Duisburg. Lange Wartezeiten, zu wenige Fachkräfte: Darum erprobt die Lebenshilfe Duisburg nun digitale Wege in der Frühförderung von Kindern.

Zur Beratung, Diagnostik und Therapie in der Frühförderung von Kindern (1-6 Jahre) erprobt die Lebenshilfe Duisburg digitale Formate. Anfang März hat dazu ein einjähriges Pilotprojekt „Digitale Diagnostik“ begonnen, das von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW unterstützt wird.

Für die Lebenshilfe liegen die Vorteile auf der Hand: Zeitaufwendige Anfahrten entfallen für Eltern und Kinder, in der Pandemie sind die Ansteckungsgefahren minimiert. Ärzte und Therapeuten erleben die Kinder zwar nur am Bildschirm, dafür aber in ihrer gewohnten Umgebung. Außerdem biete der „digitale Hausbesuch“ die Chance, eine wachsende Warteliste zu verkürzen, die durch die zeitweise Schließung der Beratungsstellen noch länger wurde, hoffen Svenja Lange-Wilde und Lara Landwehr von der Lebenshilfe: „Wir haben 100 Kinder auf der Liste, die Wartezeiten betragen bis zu einem Jahr.“

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Mit Corona nahm der Plan der Lebenshilfe Duisburg zur digitalen Diagnostik Fahrt auf

Schon vor zwei Jahren habe man überlegt, „die Diagnostik auf digitale Füße zu stellen“, berichtet Michael Reichelt, Geschäftsführer der Lebenshilfe. Nach Gesprächen mit den NRW-Gesundheitsministerium und Fachverbänden hätten aber die Kostenträger abgewunken. „Durch Corona wurde dann plötzlich alles anders“, so Reichelt. Eine Million Euro stellte die Stiftung Wohlfahrtspflege zur Verfügung für die Digitalisierung der Sozialwirtschaft, aus diesem Budget wird nun auch das Duisburger Pilotprojekt mit 100.000 Euro gefördert. Auch die Kostenübernahme ist bis vorerst Ende September gesichert, eine Verlängerung möglich.

Diagnostik auf digitale Füße stellen: Michael Reichelt ist Geschäftsführer der Lebenshilfe in Duisburg.
Diagnostik auf digitale Füße stellen: Michael Reichelt ist Geschäftsführer der Lebenshilfe in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Familien bekommen Unterstützung

Damit können nun digitale Untersuchungen erprobt werden. Familien bekommen, falls nötig, Leihgeräte und Hilfe beim technischen Know-how von einer medizinischen Fachkraft. In den Untersuchungsräumen oder im Homeoffice weisen Therapeuten oder Pädiater die Fachkraft an und lernen das Kind per Videoschalte kennen.

Welche Bereiche aus der Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie sowie der Erstdiagnostik für die Bewertung des Förderbedarfs der Kinder auf Distanz stattfinden können, soll so in der Praxis erprobt werden. „Ziel ist es, dieses Format neben den üblichen Diagnoseverfahren langfristig als zweites Standbein zu implementieren und Nachahmer zu finden“, sagt Svenja Lange-Wilde.

Zahl der Kinder mit Förderbedarf ist in Duisburg unaufhörlich gestiegen

Notwendig sei das schon, weil die Zahl der Kinder mit Förderbedarf in den vergangenen zehn Jahren unaufhörlich gestiegen sei, sagt Lebenshilfe-Geschäftsführer Reichelt. „Vor zehn Jahren hatten wir 40 Kinder in der Frühförderung, jetzt sind es 150. In unseren sechs Kitas sind alle Plätze belegt. Gleichzeitig wachse der Mangel an pädiatrischen Fachkräften und Therapeuten. „Wir suchen in allen Bereichen dringend Mitarbeitende“, so Reichelt, „die Familien brauchen dringend eine Diagnose für ihre Kinder, damit sie sich besser in Kita und Schule zurechtfinden können.“

PILOTPROJEKT: LEBENSHILFE SUCHT PÄDIATER UND ELTERN

  • Für das Pilotprojekt „Digitale Diagnostik“ sucht die Lebenshilfe Pädiaterinnen oder Pädiater, die im Bereich der medizinischen Früherkennung psychologisch tätig sind und sich mit auf den digitalen Weg begeben wollen.
  • Auch Eltern von Kindern, die auf eine pädiatrische Diagnostik warten und für die digitale Form offen sind, können sich telefonisch melden bei der Lebenshilfe, Lara Landwehr, 0203/280 999-0 oder per E-Mail unter: l.landwehr@lebenshilfe-duisburg.de