Duisburg. Werden in Duisburg Corona-Genesene mit vielen Antikörpern nach sechs Monaten geimpft? Das sagen die Stadt und der KV-Kreisstellen-Vorsitzende.
Der Fall einer Duisburgerin, die nachweislich auch über sechs Monate nach einem schwerem Corona-Verlauf noch einen hohen Antikörperwert hat, wirft die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für Booster-Impfungen auf. Prof. Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen, hat erklärt, dass es viele Betroffene gebe und Impfungen bei hohen Antikörpertitern eigentlich nicht sinnvoll seien. Auf Nachfrage der Redaktion haben sich die Stadt Duisburg und Dr. Helmut Gudat, Vorsitzender der Duisburger Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, zu der Problematik geäußert.
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Schließlich gelten Menschen nach den bisherigen Regelungen nur bis zu sechs Monate nach einem positiven PCR-Test als genesen. Erst eine Booster-Impfung gibt ihnen den Status, vollständig immunisiert zu sein – und auch mehr Freiheiten im gesellschaftlichen Leben, etwa für den Besuch von Veranstaltungen und Restaurants. Wer durch einen Antikörper-Test überhaupt erst von einer früheren Infektion erfahren hat, musste sich dafür bisher sogar zweimal impfen lassen. Der Grund: ohne positiven PCR-Test kein Genesenenstatus. Immerhin hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nun angekündigt, dass nach einem entsprechenden Antikörpertest auch in solchen Fällen eine Impfung ausreichen soll.
Virologe Dittmer: Booster-Impfungen könnten zum falschen Zeitpunkt kommen
Der Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen betont zwar, dass Impfungen nach bisherigen Erkenntnissen selbst bei hohen Antikörperwerten nicht gesundheitsschädlich seien. Problematisch könnten Booster-Impfungen hier aber aus dem Grund sein, dass sie schlicht zum falschen Zeitpunkt kommen, sagt Dittmer. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass sie in diesen Fällen nicht für den gewünschten Effekt eines längeren Schutzes vor einer Corona-Infektion sorgen. Der Virologe sieht hier die Gefahr, dass sich die Zahl der Antikörper durch eine Impfung nicht erhöht, sondern womöglich stagniert.
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Stadtsprecher Maximilian Böttner verweist ebenfalls darauf, dass eine medizinische Indikation zur erneuten Impfung nicht automatisch am Stichtag exakt sechs Monate nach einer Infektion vorliege. Deshalb gebe es vor jeder Impfung die Möglichkeit einer ausführlichen medizinischen Beratung im direkten Arzt-Patienten-Gespräch.
Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung sei auch bei Genesenen mit hohem Antikörperspiegel immer eine absolut individuelle, „bei der sämtliche Risiken und Nutzen gegeneinander abgewogen werden müssen“, so Böttner. „Langzeitstudien über die Dauer des tatsächlich bestehenden Impfschutzes werden aktuell ausgewertet.“
Stadt Duisburg: Auffrischimpfungen primär beim Hausarzt
Die Empfehlung für Booster-Impfungen beziehe sich derzeit nach Angaben des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) vor allem auf immunsupprimierte Menschen, also auf Menschen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten, und auf Personen mit einer generell reduzierten Immunantwort aufgrund von Alter oder Krankheit. Das Impfzentrum, das seit dem 1. Oktober 2021 geschlossen ist, hatte die Möglichkeit von Auffrischimpfungen für diesen Personenkreis demnach aber ohnehin nur im Einzelfall zur Verfügung gestellt. „Sie erfolgen primär beim Hausarzt, der den tatsächlichen Gesundheitszustand des Patienten und die Krankengeschichte intensiver bewerten kann“, so der Stadtsprecher.
Was die Impfungen von Genesenen betrifft, sagt Dr. Helmut Gudat, Arzt in Meiderich und Vorsitzender der KV-Kreisstelle: Bei nachweislich hohen Antikörpern sei eine Impfung in der Tat nicht sinnvoll. „Es gibt nur leider bei diesen Tests, die ja im Übrigen bisher jeder auch noch selbst bezahlen muss, noch keine konkreten Grenzwerte – also Werte, die besagen, wann ein Schutz noch besteht und wann nicht mehr“, so Gudat. Dies liegt nach Angaben des Virologen Dittmer auch an immer wieder neuen Corona-Varianten. Der Duisburger Stadtsprecher Böttner verweist zudem auf die „zum Teil nicht einheitlichen Messmethoden von verschiedenen Laboren und eingesetzten Verfahren“.
Gudat sagt: „Im Zweifel habe ich bisher geimpft.“
>> Top-Virologe zu Antikörperwerten und „Graubereichen“
- Prof. Ulf Dittmer sagt, „dass die meisten Menschen nach einer Zweitimpfung einen sehr hohen Antikörperwert haben und zum Beispiel vor Delta sehr gut geschützt sind“, so der Virologe. „Da reden wir über Werte von über 2000 internationalen Units und noch mehr.“
- Es gebe aber eben auch den „Graubereich“, wo eine Aussage über den Schutz unmöglich wird. Dieser liege bei einem Antikörper-Wert um 100. „Da wird es dann schwierig“, so Dittmer. „In solchen Fällen ist womöglich eine rasche Booster-Impfung ratsam.“