Duisburg. Ehefrau, Sohn und Schwager wollte ein Duisburger (71) durch eine Gasexplosion töten. Nun steht er wegen dreifachen versuchten Mordes vor Gericht.

Liebe empfand ein 71 Jahre alter Mann aus Wanheim für seine Familie ganz offensichtlich nicht mehr: Das einzige Gefühl war Hass. Und so drehte er in der Nacht zum 8. März diesen Jahres den Gasherd in der Küche auf, klemmte die Regler mit einem Stuhl fest und zündete zwei Kerzen an. Dann ging er aus dem Haus an der Hortensienstraße, in dem seine Frau, sein Sohn und der Schwager schliefen. Die Tat wurde entdeckt, bevor es zu einer Explosion kam. Wegen dreifachen versuchten Mordes steht der 71-Jährige nun vor dem Duisburger Landgericht am König-Heinrich-Platz.

Zu ihrem Glück ist die Ehefrau (70) des Angeklagten eine Frühaufsteherin. Als sie am Morgen des 8. März erwachte, wunderte sie sich über den Lichtschein aus der Küche. Sie löschte zwei Kerzen, drehte die Gashähne ab und öffnete die Fenster. Dann rief sie die Polizei.

Duisburger ließ seinen Verteidiger ein knappes Geständnis vortragen

Der Verteidiger verlas zu Beginn des auf insgesamt vier Sitzungstage angesetzten Verfahrens eine kurze Erklärung des Angeklagten: „ Es trifft zu, dass ich meine Ehefrau töten wollte. Ich bedaure das sehr. Aber ich habe keinen anderen Ausweg gesehen.“ Darüber, dass er neben seinen Familienmitgliedern auch andere Menschen – auf der Straße oder im Nachbarhaus – gefährdete, habe er nicht nachgedacht.

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Mehr wollte der 71-Jährige zur Sache nicht sagen. Die Hintergründe hatte er einem psychiatrischen Sachverständigen erläutert. Der Mediziner gab die Aussagen des Angeklagten im Zeugenstand wieder. Danach sei die seit 43 Jahren währende Ehe des Angeklagten schon seit geraumer Zeit nur noch eine Zweckgemeinschaft gewesen. Sex habe man seit der Geburt des zweiten Sohnes, der im Jahr 1986 mit einer Behinderung auf die Welt kam, kaum noch gehabt.

Duisburger nahm behinderten Sohn mit auf Sextouren

Als der Sohn 21 war, begann der Angeklagte ihn mit auf Touren durch Porno-Kinos und Bordelle zu nehmen. „Das war eine indirekte Aufklärung“, so schilderte der 71-Jährige es dem Sachverständigen. Zudem habe er verhindern wollen, dass die ebenfalls behinderte Freundin des Sohnes schwanger wurde. Nach zehn Jahren erfuhr die Ehefrau von der seltsamen Vater-Sohn-Beziehung.

Ab da habe sich sein Leben zur „Hölle“ entwickelt, berichtete der Angeklagte. „Die Familie war komplett gegen mich, grenzte mich immer mehr aus.“ Seine Frau habe ihm seine Verfehlung immer wieder vorgehalten, ihn als „Dreckschwein“ und „Sau“ bezeichnet. Zuletzt habe er kaum noch das Schlafzimmer verlassen.

71-Jähriger wollte endlich seine Ruhe haben

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Christian Grotenhöfer.
Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Christian Grotenhöfer. © Foto: Bodo Malsch

Die Tat habe er begangen, um endlich seine Ruhe zu haben, erklärte der 71-Jährige dem Sachverständigen. „Ich fühle mich jetzt beinahe wohler als zuletzt Zuhause.“ Er habe seinen Sohn gehasst, weil der nicht dicht hielt, seine Frau, weil sie ihn immer wieder mit dem Thema nervte, seinen Schwager, der alle angestachelt habe. So habe er sich zu der Tat entschlossen. „Das schien mir die sicherste Lösung. Nur um das Haus war es schade.“ Das allerdings gehörte nicht ihm, sondern der Ehefrau und dem Schwager.

Die ebenfalls 71 Jahre alte Ehefrau berichtete im Zeugenstand wie sie die Tat entdeckte und die Polizei rief. Doch viel empörter war sie über das, was ihr Mann mit ihrem Sohn gemacht hatte. „Das will man sich ja gar nicht vorstellen. Er war doch sein Betreuer und sollte ein Vorbild sein.“ Nachdem der Sohn sich ihr anvertraute, habe sie immer wieder vergeblich Antworten von ihrem Mann gefordert und ihm zuletzt nicht mehr in die Augen sehen können. „Ich habe ihm ein Ultimatum zum Auszug gestellt und einen Anwalt eingeschaltet. Einen Tag später ist dann diese Sache hier passiert.“

>>Anklage geht von zwei Mordmerkmalen aus

  • Der Mord (Paragraf 211 Strafgesetzbuch) unterscheidet sich vom Totschlag (Paragraf 212 StGB) durch so genannte Mordmerkmale. Die Anklage geht im vorliegenden Fall von zwei Mordmerkmalen aus.
  • Der Angeklagte soll heimtückisch gehandelt haben, weil die drei potenziellen Opfer schliefen und sich keiner Gefährdung ihres Lebens bewusst waren.
  • Zudem soll der 71-Jährige mit gemeingefährlichen Mitteln agiert haben. Eine Gasexplosion hätte nicht nur das Haus zerstört und die drei Verwandten getötet. Sie hätte auch zufällig vorbei kommende Fußgänger und die Bewohner der Nachbarhäuser gefährdet.