Duisburg. Der Lehrermangel an Duisburgs Schulen hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. An einer Förderschule sind sogar nur 50 Prozent der Lehrer vor Ort.

Bislang waren es nur ungefähre Zahlen, jetzt hat die Bezirksregierung Düsseldorf den Lehrermangel schwarz auf weiß: In Duisburg gibt es eine Schule, die lediglich eine Personalausstattungsquote von 62 Prozent hat. Von 74 Lehrern sind nach offizieller Lesart nur 46 da.

Die Förderschule am Rönsbergshof, die ihre prekäre Situation seit Jahren beklagt und im August bis in den Landtag zu Schulministerin Yvonne Gebauer getragen hatte, läuft nur noch auf Felgen. Denn die tatsächliche Situation ist noch ernster, als es die offizielle Statistik vermuten lässt.

Förderschule: Lediglich 35 Lehrkräfte kümmern sich um rund 300 Kinder

Nach Angaben der Schulpflegschaftsvorsitzenden Jennifer Fischer sind tatsächlich nur 35 Lehrerinnen und Lehrer vor Ort, zehn fehlen, weil sie entweder erkrankt sind oder ein Beschäftigungsverbot wegen einer Schwangerschaft haben. Das fließt aber nicht in die Statistik ein. In wenigen Monaten gehen zudem noch zwei Lehrerinnen in den Ruhestand.

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35 Lehrkräfte also für 299 Kinder, die wegen ihrer geistigen Entwicklung einen erhöhten Förderbedarf haben, Begleitung beim Toilettengang benötigen, aufgrund ihrer Behinderung zum Beispiel Weglauftendenzen haben und definitiv nicht alleine mit Arbeitsblättern in Stillarbeit beschäftigt werden können. Normalerweise werden sie in Klassen mit maximal zwölf Kindern von zwei Lehrkräften betreut.

32 Stellen sollen im November ausgeschrieben werden

Zu Beginn des Schuljahres sprachen die Eltern bereits von einem Sicherheitsrisiko, das nur durch große Kollegialität und offene Klassentüren minimiert werde. Durch Lehrer also, die parallel ihre eigene Klasse im Blick haben und den Schulflur gleich mit. Die Schulministerin versprach einen Besuch im Herbst, der aber noch nicht avisiert ist. Abgeordnete Kräfte, die Vorgänger-Ministerin Sylvia Löhrmann der Schule versprochen hatte, sind ohnehin nie in Beeck angekommen.

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Die anderen 13 Förderschulen sind mit Personalausstattungsquoten zwischen 83,92 und 100 Prozent auch nur leidlich versorgt, weil selbst bei einer hundertprozentigen Besetzung Unterrichtsausfall vorkommt. Erst zum 1. November sollen 32 Stellen an den Förderschulen ausgeschrieben werden. Schuldezernentin Astrid Neese erklärt dazu über die Pressestelle der Stadt: „Hierbei sind mir die Hände gebunden, der Schulträger kann nicht in die inneren Schulangelegenheiten eingreifen. Das Land ist hier gefordert, Lösungen zu suchen.“

Schulformsprecher fordert: Förderschullehrer anders verteilen

Schulformsprecher Thorsten Marienfeld plädiert dafür, das Verteilungssystem nachhaltig zu ändern. „Das ist das einzig scharfe Schwert“, betont der Leiter der Adlerschule, die vom Lehrermangel auch massiv betroffen ist. Nur mit schulscharfen Zuweisungen könne man den Schulen in der Not helfen und verhindern, dass die Uni-Absolventen an ihren Studienorten bleiben und so etwa den Kölner Förderschulen Quoten von 96 Prozent bescheren. In Bayern sei das ein bewährtes Verfahren.

Im Blick hat Marienfeld vor allem die Kinder. Sie haben einen Anspruch auf Bildung und verdienen die Chance, mit der maximalen Förderung zu größtmöglicher Selbstständigkeit gebracht zu werden. Das ist allerdings unmöglich, wenn die Personaldecke kaum dazu reicht, alle halbwegs sicher über den Tag zu bringen. Schon 2019 hatte die Rönsbergshof-Schulleiterin Sirka Justus die Eltern angeschrieben und gebeten, die Kinder „soweit es Ihnen möglich ist, tageweise zu Hause zu behalten“. Und 2017 berichtete der damalige Elternvertreter, Unterricht könne kaum noch stattfinden angesichts heillos überbelegter Klassen und fehlenden Personals.

Trotz Mangel sind online kaum Stellen ausgeschrieben

Im Portal Verena stehen, Stand Mittwoch, elf Ausschreibungen für Duisburger Schulen: Hier sucht die Gesamtschule Walsum etwa einen Mathelehrer, die Aletta-Haniel-Gesamtschule eine Lehrkraft für Deutsch, auch Philosophie, Englisch und Sport sind gefragt.

Die Förderschulen suchen unter anderem im Rahmen des Programms „Ankommen und Aufholen nach Corona“ Lehrkräfte mit beliebiger Expertise, Hauptsache, sie fördern die Lese- und Kommunikationsfähigkeiten der Schüler.

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Im System LEO sind landesweit 455 Stellen ausgeschrieben. Für Duisburg finden sich aber lediglich zwei Stellen an Grundschulen, für Förderschulen „wurden insgesamt 0 Stellenausschreibungen gefunden“. Auch die Stellenausschreibungen für Seiteneinsteiger weisen 0 Anzeigen auf. Das liegt daran, dass Ausschreibungsfristen absurd kurz sind und die nächste Frist erst im November beginnt.

Konkret wird es immerhin auf der Webseite der Bezirksregierung: Hier werden 35 Leitungsstellen ausgeschrieben, darunter die 30 Konrektoren-Stellen für Grundschulen aus dem Masterplan des Landes NRW.

>>PERSONALAUSSTATTUNG DER DUISBURGER SCHULEN

  • Berufskollegs: Stellenbedarf: 630,52, Personalausstattung: 639,45, Quote: 101,42 Prozent
  • Förderschulen: Bedarf: 423,81, da: 361,16, Quote: 85,22 Prozent
  • Gesamtschulen: Bedarf: 1339,00, da: 1239,18, Quote: 92,55 Prozent
  • Grundschulen: Bedarf: 1308,90, da: 1158,53, Quote: 88,51 Prozent
  • Gymnasien: Bedarf: 606,33, da: 612,34, Quote: 100,99 Prozent
  • Hauptschule: Bedarf: 37,42, da: 45,79, Quote: 122,36 Prozent
  • Realschule: Bedarf:158,87, da: 145,70, Quote: 91,71 Prozent
  • Sekundarschule: 141,69, da: 135,51, Quote: 95,64 Prozent
  • Weiterbildungskollegs: 14,11, da 16, Quote: 113,42 Prozent

Weitere Infos: https://www.schulministerium.nrw/lehrkraefteversorgung