegen massiver Brandschutzmängel geschlossen werden musste und die Duisburger Philharmoniker zum zweiten Mal nach dem Neubau der Mercatorhalle eine Ausweichspielstätte benötigten.

Theater wurde 2015 gleich zweimal verkauft

Schließlich fand sich nach jahrelangen, zähen Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten 2015 mit „Mehr! Entertainment“ doch noch ein Käufer. Das Düsseldorfer Unternehmen übernahm für 2,5 Millionen Euro das schmucke Theater, um es bereits vier Monate später weiter zu verkaufen – an die Autark-Gruppe von Stefan Kühn, die zuvor als Konkurrent von „Mehr! Entertainment“ 300 000 Euro mehr geboten, aber nicht den Zuschlag der Duisburger Bauverwaltung (DBV) bekommen hatte.

Jetzt wurde der ehemalige Musicaldarsteller künstlerischer Direktor im TaM, die kaufmännische Leitung übernahm mit Sabine Kühn die Ehefrau von Stefan Kühn. DeMarcos langgehegter Traum, das Musical „Braveheart“ in Duisburg auf die Bühne zu bringen, schien in greifbarer Nähe. Doch das Leitungsduo funktionierte nicht, Sabine Kühn trennte sich von DeMarco und engagierte mit Kurt Hrubesch einen erfahrenen Theaterleiter.

Ein kurzer Aufschwung mit „Wahnsinn!“

Auch interessant

Ruhiges Fahrwasser schien erreicht. Das von Semmel produzierte Musical „Wahnsinn!“ bescherte dem TaM dann ab Februar 2018 noch einmal Glanz und einen kurzen Aufschwung. Doch hinter den Kulissen hatte es gekracht, Sabine Kühn wurde als Geschäftsführerin abgelöst. Wolfgang DeMarco kehrte im Oktober 2018 zurück, jetzt mit Geschäftsführer Bram ten Hove, der das Theater als Genossenschaftsmodell bewirtschaften wollte. Die 2017 gegründete Genossenschaft Inco e.G. hatte die TaM-Betriebsgesellschaft von der Autark-Gruppe übernommen.

Im Februar 2019 schien Wolfgang DeMarco der Verwirklichung seines Herzensprojekts „Wallace“ nahe.
Im Februar 2019 schien Wolfgang DeMarco der Verwirklichung seines Herzensprojekts „Wallace“ nahe. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Jetzt schien der Weg frei für DeMarco und „sein“ Musical, das jetzt nicht mehr unter dem Titel „Braveheart“, sondern als „Wallace“ heraus kommen sollte. Doch drei Monate vor der für Dezember 2019 geplanten Premiere kam eine Absage. „Eine Falschmeldung“, wie es damals hieß. Und: „Ein Erpressungsversuch“ durch einen in Amerika lebenden Deutschen, der 2,5 Millionen Euro von der Autark-Gruppe verlange.

Was auch immer 2019 dahinter steckte – die Produktionsfirma geriet finanziell ins Trudeln, die „Wallace“-Premiere des bereits zu Ende geprobten Musicals fiel ins Wasser. Der Insolvenzverwalter ließ einen Zaun um das Theater errichten, um Vandalismus zu verhindern. 2020 zog das Corona-Zentrum ein, das Haus wurde verkauft. Die Stadt sprach von einem „privaten Käufer“, der Name könne aus Datenschutzgründen nicht genannt werden. Und: Der TaM-Standort solle als „gesamtstädtisch bedeutsame und gestalterisch hochwertige Kultur- und Veranstaltungsstätte“ weiterentwickelt werden.

>> ZWEI VERANSTALTUNGEN IM TERMINPLAN

  • Die Ticket-Agentur Eventim kündigt für Anfang 2022 zwei Termine im Theater am Marientor an: Am 19. Januar soll „Das Phantom der Oper“ über die Bühne gehen, am 19. Februar die „Night of the Dance“.
  • Produzent und Theaterdirektor Wolfgang DeMarco kündigt an, sich am 14. Oktober über seine weiteren Pläne fürs TaM zu äußern.