Duisburg. Free-Jazz-Legende Peter Brötzmann war mit seiner Band „Full Blast“ zu Gast im Duisburger Landschaftspark. So hat es unserem Kritiker gefallen.
Ein paar Saxophone, dazu ein Bass und ein Drumset auf der noch leeren Bühne im Duisburger Landschaftspark deuten an, dass hier gleich ein Jazzkonzert stattfinden könnte. Doch schon der erste Ton des Saxophonisten macht klar: Gediegen Swingendes wird man hier nicht hören.
Aus dem Horn ertönt ein heiserer Schrei. Peter Brötzmann eröffnet mit seiner Band „Full Blast“ die Reihe „Maschinenhausmusik“ der Ruhrtriennale in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Nord. Mehr als 50 Jahre ist es her, da brachen junge Musiker mit der Tradition des Jazz. Sie zerstörten gewohnte Formen und Harmonien und rückten die freie Improvisation in den Mittelpunkt und nannten es Free Jazz. Einer von ihnen war der junge Wuppertaler Peter Brötzmann.
Im Landschaftspark Nord in Duisburg: Hemmungslos schöne Töne treffen auf ein grummelndes Horn
Der typische Schrei, das Überblasen seines Instrumentes bis hin zum Krächzen oder Kreischen wurden zu seinem Markenzeichen. Zu einer bloßen Attitüde des Experimentierens oder des Publikumsschrecks verkümmerte sein unverwechselbarer Stil nie. Er ist vielmehr Ausdruck einer sehr persönlichen Musik. Ein durchscheinender Respekt vor älteren Formen des Jazz oder anderen Musiktraditionen bis hin zu Sakralen machten den Auftritt von Full Blast zu einem anspielungs- und wendungsreichen Ritt durch die Welt des Free Jazz.
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Brötzmann entfaltete einen Fluss an Energie und Ideen, die seiner Musik Frische gaben. Da grummelte und knurrte sein Horn, kletterte langsam in die höheren Bereiche und gerade wenn man glaubte, zu wissen wohin die Reise ging, brach er ab, ließ den Ton wieder in die tiefsten Register sacken. Aber es gab auch die verblüffend klaren, fast hemmungslos schönen Töne.
Ekstatischer Beifall vom überwiegend reifen Publikum
Mit Marino Pliakas an der elektrischen Bassgitarre und Schlagzeuger Michael Wertmüller hat der Achtzigjährige zwei kongeniale Partner. Wertmüller, auch als Komponist Neuer Musik bekannt, ist ein äußerst flexibler Drummer, Mal deutete er einen nervösen Bebop-Beat an, dann donnerten oder rockten seine Trommeln fast bedrohlich oder seiner Schläge trieben in freien Rhythmen die Musik voran. Wie Pliakas blieb er stets auf Augenhöhe mit Brötzmann. Der Bassist lässt sein Instrument oft metallisch flirren und zirpen und baute dadurch eine verblüffende Spannung auf. Da war er dann, der alte Traum des Free Jazz von Individualität und Kollektivität.
Brötzmann hat in seinem langen Leben wohl über 100 Platten veröffentlicht, doch er ist vor allem ein Live-Musiker, der zwar Strukturen kennt, aber sich erst im Augenblick entscheidet, welchen Weg er gehen will. Seine Musik ist körperlich und sinnlich. Nicht überraschend war deshalb der zum Schluss fast ekstatische Beifall eines überwiegend reifen Publikums.